Noch einmal: Massenvernichtungswaffen im Irak
Jonah Goldberg äußert sich auf townhall.com noch einmal zum Thema Massenvernichtungswaffen im Irak. Sein zentrales Argument ist, dass die moralische Schuld über die Konfusion beim Thema "Massenvernichtungswaffen im Irak" bei Saddam Hussein liegt, der die Welt glauben machen wollte, er hätte Massenvernichtungswaffen. Da Menschen -auch Politiker mit Geheimdienstinformation nicht- nicht allwissend sind, müssen sie manchmal handeln, auch wenn die Informationen unklar sind. Wenn sich ein Mensch oder ein Regime mit krimineller Vergangenheit mit voller Absicht verdächtig verhält, liegt die Verantwortung für die Gegenreaktion ganz allein bei ihm. Goldberg schreibt unter anderem:
"Es gibt eine Menge von Theorien darüber, warum wir keine Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden haben. Einige behaupten, dass sie tief im Irak verborgen sind und schließlich gefunden werden. Andere nehmen an, dass sie nach Syrien verbracht wurden oder vielleicht in letzer Minute irgendwo anders hin.
Andere sagen, dass Saddam glaubte, dass er Massenvernichtungswaffen hätte, was aber nicht der Fall war. Seine Mitarbeiter hatten Angst, es ihm zu sagen. Und natürlich, die "Bush hat gelogen" Theoretiker, die behaupten, dass Bush die einzige Person auf der Welt war, die wußte, dass alle Geheimdienste Unrecht hatten hinsichtlich Saddam, aber trotzdem in den Krieg zog. Dies sind alles interessante Behauptungen, einige deutlich plausibeler als andere. Aber in einem Sinn sind sie alle irrelevant. Keine seriöse Person glaubt, dass Saddam sich wie ein Führer verhielt, der nichts zu verbergen hatte.
Stellen Sie sich vor, sie wären Polizist. Sie haben einen bekannten Verbrecher und gewaltätigen Kriminellen aufgespürt, bei dem Sie allen Grund haben, anzunehmen, dass er im Besitz einer Schusswaffe ist. Sie sagen: "Nehmen Sie die Hände hoch!". Aber stattdessen spielt er Spielchen, verbirgt seine Hände hinter dem Rücken. Sie sagen: "Ich will Ihre Hände sehen", und er zeigt Sie Ihnen eine nach der anderen, wie ein Kind, was etwas versteckt. Schließlich sagen Sie: "Nun, wenn Sie nicht kooperieren, wird das ernsthafte Konsequenzen haben - ich werde Sie zur Kooperation zwingen."
Dies war die Situation vor dem Krieg. Die Franzosen und einige Demokraten wollten dem Irak ein letztes Ultimatum geben - nach Dutzenden von gescheiterten Ultimaten. Die Bush-Administration sagte, nein, wir haben genug von diesen Spielchen und haben praktisch Saddam mit Gewalt durchsucht.
Was immer wir auch finden werden im Irak am Ende des Tages, eines ist sonnenklar seit einem Jahrzehnt: Saddam Hussein wollte sehr wohl, dass die Welt denkt, dass er Massenvernichtungswaffen hätte. Vielleicht hat er geblufft. Vielleicht dachte er, er hätte Massenvernichtungswaffen, die er in Wirklichkeit gar nicht hatte. Wen kümmert dies? Saddam spielte Spielchen. Und wir haben sehr deutlich gesagt, dass wir nach dem 11. September nicht in der Stimmung sind noch Spielchen zu spielen - besonders nicht beim Thema Massenvernichtungswaffen."
"Wir sind keine Konservativen - wir sind Radikale für den Kapitalismus. " Ayn Rand (1905 - 1982), Philosophin und Schriftstellerin, Verfasserin der Romane "Atlas Shrugged" und "The Fountainhead" - Dieser Blog bietet keine systematische Einführung in den Objektivismus. Dies ist nur möglich durch ein Studium der Quellen des Objektivismus.
Samstag, November 15, 2003
Steuerdschungel
Deutschland diskutiert über das Steuerkonzept des CDU-Politikers Friedrich Merz, der niedrige Steuersätze durch eine Streichung sämtlicher Ausnahmen und Abzugsmöglichkeiten erreichen möchte. Schön, wenn dabei eine Vereinfachung des Steuerrechts mit einer massiven Reduzierungl der bürokratischen Belastung einhergeht. Wie sieht es aber mit der Belastung der Steuerzahler nach der Reform aus? Eine einfache Steuererklärung, aber unveränderte Belastung darf nicht das Ziel einer Politik sein, die denen, die etwas leisten, das beläßt, was sie sich verdient haben. So hat der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof, der ein eigenes Steuermodell entworfen hat, Merz vorgeworfen, dass sein Spitzensteuersatz von 36 % "viel zu hoch" sei. Bei einer weiteren Belastung von 20 % durch indirekte Steuern käme man auf eine Gesamtbelastung von über 50 %, was den Grundsatz der "Halbteilung" , den das Bundesverfassungsgericht aufgestellt habe (man darf die Hälfte von seinem Verdienst behalten!), verletze.
