Samstag, März 06, 2004

Lebwohl TOC!
Die langjährige Unterstützerin des Objectivist Centers (TOC), Diana Mertz Hsieh, hat in einer offenen Stellungnahme ihre Trennung von der Organisation mitgeteilt. Sie hatte in einem Brief an David Kelley, dem geschäftsführenden Direktor des TOC, bereits einige Tage vorher das Ende ihrer Unterstützung des TOC angekündigt. Sie nennt als Grund für diese Entscheidung, dass sie "bedeutsame praktische und philosophische Einwände" gegen die grundlegende Herangehensweise des Centers gegenüber dem Objektivismus habe. Hauptgrund ihrer Enttäuschung über das TOC sei dessen Verständnis des Objektivismus als eines "offenen Systems". Sie habe kürzlich noch einmal, nach zehn Jahren, David Kelleys "Truth and Toleration", das Gründungsdokument des TOC gelesen, und sei selbst überrascht gewesen, dass sie beinahe bei jedem Thema (moralisches Urteil, Sanktion, Toleranz, Objektivismus als offenes System) bedeutsame Meinungsunterschiede zu Kelley festgestellt habe. Gemäß Kelley ist der Objektivismus ein offenes System, dass nur begrenzt sei durch Prinzipien, die Kelley als fundamental für das System ansieht. Das Rest kann debattiert, geändert, reorganisert, verfeinert und vollständig zurückgewiesen werden innerhalb der Grenzen des Objektivismus, solange jemand "seine Sichtweise verteidigt unter Bezugnahme auf die Grundprinzipien." Diana Mertz Hsieh sieht die anhaltenden Probleme des TOC nicht begründet in schlechtem Management, fehlenden Spenden oder dürftigem akademischen Potential, sondern sieht sie als "natürliche, praktische Konsequenz" der TOC-Sicht des Objektivismus als eines offenen Systems. Der führende Philosoph der konkurierenden objektivistischen Organisation "Ayn Rand Institute", Leonard Peikoff, bestreitet, dass der Objektivismus -oder irgendeine andere Philosophie - ein offenes System sei. "Jede Philosophie", sagt er, "ist unveränderlich. Neue Implikationen, Anwendungen und Integrationen können immer entdeckt werden, aber die Essenz des Systems - seine fundamentalen Prinzipien und ihren Konsequenzen im jedem Zweig- ist ein für alle Mal niedergelegt worden durch den Autoren der Philosophie." Im Fall des Objektivismus ist der Autor natürlich Ayn Rand und die Philosophie ist definiert in ihren Werken. Peikoff erkennt die Möglichkeit einer weiteren Entwicklung der Philosophie an, solange dies "logisch vereinbar" mit dem sei, was sie geschrieben habe. Atlas Shrugged und die weiteren Schriften von Rand seien für die Objektivisten das, was die Verfassung für das Rechtssystem der Vereinigten Staaten sei. Ein Richter müsse die gesamte Verfassung akzeptieren und sicherstellen, dass seine Entscheidungen vereinbar mit jedem darin enthaltenen Satz seien.

Freitag, März 05, 2004

"Liberal" in Amerika
Das Wort "liberal" scheint in Amerika keinen besonders guten Klang zu haben, denn sogar der mutmaßliche Präsidentschaftskandiat der Demokratischen Partei, John Kerry, wehrt sich mit Händen und Füßen gegen dieses Etikettierung. Auch die Fraktionsvorsitzende der Demokratischen Partei im Repräsentantenhaus behandelt das Wort so als sei es "toxisch", schreibt Larry Elder im capitalismmagazine.com. Sie bevorzugt "progressiv". Das Wort "liberal" wird in Amerika für gemäßigte Linke oder Sozialdemokraten im europäischen Sinn verwendet, oder für Politiker, die einen "Wischi-Waschi-Altruismus" vertreten, wie Leonard Peikoff es ausdrückt. So hätte Ayn Rand sich natürlich nie als "Liberale" bezeichnet, sie sah sich als "Radikale für den Kapitalismus". In der Tradition des klassischen Liberalismus macht dies allerdings durchaus Sinn, so schreibt das neuseeländische Institut for Liberal Values Ayn Rand das Verdienst zu, zum großem Teil für die Wiedergeburt des liberalen Konzepts verantwortlich zu sein.

