Samstag, Juni 19, 2004

Betrug und die Initiierung von Gewalt
Ayn Rand ging davon aus, dass individiduelle Rechte nur durch die Anwendung von Gewalt verletzt werden können. Der Begriff Gewalt wird von Rand allerdings durchaus in einem weiten Sinn verstanden, d. h. eine Handlung gilt als gewaltätig auch ohne eine Person physisch zu verletzten oder ihr mit einer solchen Verletzung zu drohen. Wird eine Person durch eine dritte Person dazu gebracht, ohne freiwilligen Konsens zu handeln, dann ist ihr Recht verletzt worden. Geht man von einem erweiterten Gewaltbegriff aus, dann läßt sich auch die Frage beantworten, ob etwa Betrug in einer objektivistischen Gesellschaft zwar moralisch verwerflich, aber ansonsten strafrechtlich nicht relevant wäre, wie es immer wieder objektivistischen Kreisen diskutiert wird. Richtigerweise weist Joseph Rowlands in einem Beitrag für solohq.com darauf hin, dass Betrug eine Form von Diebstahl ist, eine sanfte, stille Form von Diebstahl. Aber auch bei einem Diebstahl ist es ja charakteristischerweise so, dass der Dieb keine offene physische Gewalt anwendet -anders etwa als bei einem Raub-, um sich unrechtmäßig eines fremden Eigentums zu bemächtigen. Das Diebstahlopfer könnte möglicherweise nicht einmal bemerkt haben, dass ihm etwas gestohlen wurde. Legt man allerdings den Maßstab "gegen den freiwilligen Konsens" an, dann wird deutlich, dass es sich eine Initiierung von Gewalt handelt. Ebenso sieht es im Fall des Betrugs aus. Das Problem ist allerdings, dass oberflächlich betrachtet das Opfer freiwillig sein Eigentum aufgibt, somit das Kriterium des freiwilligen Konsens gegeben wäre. Es könnte sich somit nicht um eine Form von Diebstahl handeln. Betrug basiert auf einem ökonomischen Austauch von Gütern oder Dienstleistungen, wobei allerdings eine Seite ihren Teil der vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt. Weil der Übergang der Eigentumsrechte konditional ist, ist ein Betrüger zwar zu einem Besitz gekommen, er ist aber nicht Inhaber der legalen Eigentumsrechte. Wer mit einem ungedeckten Scheck ein Auto kauft, handelt nicht anders als ein Dieb, weil das Rechtsgeschäft durch einen Mangel auf der Seite des Käufers gar nicht zustande gekommen ist, auch von das Auto bereits freiwillig übergeben wurde. Betrug wird üblicherweise dann angewendet, wenn es problematisch ist, sich eines Eigentums durch direkten Diebstahl zu bemächtigen, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass sich um eine Form des Diebstahls handelt. Da es sich um eine spezifische Form der Verletzung von Eigentumsrechten handelt, ist Betrug auch zu unterscheiden von anderen Fällen von Täuschung. Wenn Menschen lügen, d. h. Tatsachen anders darstellen als sie sind, verletzten sie dadurch noch nicht unbedingt Eigentumsrechte, auch wenn sie moralisch verwerflich handeln.



Freitag, Juni 18, 2004

Fanatiker oder Pragmatiker?
Wolfgang Münchau bezeichnet in einem Kommentar in der Financial Times Deutschland vom 8. Juni Präsident George W. Bush als "konservativen Fantiker", den verstorbenen Ronald Reagan hingegen als "konservativen Pragmatiker". Beide Politiker ähneln sich allerdings so stark, dass derartig unterschiedlichen Charakterisierungen absurd erscheinen. Am 10. Juni druckte die FTD meinen Leserbrief zu dem genannten Artikel ab:

"Wolfgang Münchau bezeichnet Reagan als konservativen Pragmatiker, Bush jr. als 'konservativen Fanatiker'. Was den Fanatiker vom Pragmatiker unterscheidet, erklärt Münchau nicht. Er gibt nur den Hinweis, dass Reagan 'bedingt ein Überzeugungstäter' gewesen sei. Das ist als Hinweis auf das, was einen Pragmatiker ausmacht, recht gut zu gebrauchen. Es ist jemand, der Prinzipien als unpraktisch ablehnt und stattdessen eine Politik befürwortet, die für den Augenblick 'funktioniert'. An derartigen Politikern besteht kein Mangel, weder in Deutschland noch in Amerika, und tatsächlich lassen sich Reagan und Bush jr. als pragmatische Politiker definieren. Nur führte Reagan keinen größeren Krieg, was ihn für Münchau augenscheinlich sympathischer macht. Nur: Welchen Gewinn kann eine Nation, die auf den Prinzipien von Individualismus, Säkularimus und Kapitalismus gegründet wurde, daraus ziehen, wenn Politikern diese Prinzipien ignorieren? Der Sieg des Pragmatismus führt zu einem Verlust dieser Prinzipien und der Werte."