Die amerikanischen Steuerzahler sehen sich ähnlichen Verhältnissen wie in Deutschland ausgesetzt. Nach Schätzungen der US-Steuerbehörde IRS geben sie zwischen 70 und 125 Mrd. Dollar pro Jahr für ihre Steuererklärungen aus. Und ein Ende scheint nicht in Sicht zu sein. Die Freie Presse berichtet:
"Unter der gegenwärtigen Regierung ist das Steuerecht noch komplexer geworden", stöhnt Veronique de Rugy, Steuerexpertin am Cato-Institut, einer neoliberalen Denkfabrik in Washington. Sie würde am liebsten das ganz Steuerrecht einkassieren und mit einer "flat tax" von unter 17 % einen Neuanfang wagen - einer der vielen Reformvorschläge, die wohl chancenlos sind."
Die aber in Deutschland noch nicht einmal gemacht werden. Oder habe ich etwas bei der FDP überhört? Wenn die FDP sich über zu wenig Medienresonanz beschwert, wäre dem ganz einfach abzuhelfen. Wie wäre es, wenn die FDP eine "flache Steuer" (18 Prozent?) propagieren würde? Eine flache Steuer wäreals einen Zwischenhalt auf dem Weg zum Kapitalismus sehr zu begrüßen. Wie wäre es ferner, wenn die FDP die staatliche Rentenversicherung als Schwindel bezeichnen und dessen Auslaufen empfehlen würde? Presseecho garantiert!!!!!!
Deutschland diskutiert über das Steuerkonzept des CDU-Politikers Friedrich Merz, der niedrige Steuersätze durch eine Streichung sämtlicher Ausnahmen und Abzugsmöglichkeiten erreichen möchte. Schön, wenn dabei eine Vereinfachung des Steuerrechts mit einer massiven Reduzierungl der bürokratischen Belastung einhergeht. Wie sieht es aber mit der Belastung der Steuerzahler nach der Reform aus? Eine einfache Steuererklärung, aber unveränderte Belastung darf nicht das Ziel einer Politik sein, die denen, die etwas leisten, das beläßt, was sie sich verdient haben. So hat der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof, der ein eigenes Steuermodell entworfen hat, Merz vorgeworfen, dass sein Spitzensteuersatz von 36 % "viel zu hoch" sei. Bei einer weiteren Belastung von 20 % durch indirekte Steuern käme man auf eine Gesamtbelastung von über 50 %, was den Grundsatz der "Halbteilung" , den das Bundesverfassungsgericht aufgestellt habe (man darf die Hälfte von seinem Verdienst behalten!), verletze.
Die amerikanischen Steuerzahler sehen sich ähnlichen Verhältnissen wie in Deutschland ausgesetzt. Nach Schätzungen der US-Steuerbehörde IRS geben sie zwischen 70 und 125 Mrd. Dollar pro Jahr für ihre Steuererklärungen aus. Und ein Ende scheint nicht in Sicht zu sein. Die Freie Presse berichtet:
"Unter der gegenwärtigen Regierung ist das Steuerecht noch komplexer geworden", stöhnt Veronique de Rugy, Steuerexpertin am Cato-Institut, einer neoliberalen Denkfabrik in Washington. Sie würde am liebsten das ganz Steuerrecht einkassieren und mit einer "flat tax" von unter 17 % einen Neuanfang wagen - einer der vielen Reformvorschläge, die wohl chancenlos sind."
Die aber in Deutschland noch nicht einmal gemacht werden. Oder habe ich etwas bei der FDP überhört? Wenn die FDP sich über zu wenig Medienresonanz beschwert, wäre dem ganz einfach abzuhelfen. Wie wäre es, wenn die FDP eine "flache Steuer" (18 Prozent?) propagieren würde? Eine flache Steuer wäreals einen Zwischenhalt auf dem Weg zum Kapitalismus sehr zu begrüßen. Wie wäre es ferner, wenn die FDP die staatliche Rentenversicherung als Schwindel bezeichnen und dessen Auslaufen empfehlen würde? Presseecho garantiert!!!!!!
