Mittwoch, August 13, 2003

Filmkritik: Die unbarmherzigen Schwestern
Arteschock bespricht den Film Die unbarmherzigen Schwestern (The Magdalene
Sisters) von Regisseur Peter Mullan (UK/IRL 2002). Wenn der Film auch künstlerisch möglicherweise nicht überzeugen kann, so sind seine politischen Implikationen doch der Rede wert. Der Film beschreibt das Leben in katholischen Heimen, die über ganz Irland verteilt waren und in denen junge Frauen unter schlimmen Bedingungen ihr Leben fristen mußten:

"Offenbar ist es kaum übertrieben, wenn Mullan diese Kloster-Welt als ein katholisches Konzentrationslager zeichnet: Sadistische Wärterinnen quälen und drangsalieren ihre ohne Gerichtsurteil inhaftierten Gefangenen willkürlich und jenseits aller Menschenrechte. Sie prügeln bei geringfügigen Vergehen, verhindern alle Außenkontakte, scheren ihnen nach einem Fluchtversucht die Köpfe kahl und zerstören noch den letzten Rest von Individualität und Selbstachtung; Priester erzwingen sexuelle Handlungen, die Arbeitskraft der Mädchen wird in der Wäscherei der Heime sklavengleich ausgebeutet - alles unter dem Deckmantel christlicher Nächstenliebe.
(...)
Denn schon der Haupteinwand mancher, dass der Film Türen einrenne, die hier zu Lande sperrangelweit offen stehen, überzeugt nur teilweise. Immerhin wurde das letzte "Magdalene Convent" erst vor sechs Jahren 1996 geschlossen, bis dahin existierten die beschriebenen Zustände. Und auch die harsche Reaktion des Vatikan auf die Preisverleihung deutet auf fortwährende Empfindlichkeiten und die Aktualität dieser Verbindung von Katholizismus, Gewalt und Demütigung hin.
(...)
Noch ein anderer Aspekt, ist des Nachdenkens wert: In Zeiten, in denen es auch im Westen plötzlich wieder manchen (wie erst dieser Tage Gesine Schwan in der SZ) nach einer Renaissance des Religiösen verlangt, in denen - zumal in der Bundesrepublik - die öffentliche Rolle der Kirche als Mahner und moralische Instanz für alle Lebensfragen gern in Anspruch genommen wird, lohnt es sich, auch wieder einmal die repressiven Traditionen dieser Kirche, ihre sündhafte Seite in Erinnerung zu rufen."

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