Am Montag, den 14. Juni, druckt die Zeitung einen weiteren Leserbrief ab. Maximilian O. scheint Münchaus Einschätzung von Bush als Fanatiker zuzustimmen, sieht dies aber durchaus als positiv an:

"Sie bezeichnen George W. Bush als einen konservativen Fanatiker. Das versuchen Sie durch das Scheitern seiner Verbündeten zu erklären. Weiterhin gestehen Sie Reagan ausgesprochene Bündnisfähigkeit zu. Aber waren die Bündnispartner Thatcher und Gorbatschow nicht von anderem Format als die 'Partner', die dem heutigen Präsidenten zur Verfügung stehen? Ein Kanzler, der aus wahltaktischen Gründen sein 'Nein' zum Krieg verkündete. Ein russischer Präsident, der aus wirtschaftlichen Gründen die Unterstützung versagte - von den französischen Neinsagern ganz zu schweigen. Mir ist ein 'konservativer Fanatiker' lieber als die Pragmatiker der heutigen Zeit. Insbesondere Thatcher und Kohl waren 'fanatisch'. Thatcher wurde von ihren Gegnern für ihre 'kompromisslose Politik' gehasst. Kohl hielt fanatisch daran fest, die Wiedervereinigung zu erzwingen. Bush wusste, das ein Krieg ihm erheblich zusetzen kann, schließlich hat Bush. Sen. nicht zuletzt wegen des Golfkrieges die Wiederwahl verpasst. Politiker solchen Formats sind selten geworden und deswegen werden Bündnisse schwieriger, wenn nicht gar unmöglich. Ich stimme Ihnen also zu, dass Bush ein 'konservativer Fanatiker' ist, und wünsche mir mehr Politiker, die in dieser 'anderen Liga' spielen."

Donnerstag, Juni 17, 2004

Objektivistische Konferenz in London
Wer objektivistische Prominenz schon immer einmal hautnah erleben wollte, sollte sich den Zeitraum vom 24. bis 26. September diesen Jahres freihalten. Dann findet nämlich in London eine neuerliche Europäische Objektistische Konferenz statt. Als Redner werden angekündigt: Tore Boeckmann, John Lewis, Klaus Nordby, Scott McDonell, John Ridpath, Robert Tracinski und Christian Beenfeldt. Robert Tracinski kündigt ein Referat über die Geschichte des europäischen Kolonialismus an, das ganz politisch unkorrekt aus einer Rechtfertigung des Kolonialismus bestehen wird.

Mittwoch, Juni 16, 2004

Alan Shrugged
Nils Jacobsen verreißt heute in der Financial Times Deutschland das Buch Das Das Greenspan-Dossier von Roland Leuschel und Claus Vogt. Die Autoren wollten den Mythos Alan Greenspan zerstören, beschädigten sich aber nur selbst. Jacobsen schreibt dann weiter über den heutigen Chef der amerikanischen Notenbank und früheren Gefährten von Ayn Rand:

"Würde Greenspan das Werk (von Leuschel/Vogt) überhaupt zur Kenntnis nehmen, seine Reaktion wäre absehbar: Er würde als Zeichen des Desinteresses kurz mit den Schultern zucken. 'Alan Shrugged' heißt folgerichtig die vor zwei Jahren erschienene Biografie über den Chef der Federal Reserve. Der Titel verweist deutlich auf 'Atlas Shrugged', dem 1957 von Ayn Rand veröffentlichten Klassiker der Kapitalismus-Glorifizierung."

Siehe auch die Diskussion "Is Alan Greenspan an Objectivist?" auf Objectivism Online Forum. Dort wird darauf hingewiesen, dass Greenspan keine öffentliche Erklärungen zugunsten des Objektivismus abgibt, auch wenn man sagen kann, dass er hin und wieder Positionen unterstützt, die sich in Übereinstimmung mit dem Objektivismus befinden, wie etwa seine Zustimmung zum Goldstandard. Auch steht Greenspans sehr verklausulierte Sprache im Gegensatz zu Rands Forderung nach Klarheit, wie sie es in ihren Buch The Art of Non-Fiction darlegt. Vermutlich kann erst ein Buch nach Ende seiner Amtszeit klären, wo Greenspan wirklich steht.
Konservative "Marxisten"
Robert Tracinski von TIAdaily macht sich über den Konservativen Jonah Goldberg lustig, der auf nationalreview.com schrieb: "Die konservative Ideologie akzeptiert explizit den Kompromiss als Teil des Lebens." Oder in den Worten von Groucho Marx: "Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere."

Dienstag, Juni 15, 2004

EU-Gegner auf dem Weg nach Brüssel
Ausgesprochen erfreulich für alle freiheitsliebenden Europäer ist die Wahl der konsequenten EU-Gegner von UKIP in Großbritanien, die 17 % der Stimmen bekamen.