Freitag, November 14, 2003
Der Präsident und der Philosoph
Wenn ein waschechter Philosoph das Bloggen entdeckt, kann dies sehr interessant werden, vorausgesetzt das Philosphieren vollzieht sich ohne große Irrationalismen. Bei Keith Burgess-Jackson kommt in der Tat Lesespass auf. Aber irgendwie scheint er einen Narren an Präsident Bush gefressen zu haben. Bereits auf techcentralstation.com veröffentlichte er mehrere Artikel über den derzeitigen, vielgeschmähten US-Präsidenten. Auf seinem Blog schreibt er:
"Charakter kann nicht wahrgenommen werden, aber er ist real. Wie Glaube, Werte, Intention, muss er aus dem Verhalten abgeleitet werden, auch aus dem linguistischen Verhalten. Der Charakter einer Person enthüllt sich in den Dingen, die eine Person liebt. Bush liebt Hunde, Laufen und Baseball. Und das erzählt mir eine Menge über seinen Charakter - nur Gutes."
Quelle: AnalPhilosopher
Wenn ein waschechter Philosoph das Bloggen entdeckt, kann dies sehr interessant werden, vorausgesetzt das Philosphieren vollzieht sich ohne große Irrationalismen. Bei Keith Burgess-Jackson kommt in der Tat Lesespass auf. Aber irgendwie scheint er einen Narren an Präsident Bush gefressen zu haben. Bereits auf techcentralstation.com veröffentlichte er mehrere Artikel über den derzeitigen, vielgeschmähten US-Präsidenten. Auf seinem Blog schreibt er:
"Charakter kann nicht wahrgenommen werden, aber er ist real. Wie Glaube, Werte, Intention, muss er aus dem Verhalten abgeleitet werden, auch aus dem linguistischen Verhalten. Der Charakter einer Person enthüllt sich in den Dingen, die eine Person liebt. Bush liebt Hunde, Laufen und Baseball. Und das erzählt mir eine Menge über seinen Charakter - nur Gutes."
Quelle: AnalPhilosopher
Donnerstag, November 13, 2003
Hohmann-Debatte ein Armutszeugnis
Die Debatte um die Rede des CDU-Abgeordneten Hohmann ist ein Trauerspiel. Kaum jemand scheint die Rede gelesen zu haben, was aber niemanden davon abhält, ein im Zweifelsfall vernichtendes Urteil über den Redner abzugeben. Die Rede ist ja in der Tat kritikwürdig -vielleicht sogar verdammenswürdig-, aber dazu sollte man sie erst einmal kennen. Was das Verhalten der CDU angeht, muss ich mir nicht den Kopf dieser Partei zerbrechen. Ich möchte nicht in einer Organisation zusammen mit Herrn Hohmann sein, soviel steht fest. Aber meine Maßstäbe sind nicht die der CDU und nach ihren Maßstäben scheint mir ein Ausschluss aus Partei und Fraktion nicht berechtigt zu sein, was ursprünglich die Parteiführung ja auch so gesehen hatte.
Über einen der gegen den Stachel löckt - Arnulf Baring-, berichtet die Rheinische Post:
Natürlich ist seine Rede problematisch, aber sein Ausschluss ist ein Armutszeugnis für die Union wie für das liberale Grundverständnis dieses Landes", sagte Baring am Dienstagabend in der BR-Fernsehsendung "Münchner Runde".
Die CDU-Führung sei vor der öffentlichen Meinung in Deutschland eingeknickt. "Wir haben offenbar eine Gesinnungsdiktatur. Hohmann ist nun wirklich kein Geistesriese, aber Irrtümer und Unwahrheiten muss man mit der Vernunft bekämpfen." Die Partei weiche vor einer vermeintlichen politischen Korrektheit zurück, "die so nicht in Ordnung ist".
Die Debatte um die Rede des CDU-Abgeordneten Hohmann ist ein Trauerspiel. Kaum jemand scheint die Rede gelesen zu haben, was aber niemanden davon abhält, ein im Zweifelsfall vernichtendes Urteil über den Redner abzugeben. Die Rede ist ja in der Tat kritikwürdig -vielleicht sogar verdammenswürdig-, aber dazu sollte man sie erst einmal kennen. Was das Verhalten der CDU angeht, muss ich mir nicht den Kopf dieser Partei zerbrechen. Ich möchte nicht in einer Organisation zusammen mit Herrn Hohmann sein, soviel steht fest. Aber meine Maßstäbe sind nicht die der CDU und nach ihren Maßstäben scheint mir ein Ausschluss aus Partei und Fraktion nicht berechtigt zu sein, was ursprünglich die Parteiführung ja auch so gesehen hatte.
Über einen der gegen den Stachel löckt - Arnulf Baring-, berichtet die Rheinische Post:
Natürlich ist seine Rede problematisch, aber sein Ausschluss ist ein Armutszeugnis für die Union wie für das liberale Grundverständnis dieses Landes", sagte Baring am Dienstagabend in der BR-Fernsehsendung "Münchner Runde".
