Samstag, April 03, 2004

Die "verlorenen" Teile von Ayn Rands Playboy-Interview
Ayn Rands Interview mit der Zeitschrift Playboy (siehe "Objektivistische Links") aus dem März 1964 stellt immer noch eine der besten Zusammenfassungen der Philosophie des Objektivismus bis zum heutigen Tag dar. Der Playboy erschien seinerzeit in einer Auflage von 2,5 Millionen Exemplaren und konnte damit Rands Thesen einem breiten Publikum zugänglich machen. Einer von denen, der durch dieses Interview Ayn Rand entdeckte, war der damals 16jährige Don Hauptmann: "Wie so viele Objektivisten sagen, mein Leben wurde verändert." Fast vierzig Jahre später war es dieser Don Hauptmann, der bei Christie's die Dokumente um dieses Interview anläßlich der Feiern zum 50jährigen Bestehen der Zeitschrift ersteigern konnte. Er berichtet über diese Hinterlassenschaften in der neuesten Ausgabe des objektivistischen Zeitschrift Navigator. Auf den Originalabschriften des Interviews finden sich zahlreiche handgeschriebene Anmerkungen von Rand, der insgesamt mindestens drei Versionen des Interviews vorgelegt wurden. Rand änderte nicht nur ihre Antworten, sondern zum Teil auch die Fragen ihres Gesprächspartners Alvin Toffler. So gefiel ihr die mehrfach von Toffler verwendete Ausdrucksweise "Do you feel ...?" nicht, da ihr bekanntermaßen eine emotionale Terminologie zur Beschreibung kognitiver Aktivitäten mißfiel. Rand konnte sich allen Änderungwünschen gegenüber der Redaktion durchsetzen und war ausgesprochen zufrieden mit dem schließlich veröffentlichtem Endresultat. Don Hauptmann veröffentlicht in seinem Aufsatz erstmalig Teile der nicht veröffentlichten Passagen des Interview.
Er weist aber darauf hin, dass die gestrichenen Passagen keine Geheimnisse über Rand enthüllen, es gebe keine Bekenntnisse zu Kant oder Kandinsky. Rands Antworten würden aber Ansichten zu Themen zeigen, die sie sonst nirgendwo angesprochen hat.
Zu Beginn des Interviews spricht der Interviewer das Thema einer Antipathie gegenüber Ideologien an sich an, weil sie Intoleranz und Fanatismus ermutigen könnten. Rand kontert mit dem alles entscheidenden Hinweis auf die Art der Philsophie, auf die es ankomme: "Es ist Irrationalität, die zu Fanatismus führt und Inkonsistenz, die zu Destruktion führt. Der Mensch kann der Tatsache nicht entgehen, dass er eine Philosophie braucht. Die einzige Frage ist: Welche Art von Philosophie? Wenn ein Mensch konsistent an Produktion glaubt und ein anderer Mensch glaubt konsistent an Raub, dann wird die Natur dieser Konsistenz und werden ihre Konsequenzen nicht die gleichen sein. Die Gräueltaten, die Sie erwähnten, werden von Philsophie verursacht - von der falschen Art von Philosophie. Sie werden verursacht durch den Einfluss von dem, was ich die platonistische Denkschule nenne."

Toffler provoziert Rand dann mit der Frage, warum eine Mutter ihr Kind lieben solle, das doch noch viel zu jung sei, um diese Liebe verdient zu haben und Rand habe doch in Atlas Shrugged behauptet, dass niemand Unverdientes fordern oder gewähren sollte. Die nachfolgende Antwort wird von Rand allerdings gestrichen, weil sie bemerkt haben könnte, dass ihre Antwort nicht vollständig gewesen ist: "Sie meinen dies nicht wirklich als ernsthafte Frage? Zunächst einmal: Wenn eine Mutter ein verantwortliches, rationales Wesen ist, hat sie kein Kind aus Versehen, sondern durch ihre Entscheidung. Ein Kind hat einen Wert für sie, einfach deshalb, weil es ein menschliches Wesen ist, dass -wenigstens physisch- durch sie geschaffen wurde. Die Eltern des Kindes schulden ihm Unterstützung bis zur Volljährigkeit mit 21, also bis zu dem Zeitpunkt, wo es sich selbst helfen kann. Dies ist eine gewählte Verpflichtung, die rationale Eltern akzeptieren, wenn sie die Entscheidung treffen, ein Kind zu haben. Sie müssen die Konsequenzen ihrer eigenen Entscheidung akzeptieren. Aber müssen sie das Kind lieben? Nein, nicht notwendigerweise. Dies hängt von der Bewertung seines Charakters ab im Verlauf des Erwachsenwerdens. Es muss ihre Liebe verdienen - wie sie seine verdienen müssen."