Der Standard berichtet:

Ob er denn jemals nach Brüssel und Straßburg fahre, wurde Robert Kilroy-Silk am Morgen nach seinem Wahltriumph gefragt. Was er dort wolle, er lehne das Europäische Parlament doch rundheraus ab. "Natürlich fahre ich", konterte der frisch gebackene Europa-Abgeordnete für die East Midlands, "ich will dort sein, um über die freundliche Scheidung von der EU zu reden". Und, kurze Zeit später: "Ich will es zum Einsturz bringen, dieses korrupte Gebäude, ich will offen legen, wie sie dort unser Geld verprassen".
Lehrling bei Donald Trump: 250 000 $ Jahresgehalt
Der amerikanische Fernsehsender NBC hat seinen Zuschauern eine Reality-Show angeboten, die tatsächlich etwas mit der Realität zu tun hatte: The Apprentice (Der Lehrling). (siehe Der Standard) Jetzt plant der Fernsehsender RTL, die Serie in der Saison 2004/2005 für den deutschsprachigen Markt zu produzieren. Für die Sendung wurden in Amerika 16 junge Männer und Frauen ausgewählt, von denen der Gewinner eine Anstellung bei Donald Trump mit einem Jahresgehalt von 250 000 $ bekam. Jede Woche mußten die Teilnehmer, unterteilt in zwei Gruppen, eine unternehmerische Aufgabe bewältigen. Diejenige Mannschaft, die am meisten Geld verdient hatte, wurde zum Sieger erklärt. Aus der unterliegenden Mannschaft mußte eine Person die Sendung verlassen, und zwar diejenige, der nach Auffassung von Trump am wenigsten geeignet wäre, seine Geschäfte zu führen. Der Philosoph Harry Binswanger sieht in der Sendung die "Konkretisierung des amerikanischen Traums": Ehrgeiz zählt, Erfolg ist machbar, und die Freude am Leben auf dieser Erde ist gut. Gewinner war ein gewisser Bill Ramcic. Auch mit dieser Wahl war Binswanger durchaus zufrieden.
Gesucht und gefunden
Don Watkins hat auf seinem Blog einige Zitate von Ayn Rand zum Thema Liebe zusammengestellt: "Liebe ist eine Reaktion auf Werte. Man verliebt sich in das Lebensgefühl eines Menschen, (...) Wie sehr Rand mit ihren Thesen ins Schwarze getroffen hat, zeigt die Hochzeit von Marietta Slomka und Christof Lang, zwei Seelenverwandten des Anti-Amerikanismus. Wuldorblogger kommentiert:

Marietta Slomka, ihres Zeichens Moderatorin des "heute journals" im ZDF und dabei diejenige im Team, die am süffisantesten die USA kritisieren, suggestiv-antiamerikanische Fragen an Interviewpartner stellen und durch Verzerrungen, Umdeutungen und Auslassungen ihre "Botschaft" herüberbringen kann, heiratet.

Und wen Passenderen könnte sie ehelichen als Christof Lang, Moderator des "RTL Nachtjournals", der wohl konkurrenzlos klischeebeladensten und antiamerikanischsten Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen? Den Mann, der vorher für RTL in New York war und nun mit Vorliebe davon schwafelt, was für schreckliche Dinge er dort mit eigenen Augen gesehen habe?

Montag, Juni 14, 2004

Der große liberale Kompromiss
Viel Beifall erhielt beim Parteitag der Freien Demokratischen Partei die Rede vom Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerhardt. In dieser Rede gibt es sicherlich richtige Aussagen: "Über Marktversagen wird in Deutschland viel geredet, über Staatsversagen spricht überhaupt niemand." Oder an anderer Stelle: "Das Gedränge der Bevormünder in Deutschland ist riesengroß." Aber Gerhardt zeigt in seiner Rede auch, dass die FDP einen Kompromiss sucht zwischen Individualismus und Kollektivismus, individueller Freiheit und staatlichem Zwang: "Wenn wir wirklich Märkte hätten überall auf der Welt, könnten wir die Entwicklungshilfe einstellen." Erst dann? An anderer Stelle spricht sich Gerhardt für die anti-kapitalistische Kartellgesetzgebung aus: "Aber der Markt braucht Regeln. (...) Die Neoliberalen waren gerade die, die dem Markt Regeln gegeben haben, die gegen Monopole waren, die Kartellgesetzgebung wünschten, die faire Regeln im Wettbewerb haben wollten, ..." Auch in der Außenpolitik sucht Gerhardt den Kompromiss zwischen Individualismus und Kollektivismus. Mehr als deutlich werden die USA aufgefordert, sich einem internationalen Kollektivismus zu unterwerfen und nicht "unilateral" zu agieren.