Die CDU-Führung sei vor der öffentlichen Meinung in Deutschland eingeknickt. "Wir haben offenbar eine Gesinnungsdiktatur. Hohmann ist nun wirklich kein Geistesriese, aber Irrtümer und Unwahrheiten muss man mit der Vernunft bekämpfen." Die Partei weiche vor einer vermeintlichen politischen Korrektheit zurück, "die so nicht in Ordnung ist".
Judith Jarvis Thomson: Der bewußtlose Geiger
In einem Kommentar zur Entscheidung des amerikanischen Senats über "partial-birth-abortions" schrieb ich folgendes:
"Bei der Frage der Abtreibung geht es darum, ob der Fötus ein Recht hat, im Körper einer Frau zu sein gegen ihren Willen. Oder anders herum formuliert: Gehört der Körper einer Frau ihr selbst, oder gehört er dem Staat, der darüber zugunsten des Fötus verfügen kann? Aus einer Position der Verteidigung der individuellen Rechte heraus kann die Antwort nur lauten, dass der Fötus kein Recht hat in der Gebärmutter irgendeiner Frau zu sein, sondern dass er sich dort befindet mit ihrer Erlaubnis. Erlaubnisse sind aber keine Rechte. Eine Erlaubnis kann jederzeit widerrufen werden." Diese Anmerkung berührt nicht die Frage, ob es sich bei einem Fötus um eine Person mit allen Rechten handelt, wie es von sog. "Lebensschützern" behauptet wird, sondern um das Wesen der Beziehung zwischen Fötus und der schwangeren Frau. Die Philosophin Judith Jarvis Thomson geht in ihrem berühmten Beispiel des bewußtlosen Geigers einfach von der Annahme aus -die sie nicht teilt-, dass sich bei einem Fötus um einen Menschen wie Sie und ich handelt. Aber daraus folgt eben nicht, dass damit keine Abtreibung mehr erfolgen darf. Sehen Sie selbst:
Stellen Sie sich folgendes vor: Eines morgens wachen Sie im Bett auf und liegen Rücken an Rücken mit einem bewußtlosen Geiger. Einem berühmten bewußtlosen Geiger. Er leidet an einem fatalen Nierenversagen und die Gesellschaft der Musikliebhaber hat alle zugänglichen medizinischen Unterlagen durchsucht, um herauszufinden, daß nur Sie allein den richtigen Bluttyp haben, um zu helfen. Die Musikliebhaber haben Sie deshalb gekidnappt und letzte Nacht den Blutkreislauf des Geigers mit dem Ihren verbunden, so daß nun Ihre Nieren dazu in der Lage sind, sein und Ihr Blut zugleich zu entgiften. Der Leiter des Krankenhauses kommt nun zu Ihnen und sagt: "Schauen Sie, es tut uns wirklich leid, daß die Gesellschaft der Musikliebhaber Sie in dieser Weise behandelt hat. Wir hätten derartiges niemals zugelassen, wenn wir davon gewußt hätten. Dennoch haben sie es nun einmal getan und der Geiger ist an Sie angeschlossen. Ihn von Ihnen zu trennen würde darauf hinauslaufen, ihn umzubringen. Aber Sie sollten die Sache nicht so eng sehen, denn es geht ja nur um 9 Monate. Wenn die vorüber sind, dann wird er von seinem Krankheitsanfall erholt sein und ohne Gefahr von Ihnen getrennt werden können."
Sollten Sie aus moralischen Gründen sich mit dieser Situation abfinden? Ohne Zweifel wäre es sehr nett, wenn Sie es tun würden, ein großer Akt des Wohlwollens. Aber müßten Sie sich damit abfinden? Wie wäre es, wenn es sich nicht nur um 9 Monate, sondern um 9 Jahre handelte? Oder sogar länger?
Wie wäre es, wenn der Krankenhausdirektor sagen würde, "ich gebe zu, dies ist ein hartes Schicksal, aber Du mußt nun für den Rest Deines Lebens mit dem angeschlossenen Geiger im Bett verbringen. Denn, denk daran: Alle menschlichen Personen haben ein Recht auf Leben und Geiger sind Personen. Natürlich muß man zugestehen, daß Du ein Recht darauf hast, über Deinen eigenen Körper zu entscheiden, aber das Recht einer Person zu überleben ist bedeutender als Dein Recht, zu entscheiden, was in und mit Deinem Körper geschieht. Deshalb kannst Du niemals mehr von dem Geiger getrennt werden."
Ich nehme an, Sie würden derartige Argumentationen als empörend empfinden. Dies legt es nahe, daß mit dem vorangehenden Argument irgend etwas fundamental nicht in Ordnung sein muß.