In der Diskussion über Sex und Hedonismus fragt Toffler nach der Immoralität von Spielen oder Trinken, worauf Rand so antwortet: "Zunächst einmal gehören Spielen und Trinken nicht in die gleiche Kategorie wie Sex. Trinken an sich ist nicht unmoralisch, es sei denn eine Person ist ein Säufer. Sich nur einen Drink zu genehmigen, ist kaum eine moralische Frage. Es wird nur dann unmoralisch, wenn ein Mensch sich bis zu dem Punkt trinkt, wo er seinen Verstand erstickt und hemmt. Was das Spielen angeht, ich würde nicht sagen, dass eine Person die gelegentlich spielt, unmoralisch ist. Aber wenn das Spielen mehr wird als ein zwangloses Spiel, dann ist es unmoralisch aufgrund der motivierenden Prämisse für das Spielen. Die Leidenschaft für das Spielen ergibt sich aus der Überzeugung eines Menschen, dass er keine Kontrolle über sein Leben hat, dass er kontrolliert wird vom Schicksal, und deshalb möchte er sich vergewissern, dass das Schicksal oder das Glück auf seiner Seite sind."

Rand streicht auch den ursprünglichen Hinweis, dass sie antikommunistisch sei und ersetzt ihn durch die Bemerkung, dass sie ihre Position niemals in negativen Begriffen beschreibe.
Auch eine der Bildunterschriften gefällt ihr nicht und sie wählt folgendes Zitat aus ihrem Interview: "Der Kollektivismus als intellektuelle Kraft und moralische Idee ist tot. Aber Freiheit und Individualismus, und ihr politischer Ausdruck, Kapitalismus, sind noch nicht entdeckt worden." Auch vierzig Jahre nach dem diese Worte gesprochen wurden, noch unverändert aktuell.




Freitag, April 02, 2004

Tätigsein
"Angenehm ist am Gegenwärtigen die Tätigkeit, am Künftigen die Hoffnung und am Vergangenen die Erinnerung. Am angenehmsten und in gleichem Maße liebenswert ist das Tätigsein."

Aristoteles

Quelle: Intrinet

Donnerstag, April 01, 2004

Jubiläum und Rekord
Vor etwas über einem Jahr ist dieser Blog von mir ins Leben gerufen worden und ein kleines "Hurra!" sei mir erlaubt, denn in der Welt des Bloggings ist dies schon eine beachtliche Zeitspanne. Noch erfreulicher ist der Leserzuspruch für dieses Angebot, denn die Zahl der Leser hat sich kontinuierlich nach oben bewegt und im Monat März konnte eine absolute Rekordmarke von Besuchen erreicht werden, nämlich 1 050. Auch ein Tagesrekord war dabei: 55 Visits. Ich hoffe natürlich darauf, auch in Zukunft noch die Zeit und Energie für diesen Blog aufbringen zu können. Empfehlen möchte ich den Lesern auch einen regelmäßigen Besuch beim 2. Angebot objektivismus.blogspot.com. Auch dieser Blog wird regelmäßig aktualisiert -ungefähr einmal pro Monat- und enthält Artikel, die sich vornehmlich mit der Philosophie des Objektivismus und der objektivistischen Bewegung beschäftigen.

Mittwoch, März 31, 2004

Die Widersprüche des Peter Ustinov
Der vor einigen Tagen verstorbene Schauspieler Peter Ustinov war sicherlich ein Mensch mit großen Fähigkeiten, die ihn weit aus der Masse der gewöhnlichen Menschen heraushoben. Von seinen politischen und philosophischen Ansichten läßt sich dies leider nicht behaupten. Dort war Ustinov mindestens ebenso in Widersprüchen verhaftet, wie dies für die meisten Menschen in unserer Kultur leider der Fall ist. In einem Interview mit dem Spiegel äußert sich Ustinov auf die Frage, ob er eine politische Idee vertrete, folgendermaßen:
"Nehmen Sie den Kommunismus: Die Leute sagen, die kommunistische Idee war sehr gut - ja, sie war sehr gut, aber sie war nicht praktikabel, sonst hätte sie es nicht erlaubt, von Stalin derart pervertiert zu werden. Im Gegensatz zum Kommunismus glaube ich, dass das Individuum wichtiger ist als die Masse. Die Menge besteht aus Individuen, die für den Moment keine Stimme haben, die sie vorübergehend verloren haben. Aber alle Ideen, ohne Ausnahme, kommen aus einem einzelnen Kopf." Der letzte Satz von Ustinov klingt wie aus der Verteidigungsrede von Howard Roark anläßlich seines Prozesses. Aber wie kann jemand, der sich als Individualist empfindet, die kommunistische Idee als im Prinzip gut erachten? Der Interview fragt leider nicht konsequent nach und so bleibt im Dunkeln, was Ustinov an der kommunistischen Idee so faszinierend findet, obwohl er seine Praxis als abstoßend empfindet. Vermutlich wird es die Idee des Altruismus gewesen sein, die Ustinov als gut empfand. Aber genau diese Idee, diese böse Idee führte zu der Praxis des Kommunismus in der Sowjetunion. Dieser Staat war die konsequentenste Umsetzung der altruistischen Idee in der Praxis.