Donnerstag, März 04, 2004

Daniel Pipes: Im Irak herrscht das islamische Gesetz
Die Iraker haben mit dem Segen der Koalitions-Verwalter entschieden, dass das islamische Gesetz im Irak herrschen wird.

Sie erreichten diese Entscheidung gegen 20 Minuten nach vier am Morgen des 1. März, als der irakische Regierungsrat in Anwesenheit der obersten Koalitions-Verwalter sich auf die Formulierung einer Interims-Verfassung einigte. Von diesem Dokument, offiziell das Übergangs-Verwaltungsgesetz genannt, wird erwartet, dass es die oberste juristische Autorität bleibt, bis man sich – vermutlich 2005 – auf eine permanente Verfassung einigt. Die Ratsmitglieder konzentrierten sich darauf, ob die Interims-Verfassung die Scharia als „eine Quelle" oder „die Quelle" für die Gesetze im Irak anführen solle. „Eine Quelle" legt nahe, dass die Gesetze der Scharia widersprechen könnten, während „die Quelle" bedeutet, dass sie das nicht dürfen. Am Ende entschieden sie sich dafür, dass die Scharia lediglich „eine Quelle" für die Gesetze des Irak ist.

Das erscheint als ein erfolgreicher Kompromiss. Es bedeutet, wie Ratsmitglieder ausführlicher erklärten, dass die Gesetzgebung weder den „universell vereinbarten Lehren des Islam" widersprechen darf, noch den recht liberalen Rechten, die in anderen Artikeln der Interims-Verfassung garantiert werden, darunter der Schutz der freien Rede, freien Presse, Religionsfreiheit, Versammlungsfreiheit und ordnungsgemäßer Verfahren, dazu eine unabhängige Justiz und Gleichbehandlung vor dem Gesetz.

Es gibt aber zwei Gründe dafür, die Interims-Verfassung als Signalsieg des militanten Islam anzusehen.

Der vollständige Text von Daniel Pipes in deutscher Sprache hier

Mittwoch, März 03, 2004

Zensur bei Google? Blödsinn!
Großes Getöse im Internet über eine angebliche "Zensur" bei der Suchmaschine Google. De.internet.com berichtet:

Der Suchmaschinenbetreiber Google hat die Anzeige der Umweltschutzorganisation Oceana zensiert. Der Verband hatte einen stichwortabhängigen Werbeplatz gebucht: Bei der Eingabe von "Kreuzfahrt Urlaub" sollte neben den Suchergebnissen ein Link auf eine Oceana-Webseite erscheinen. Auf dieser kritisierte die Organisation die Verklappung von Abwässern der Kreuzfahrtschiffe der Reederei Royal Caribbean auf hoher See und forderte eine umweltgerechte Entsorgung. Nach zwei Wochen wurde die Anzeige von Google entfernt, teilte die Organisation gestern in Washington, D.C., mit.