In einem Kommentar zur Entscheidung des amerikanischen Senats über "partial-birth-abortions" schrieb ich folgendes:
"Bei der Frage der Abtreibung geht es darum, ob der Fötus ein Recht hat, im Körper einer Frau zu sein gegen ihren Willen. Oder anders herum formuliert: Gehört der Körper einer Frau ihr selbst, oder gehört er dem Staat, der darüber zugunsten des Fötus verfügen kann? Aus einer Position der Verteidigung der individuellen Rechte heraus kann die Antwort nur lauten, dass der Fötus kein Recht hat in der Gebärmutter irgendeiner Frau zu sein, sondern dass er sich dort befindet mit ihrer Erlaubnis. Erlaubnisse sind aber keine Rechte. Eine Erlaubnis kann jederzeit widerrufen werden." Diese Anmerkung berührt nicht die Frage, ob es sich bei einem Fötus um eine Person mit allen Rechten handelt, wie es von sog. "Lebensschützern" behauptet wird, sondern um das Wesen der Beziehung zwischen Fötus und der schwangeren Frau. Die Philosophin Judith Jarvis Thomson geht in ihrem berühmten Beispiel des bewußtlosen Geigers einfach von der Annahme aus -die sie nicht teilt-, dass sich bei einem Fötus um einen Menschen wie Sie und ich handelt. Aber daraus folgt eben nicht, dass damit keine Abtreibung mehr erfolgen darf. Sehen Sie selbst:
Stellen Sie sich folgendes vor: Eines morgens wachen Sie im Bett auf und liegen Rücken an Rücken mit einem bewußtlosen Geiger. Einem berühmten bewußtlosen Geiger. Er leidet an einem fatalen Nierenversagen und die Gesellschaft der Musikliebhaber hat alle zugänglichen medizinischen Unterlagen durchsucht, um herauszufinden, daß nur Sie allein den richtigen Bluttyp haben, um zu helfen. Die Musikliebhaber haben Sie deshalb gekidnappt und letzte Nacht den Blutkreislauf des Geigers mit dem Ihren verbunden, so daß nun Ihre Nieren dazu in der Lage sind, sein und Ihr Blut zugleich zu entgiften. Der Leiter des Krankenhauses kommt nun zu Ihnen und sagt: "Schauen Sie, es tut uns wirklich leid, daß die Gesellschaft der Musikliebhaber Sie in dieser Weise behandelt hat. Wir hätten derartiges niemals zugelassen, wenn wir davon gewußt hätten. Dennoch haben sie es nun einmal getan und der Geiger ist an Sie angeschlossen. Ihn von Ihnen zu trennen würde darauf hinauslaufen, ihn umzubringen. Aber Sie sollten die Sache nicht so eng sehen, denn es geht ja nur um 9 Monate. Wenn die vorüber sind, dann wird er von seinem Krankheitsanfall erholt sein und ohne Gefahr von Ihnen getrennt werden können."
Sollten Sie aus moralischen Gründen sich mit dieser Situation abfinden? Ohne Zweifel wäre es sehr nett, wenn Sie es tun würden, ein großer Akt des Wohlwollens. Aber müßten Sie sich damit abfinden? Wie wäre es, wenn es sich nicht nur um 9 Monate, sondern um 9 Jahre handelte? Oder sogar länger?
Wie wäre es, wenn der Krankenhausdirektor sagen würde, "ich gebe zu, dies ist ein hartes Schicksal, aber Du mußt nun für den Rest Deines Lebens mit dem angeschlossenen Geiger im Bett verbringen. Denn, denk daran: Alle menschlichen Personen haben ein Recht auf Leben und Geiger sind Personen. Natürlich muß man zugestehen, daß Du ein Recht darauf hast, über Deinen eigenen Körper zu entscheiden, aber das Recht einer Person zu überleben ist bedeutender als Dein Recht, zu entscheiden, was in und mit Deinem Körper geschieht. Deshalb kannst Du niemals mehr von dem Geiger getrennt werden."
Ich nehme an, Sie würden derartige Argumentationen als empörend empfinden. Dies legt es nahe, daß mit dem vorangehenden Argument irgend etwas fundamental nicht in Ordnung sein muß.
Mittwoch, November 12, 2003
Philosophen mit Wert
In einem Diskussionsbeitrag für solohq.com nennt Reginald Firehammer folgende Philosophen, die seiner Meinung nach einen positiven Nettobeitrag zur Geschichte der Philosophie geleistet haben: Thales, Anaximander, Anaximenes, Aristoteles, Peter Abelard, William von Ockham , Sir Francis Bacon, John Locke und Ayn Rand. Bei allen anderen Philosophen wäre die Welt besser dran gewesen ohne sie, fügt er an. Zur näheren Information habe ich Links zu philophenlexikon.de gesetzt. Zu Ayn Rand gibt es bezeichnenderweise dort keinen Eintrag.