Über die "gute Theorie" des Kommunismus kam man zum Beispiel durch Konrad Löws Buch "Das Rotbuch der kommunistischen Ideologie anhand von Originalaussagen von Marx und Engels ein gutes Bild machen. Hier nur ein Zitat von Marx (aus "Zur Judenfrage"): "Welches ist der weltliche Grund des Judentums? Das praktische Bedürfnis, der Eigennutz. Welches ist der weltliche Kultus des Juden? Der Schacher. Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld. Nun wohl! Die Emanzipation vom Schacher und vom Geld, also vom praktischen, realen Judentum wäre die Selbstemanzipation unsrer Zeit. Wir erkennen also im Judentum ein allgemeines gegenwärtiges antisoziales Element, welches durch die geschichtliche Entwicklung, an welcher die Juden in dieser schlechten Beziehung eifrig mitgearbeitet, auf seine jetztige Höhe getrieben wurde, auf eine Höhe, auf welches es sich notwendig auflösen muß. Die Judenemanzipation in ihrer letzten Bedeutung ist die Emanzipation der Menschheit vom Judentum." Der Versuch, die Menschheit vom Geld und Schacher zu "emanzipieren" hat annähernd 100 Millionen Menschenleben gekostet, wie im Schwarzbuch des Kommunismus nachzulesen ist. Weiterhin an die "gute Theorie" des Kommunismus zu glauben, bedeutet nichts anderes, als neuerlichen Versuchen, das vermeintlich Gute in die Praxis umzusetzen, Vorschub zu leisten.
Über den Zusammenhang von böser Theorie und böser Praxis schreibt Leonard Peikoff in Objectivism - The Philsophy of Ayn Rand : "Wer immer murmelt, dass der Sozialismus ungerecht in der Praxis, aber idealistisch in der Theorie sei, kennt nichts von Theorie oder von Gerechtigkeit. Jedes etatistische Regime ist ungerecht in der Praxis. Der Grund dafür ist, dass die Ungerechtigkeit die Essenz seiner Theorie ist." Peikoff beantwortet hier eine Frage, die einst Die Zeit so formulierte: "War der Terror ... etwas radikal Böses oder ein pervertiertes Gutes?"

Dienstag, März 30, 2004

Recht auf geistiges Eigentum
Hardy Bouillon schreibt in der Zeitschrift Aufklärung und Kritik (1/2004): "Zu den bekanntesten Libertären, die das Recht auf geistiges Eigentum verfechten, zählt Ayn Rand - und, mit gewissen Einschränkungen, Murray Rothbard und David Friedman. Zu ihren Vorreitern zählen u. a. Lysander Spooner und Herbert Spencer. Rand und ihre Anhänger führen das Argument ins Feld, daß das Naturrecht jedem das Recht auf die Früchte der eigenen Arbeit gewähre und daß folglich die Legimität der Patente und registrierter Erfindungen und Copyrights auf der kreativen Tätigkeit des Erfinders bzw. Autors beruhe." Dazu ein aktuelles Beispiel: Die deutsche Musikindustrie geht endlich gegen das illegale Herunterladen von Musik aus dem Internet vor (Quelle: news.de): "In einer ersten Welle seien 68 Strafanzeigen erstattet worden. Hintergrund sei, dass die Internetprovider der Staatsanwaltschaft Angaben zur Identität illegal agierender Musikanbieter machen müssten. Ziel der Musikwirtschaft sei dann, bei diesen Schadenersatz geltend zu machen. Auch in Dänemark und Italien gehe die Branche so vor. In Deutschland wurden zuletzt 600 Millionen Songs illegal heruntergeladen."