Google handelt im Rahmen seiner Rechte, wenn es Anzeigen zurückweist, die seinen Interessen widerstreben. Es gibt kein Recht von Oceana, Google als Plattform für seine Propaganda benutzen zu dürfen, wie Oceana-Chef Andrew Sharpless in anmaßender Weise behauptet: "Dieses Unternehmen (Google, Anmerk.) schmückt sich gern mit dem Image der freien Entfaltungsmöglichkeiten, schränkt uns aber in unserem Recht ein, effektiv gegen Umweltverschmutzung einzutreten." Oceana will Rechte einschränken, nicht Google. Es spielt dabei auch keine Rolle, dass Oceana für die Anzeigen zahlen wollte oder ob Google seine allgemeinen Geschäftsbedingungen richtig interpretiert. Google könnte auch völlig willkürlich, gegensätzlich zu seiner bisherigen Geschäftspolitik, die Anzeigen von Oceana zurückweisen. "Falls Sie es noch nicht gehört haben sollten, wir leben hier in Amerika - nicht in irgendeinem marxistischen Rattenloch", kommentiert Robert Bidinotto Oceanas Medienkampagne. Und er fügt hinzu, dass Oceanas Forderung eine Auslöschung der Grundrechte der Vereinigungsfreiheit, Meinungsfreiheit und des Privateigentums bedeuten würde. Übrigens: Robert Bidinotto fragte die Vertreter von Oceana auch, ob sie Anzeigen auf ihrer Website akzeptieren würden -zum Beispiel seine-, auch wenn sie andere Ansichten als die von Oceana vertreten würden. Es dürfte keine Überraschung sein, dass Oceana bisher nicht geantwortet hat. Ein Wort noch zu den Anzeigen auf diesem Blog. Diese Anzeigen tauchen auf dem Blog auf, weil ich vertraglich auf einige Quadratzentimeter meines Eigentums verzichtet habe. Google verzichtet demgegenüber auf gar nichts. Werbefrei wäre möglich für mich, würde aber etwas kosten. Und so muss ich eben akzeptieren, dass hin und wieder Anzeigen geschaltet werden, die nicht in meinem Sinne sind.

Dienstag, März 02, 2004

Anti-Amerikanismus: Eine Einführung
Ausgerechnet ein Franzose, der ein Buch gegen den Anti-Amerikanismus schreibt, möchte man meinen. Auf der einen Seite habe es unsere Nachbarn Lektionen in Sachen Amerikanismus zwar dringend nötig -ein Land, wo Trotzkisten ganz normale Politiker sind-, auf der anderen Seite kann man allerdings kaum glauben, dass einer der ihren in der Lage und willens ist, ihnen die Zusammenhänge zu erklären. Allerdings kann man aus deutscher Sicht mittlerweile feststellen, dass der Anti-Amerikanismus auch hierzulande tiefe Wurzeln geschlagen hat, und da kommt ein Buch wie das von Revel natürlich nur recht. Und da der Autor, Jean Francois Revel, schon einige deutsche Übersetzungen erleben durfte, scheint es zumindest nicht ausgeschlossen, dass auch sein neuestes Werk ("L' obsession anti-americaine") bald in deutscher Sprache vorliegen wird. Aus der englischen Ausgabe veröffentlicht das capitalismmagazine.com einen längeren Auszug, wo Revel die Funktion des Anti-Amerikanismus folgendermaßen beschreibt: "Die Hauptfunktion des Anti-Amerikanismus ist immer gewesen, und ist es noch, den Liberalismus dadurch zu diskreditieren, dass man seine höchste Inkarnation diskreditiert." Dadurch ist allerdings nicht jede Kritik an den realen Verhältnissen in Amerika anti-amerikanisch und selbstverständlich können auch Amerikaner selbst anti-amerikanisch sein, wie uns Bestseller-Autor Michael Moore, der in Deutschland unglaublich erfolgreich ist, vormacht. Amerika kann man auch aus einer Perspektive kritisieren, die dieses Land für nicht liberal genug hält und ihm eine Abkehr von seinem Gründungsprinzip vorwirft, dem Prinzip der individuellen Rechte. Für Ayn Rand war Amerika das einzige moralische Land in der Geschichte der Welt, und dies nicht, weil sie an Amerika nichts zu kritisieren hatte -sie hatte!-, sondern weil sie Amerikas philosophische Wurzeln damit würdigen wollte.
Wie problematisch Amerikanismus in Amerika selbst sein kann, beschreibt Leonard Peikoff aufgrund der Erfahrung seiner Studienzeit in dem Buch The Voice of Reason: "Wer ein philosophisch pro-amerikanischer Student ist, muss mit jeder Art von Schmähung durch viele seiner Professoren rechnen."