In einem Diskussionsbeitrag für solohq.com nennt Reginald Firehammer folgende Philosophen, die seiner Meinung nach einen positiven Nettobeitrag zur Geschichte der Philosophie geleistet haben: Thales, Anaximander, Anaximenes, Aristoteles, Peter Abelard, William von Ockham , Sir Francis Bacon, John Locke und Ayn Rand. Bei allen anderen Philosophen wäre die Welt besser dran gewesen ohne sie, fügt er an. Zur näheren Information habe ich Links zu philophenlexikon.de gesetzt. Zu Ayn Rand gibt es bezeichnenderweise dort keinen Eintrag.
Sonntag, November 09, 2003
Hohmanns Tätervolk: Die Gottlosen
Wer die Berichterstattung über die Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann zum 3. Oktober oberflächlich in den Medien verfolgt hat, muss den Eindruck haben, Hohmann habe eine "antisemitische" Rede gehalten, in der er die Juden als "Tätervolk" bezeichnet hat. In der Rede Hohmanns findet sich allerdings auch folgende Passage: "Verbindendes Element des Bolschewismus und des Nationalsozialismus war die religionsfeindliche Ausrichtung und die Gottlosigkeit. Daher sind weder 'die Deutschen', noch 'die Juden' ein Tätervolk." Hohmanns Verteidiger berufen sich auf diese Äußerung am Schluss der Rede und verweisen darauf, dass er doch nach einer 'Täterschaft' nur gefragt und diese schließlich grundsätzlich verneint habe. Aber so einfach liegen die Dinge nicht. Die Passagen über das Verhältnis von Judentum und Sozialismus, über die überprotionale Vertretung von Juden am bolschewistischen Führungspersonal lassen durchaus den Eindruck aufkommen, dass Hohmann dieser These anhängt. Er präsentiert sehr ausführlich und detailreich die Fakten, die eine Kollektivschuld begründen könnten. Seine explizite Aussage steht im Widerspruch zu dem, was er implizit sagt. Hohmann glaubt zu erkennen, dass die Deutschen als "Tätervolk" stigmatisiert werden und greift zu dem Gegenmitteln, nun seinerseits das vermeintliche "Opfervolk" anzuklagen. Die Juden als "Tätervolk" gerät bei Hohmann zur jederzeit reaktivierbaren Drohkulisse, die dann in die Diskussion eingebracht werden könnte, wenn nicht der Vorwurf des "Tätervolks" von den Deutschen genommen wird. Hohmann verwirft schließlich in einer argumentativen Wende die These vom "Tätervolk" für die Deutschen und Juden gänzlich, um sofort ein neues Tätervolk zu entdecken, nämlich "die Gottlosen", was in den Medien kaum Beachtung gefunden hat. Wenn Hohmann das Ziel gehabt haben sollte, das Konzept einer Kollektivschuld der Deutschen zu demontieren, sind die von ihm gewählten argumentativen Mittel ungeeignet. Ob Hohmann überhaupt das Konzept einer Kollektivschuld für begründbar hält oder ausschließlich individuelle Schuld annimmt, läßt sich aus dem Text seiner Rede nicht zweifelsfrei schließen.
Aus einer linken Perspektive wird Hohmann vorgeworfen, Nazis und Kommunisten in einen Topf zu werfen. Kritikwürdig ist allerdings nicht, dass Hohmann zu einer Gleichsetzung von roten und brauen Kollektivisten kommt, denn diese ist zutreffend, sondern dass er diese aus der vermeintlichen Gemeinsamkeit "Gottlosigkeit" ableitet, nicht aus solchen Konzepten wie Altruismus, Kollektivismus und Mystizismus. Das Negativum "Gottlosigkeit" erklärt in diesem Zusammenhang gar nichts, denn es weist nur ein weiteres Negativum -"Gott"- hin, dass Hohmann nur damit erklären könnte, dass der menschliche Verstand es nicht zu begreifen vermag. Und außerdem sollte es selbst einem religiösen Konservativen wie Hohmann möglich sein, zu erkennen, dass vernunftorientierte, gottlose Liberale derartige Verbrechen, wie sie Kommunisten und Nazis begangen haben, nicht begehen würden. Mit welch Irrationalität religiöse Konservative geschichtliche Ereignisse analysieren, zeigt auch Alexander Solschenizyn in seinem kürzlich veröffentlichtem Buch "Die Juden in der Sowjetunion", in dem er den Internationalismus der Bolschewisten zu ihren zentralen Kennzeichen macht: "Nicht in der Volkszugehörigkeit lag der wichtigste Schlüssel zur Erklärung, sondern im scharfen, böigen Wind des Internationalismus, der für die ganze frühsowjetische Zeit kennzeichnend war."