Montag, März 29, 2004

Ihr Blindschleichen!
In der Weltwoche schreibt Mathias Plüss: "Die Frage nach der Willensfreiheit ist so alt wie die Philosophie selber. Schon Luther und Erasmus von Rotterdam stritten sich darüber. In Luthers Sicht ist der Wille fremdgelenkt. Erasmus fand, Gott hätte dem Menschen kaum seine Gebote gesandt, wenn wir nicht frei wären, sie einzuhalten oder nicht. Heute ist der Streit keineswegs beendet. Die Position Luthers nehmen jetzt vor allem Neurowissenschaftler ein, jene von Erasmus die Feulleton-Redakteure." Da ich den Artikel nicht gelesen habe (er steht im Internet nicht zur Verfügung - vermutlich glücklicherweise), möchte ich aus dem Diskussionsbeitrag von Pro Libertate zitieren: "Die Behauptung, Menschen seien NICHT frei, soll nur wieder jene entschuldigen, die SCHLECHT handeln und anderen Schaden zufügen. Erstaunlicherweise sind sie gar nicht so furchtbar 'programmiert', wenn sie die Konsequenzen für ihr Handeln tragen müssen. Wer faul ist, wird plötzlich arbeiten, wenn man ihn nicht mehr durchfüttert. Wer stiehlt, wird damit aufhören, wenn er den Schaden durch Zwangsarbeit zurückzahlen muss.
Aber es gibt natürlich auch Menschen, die haben ein defektes Gehirn: sie können Handlung und Konsequenzen nicht richtig abwägen. Das ist aber für die Mehrheit nicht der Fall. Wir sind nicht programmiert, sondern wir können RATIONAL entscheiden, basierend auf FAKTEN und KONZEPTEN. Wir können rational früheres Handeln analysieren.
Die Ideen von Roth sind FALSCH und SCHÄDLICH, weil sie Menschen animieren, den Verstand, den sie haben, nicht einzusetzen." Wie oft mögen wohl Menschen vor Gericht gestanden haben, die tatsächlich organische (!) Gehirnerkrankungen gehabt haben, die also nicht in der Lage waren, ihren Willen frei zu steuern, und die aufgrunddessen für unzurechnungsfähig erklärt wurden? Ich lasse mich gern belehren, aber spontan fällt mir nicht ein, jemals so etwas gehört oder gelesen zu haben.

Sonntag, März 28, 2004

Legitime Angriffe
In der Meldung von Freitag bezeichnet David Holcberg die gezielte Tötung von von Hamas-Gründer Yassin als moralische Tat. Er äußert sich nicht dazu, ob diese Tat etwa nach dem Maßstab des Völkerrechts legal ist. Man kann allerdings davon ausgehen, dass Holcberg eine etwaige Illegalität dieser Tat selbst als Unrecht bezeichnen würde, denn moralisches Handeln darf niemals kriminalisiert werden. Dies bedeutet allerdings umgekehrt auch nicht, dass der Staat jedes unmoralische Handeln verbieten sollte. Man kann sicherlich sagen, dass jemand das moralische Recht hat, Heroin zu nehmen. Ob dies eine moralische Entscheidung, steht auf einem ganz anderen Blatt Papier. Eine Überprüfung des Kontext könnte ergeben, dass dies der Fall ist, etwa um stark Schmerzen zu bekämpfen, aber in der Regel kann man davon ausgehen, dass dies nicht so ist, weil der Konsument einfach nur "high" sein möchte. Der Staat sollte sich aus dem Bereich der Moral aber heraushalten, sofern nicht die Anwendung von Gewalt involviert ist. Moralisches Verhalten muss frei gewählt werden. Um auf das Ausgangsbeispiel der gezielten Tötung des Hamas-Gründers zurückzukommen: Der Jurist Alan Dershowitz sieht derartige gezielte Tötungen von Terroristenführern als "völlig legal" an. Zur moralischen Dimension des Problems gibt Dershowitz keine Stellungnahme ab, aber man kann im Kontext seiner Argumentation annehmen, dass er gezielte Tötungen auch für moralisch hält, sofern die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Dershowitz schreibt in einem Aufsatz in der Financial Times Deutschland: "Es kann keinen Zweifel geben, dass Israels Politik, Hamas-Führer zu töten, rechtmäßig ist. Die Hamas hat dem Land den Krieg erklärt. Alle ihre Führer sind Kämpfer in diesem Krieg, ganz gleich, ob sie Uniform, Dreiteiler oder ein religiöses Gewand tragen. Eine wirkliche Trennung zwischen dem politischen und dem militärischen Lager der Hamas gibt es nicht - ebenso wenig wie bei al-Kaida. Die offizielle Politik der Hamas ist es, unschuldige Zivilisten massenhaft zu ermorden. Die Entscheidung dazu wurde von den so genannten politischen Führern getroffen. Die USA haben Osama bin Laden und sein Kumpane zu Recht ins Fadenkreuz genommen, ebenso wie Saddam Hussein und seine Söhne. Nach dem Völkerrecht sind Kämpfer im Krieg zulässige militärische Ziele."