Montag, März 01, 2004

Ayn-Rand-Seminar
Die Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stifung bietet in Zusammenarbeit mit dem Institut für Unternehmerische Freiheit (IUF) ein hochinteressantes Seminar zum Thema Ayn Rand an. Das Seminar findet vom 30. 4. bis 2. 5.2004 in Gummersbach statt. Anmeldung hier

In der Einladung zum Seminar heißt es:
Hierzulande kaum bekannt, sind die Werke von Ayn Rand (1905-1982) in Amerika auch Jahre nach ihrem Tod Verkaufsschlager. Ihr bekanntester Roman "Atlas Shrugged" hat es dabei sogar auf den Rang 2 der meistverkauften Bücher in den USA geschafft - gleich hinter der Bibel.
Rand war eine der großen geistigen Wegbereiterinnen der marktwirtschaftlichen Wende in
den USA in den 80er Jahren. Die vor Lenins Schreckensherrschaft aus Russland in die USA
geflohene Schriftstellerin widmete ihr Leben dem Kampf gegen den Sozialismus für
einen kämpferischen Individualismus.

Rand’s unter der Bezeichnung „Objektivismus“ bekannt gewordenes
Weltbild einer aktiven Verfechtung der Freiheit hat sie in Romanen und
Essays verbreitet. Ihre provokanten und umstrittenen Prinzipien eines
manchmal schon fast religiösen Fanatismus und der philosophischer
Hintergrund werden im Seminar diskutiert. Das Seminar zeigt anhand von
Filmvorführungen, einer Lesung und kurzen Essays von Ayn Rand und einem
ihrer Anhänger, dem derzeitigen Präsidenten der amerikanischen
Zentralbank Alan Greenspan, einen Querschnitt ihrer Motivation und
politischen Wirkungen. Vor dem Hintergrund der Popularität ihrer Werke
muss der deutsche Liberalismus sich die Frage gefallen lassen, wieso er
nicht populärer ist.

Sonntag, Februar 29, 2004

Der Erfolg der Bush-Doktrin
Michael Duff schreibt, dass er die Bush-Doktrin wirklich nicht mag. Nach den Terrorangriffen auf die USA war er der Meinung, dass Amerika seine militärischen Anstrengungen auf die Al-Kaida-Organisation beschränken sollte. Aber Duff räumt ein, dass die Bush-Doktrin funktionieren könnte: "Verstehen Sie das? Die bösen Buben haben Angst vor uns, weil wir gegen alle Logik und gegen den gesunden Menschenverstand in den Irak einmarschiert sind und Saddam gestürzt haben. (...)

Bush wollte wie Reagan sein, und er hatte Erfolg dabei. Alle dachten, dass Reagan verrückt wäre, als er ins Fernsehen ging und sagte: 'In fünf Minuten beginnen wir mit den Bombardierungen.' Seine Bemerkungen entschreckten die Leute zu Tode. Es erschreckte uns in Amerika, und wichtiger, es erschreckte unsere Feinde.

Als New York brannte im Jahr 2001, hatten wir Angst. Heute weht die amerikanische Fahne in Baghdad und unsere Feinde haben Angst.

Ich habe keinen Zugang zu all den Dokumenten, aber ich muss die Möglichkeit in Erwägung ziehen, die Möglichkeit, dass die Bush-Doktrin funktioniert. Seit dem 11. Sept. sind wir relativ sicher gewesen. Der Irak ist ein gefährlicher Ort, aber es hat keine größere Angriffe auf das amerikanische Staatsgebiet gegeben. Warum? Weil die Leute, die den Terrorismus finanzieren, Angst vor uns haben."