Der genannte Vorwurf des Mystizismus perlt auch von den Kommunisten nicht ab. Rand nennt sie Neo-Mystiker oder Muskelmystiker: "Kommunisten, wie alle Materialisten, sind Neo-Mystiker: es zählt nicht, ob jemand den Verstand verwirft zugunsten von Offenbarungen oder zugunsten von bedingten Reflexen. Die grundlegende Prämisse und die Resultate sind die gleichen." Oder in den Worten von Goya: "Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer". Auch der Zusammenhang zwischen Judentum und Sozialismus, den Hohmann konstruiert, bleibt oberflächlich, weil Hohmann in diesem Zusammenhang das Christentum völlig ausblendet. Erweitert man die Perspektive und spricht von einer judeo-christlichen Tradition und setzt diese in eine Beziehung zur Entwicklung von Sozialismus und Kommunismus läßt sich folgende Schlußfolgerung ziehen, wie es etwa Joseph Kellard tut: "Der moderne Wohlfahrtsstaat, die vorherrschende Politik der Linken, ist ein Auswuchs von Karl Marx, dem Vater des modernen Kommunismus, eine Ideologie, die ein Auswuchs des Judeo-Christentums ist. Die Kommunisten verwerfen Gott, aber halten an der judeo-christlichen Ehtik fest."
In einer scharfen Kritik an Hohmanns Thesen hat der liberale Publizist Richard Herzinger in Die Zeit diesem Geschichtsklitterung vorgeworfen, räumt aber die Existenz Kommunisten jüdischer Herkunft in der frühen Sowjetunion ein: "Was an Hohmanns Auslassungen über die 'Täterschaft der Juden' in Spurenelementen historisch zutrifft, ist der Umstand, dass es in der Frühphase der russischen Revolution im bolschewistischen Apparat - in Relation zu der jüdischen Gesamtbevölkerung Russlands betrachtet- überdurchschnittlich viele Funktionäre jüdischer Herkunft gegeben hat. Auf die Gesamtzahl bolschewistischer Funktionäre berechnet, war sie jedoch gleichwohl eine kleine Minderheit. Im Verlauf der Entwicklung der Sowjetunion und endgültig unter dem stalinistischen Regime richteteten sich Säuberungen und Terror dann gezielt auch gegen Juden." Auch Norman Podhoretz bemerkt in der amerikanischen Zeitschrift Commentary vom Juni 1985 "die Tatsache, ...dass Revolutionäre jüdischen Ursprungs eine so wichtige Rolle bei der Verbreitung des Kommunismus in Russland" gespielt haben. Hohmann nennt die Zahl von 2 % Juden an der gesamten Bevölkerung der Sowjetunion des Jahres 1934, was natürlich augenfällig kontrastiert zu den erheblich höheren Anteilen von Juden auf der bolschewistischen Führungsebene. Die Juden waren allerdings in der Intelligenz des Landes überdurchschnittlich vertreten, die ihrerseits von marxistischen Gedanken vor dem kommunistischen Umsturz erheblich durchsetzt war. Aber dies kann keine Kollektivschuld der Juden begründen, zumal Hohmann selbst einräumt, dass sich die jüdischen Bolschewisten von ihrer Religion getrennt hätten, was die Frage aufwirft ob sie dann überhaupt noch als Juden zu apostrophieren sind, wo die "gottlosen Nazis" doch immerhin noch Deutschen geblieben waren.
Herzinger wirft Hohmann auch vor, dass seine ganze Konstruktion auf der Unterstellung basiere, "die Deutschen" seien von "irgend einer offiziellen Stelle" als Tätervolk eingestuft worden: "In Wahrheit existiert eine solche Einstufung nicht." Richtig ist, dass Hohmann in seiner Rede außer eines Zitats von Daniel Goldhagen ("Mörder von Geburt") keine weiteren Belege für seine These anführt, aber Hohmanns Argumentation zielt auf die Ablehnung einer "Kollektivschuld" zumindest gegenüber den heutigen Deutschen, auch in der Variante wie sie etwa Herzinger selbst vertritt. Während Hohmann eine mögliche Schuld der zwischen 1933 und 1945 lebenden erwachsenen Deutschen überhaupt nicht thematisiert, scheint für Herzinger die "Verantwortung" der Deutschen immer noch anzudauern. Wie begründet aber Herzinger die Schuld der nach 1945 geborenen Deutschen, die im Gegensatz zur Generation ihre Eltern gar keine Chance hatte, handelnd einzugreifen? Welche Verantwortung leitet er aus ihrer vermeintlichen Schuld ab? Dass die Deutschen sich mit den Verbrechen der Nazis beschäfigen sollten? Ja, das sollten sie tun, aber nicht weil sie zufällig als Deutsche geboren wurden und damit schuldig sind, sondern weil freie Menschen, die dies auch bleiben wollen , sich zu jeder Zeit und an jedem Ort mit den philosophischen Voraussetzungen von Freiheit beschäftigen sollten. Es war eben kein Zufall, dass der Nationalsozialismus sich in Deutschland entwickeln konnte und nicht in England oder den Vereinigten Staaten, was aber nichts mit einem Gendefekt der Deutschen zu tun hatte, sondern mit der weiten Verbreitung bösartiger Ideen in diesem Land, die von ihren führenden Philosophen ausging, deren Ideen sich popularisierten und vulgarisierten, bis sie schießlich in ihren barbarischen Formen bei Nazis und Kommunisten landeten. Ideen treiben Täter an, nicht ihr ethnischer Hintergrund.
Wer die Berichterstattung über die Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann zum 3. Oktober oberflächlich in den Medien verfolgt hat, muss den Eindruck haben, Hohmann habe eine "antisemitische" Rede gehalten, in der er die Juden als "Tätervolk" bezeichnet hat. In der Rede Hohmanns findet sich allerdings auch folgende Passage: "Verbindendes Element des Bolschewismus und des Nationalsozialismus war die religionsfeindliche Ausrichtung und die Gottlosigkeit. Daher sind weder 'die Deutschen', noch 'die Juden' ein Tätervolk." Hohmanns Verteidiger berufen sich auf diese Äußerung am Schluss der Rede und verweisen darauf, dass er doch nach einer 'Täterschaft' nur gefragt und diese schließlich grundsätzlich verneint habe. Aber so einfach liegen die Dinge nicht. Die Passagen über das Verhältnis von Judentum und Sozialismus, über die überprotionale Vertretung von Juden am bolschewistischen Führungspersonal lassen durchaus den Eindruck aufkommen, dass Hohmann dieser These anhängt. Er präsentiert sehr ausführlich und detailreich die Fakten, die eine Kollektivschuld begründen könnten. Seine explizite Aussage steht im Widerspruch zu dem, was er implizit sagt. Hohmann glaubt zu erkennen, dass die Deutschen als "Tätervolk" stigmatisiert werden und greift zu dem Gegenmitteln, nun seinerseits das vermeintliche "Opfervolk" anzuklagen. Die Juden als "Tätervolk" gerät bei Hohmann zur jederzeit reaktivierbaren Drohkulisse, die dann in die Diskussion eingebracht werden könnte, wenn nicht der Vorwurf des "Tätervolks" von den Deutschen genommen wird. Hohmann verwirft schließlich in einer argumentativen Wende die These vom "Tätervolk" für die Deutschen und Juden gänzlich, um sofort ein neues Tätervolk zu entdecken, nämlich "die Gottlosen", was in den Medien kaum Beachtung gefunden hat. Wenn Hohmann das Ziel gehabt haben sollte, das Konzept einer Kollektivschuld der Deutschen zu demontieren, sind die von ihm gewählten argumentativen Mittel ungeeignet. Ob Hohmann überhaupt das Konzept einer Kollektivschuld für begründbar hält oder ausschließlich individuelle Schuld annimmt, läßt sich aus dem Text seiner Rede nicht zweifelsfrei schließen.
Aus einer linken Perspektive wird Hohmann vorgeworfen, Nazis und Kommunisten in einen Topf zu werfen. Kritikwürdig ist allerdings nicht, dass Hohmann zu einer Gleichsetzung von roten und brauen Kollektivisten kommt, denn diese ist zutreffend, sondern dass er diese aus der vermeintlichen Gemeinsamkeit "Gottlosigkeit" ableitet, nicht aus solchen Konzepten wie Altruismus, Kollektivismus und Mystizismus. Das Negativum "Gottlosigkeit" erklärt in diesem Zusammenhang gar nichts, denn es weist nur ein weiteres Negativum -"Gott"- hin, dass Hohmann nur damit erklären könnte, dass der menschliche Verstand es nicht zu begreifen vermag. Und außerdem sollte es selbst einem religiösen Konservativen wie Hohmann möglich sein, zu erkennen, dass vernunftorientierte, gottlose Liberale derartige Verbrechen, wie sie Kommunisten und Nazis begangen haben, nicht begehen würden. Mit welch Irrationalität religiöse Konservative geschichtliche Ereignisse analysieren, zeigt auch Alexander Solschenizyn in seinem kürzlich veröffentlichtem Buch "Die Juden in der Sowjetunion", in dem er den Internationalismus der Bolschewisten zu ihren zentralen Kennzeichen macht: "Nicht in der Volkszugehörigkeit lag der wichtigste Schlüssel zur Erklärung, sondern im scharfen, böigen Wind des Internationalismus, der für die ganze frühsowjetische Zeit kennzeichnend war."
Der genannte Vorwurf des Mystizismus perlt auch von den Kommunisten nicht ab. Rand nennt sie Neo-Mystiker oder Muskelmystiker: "Kommunisten, wie alle Materialisten, sind Neo-Mystiker: es zählt nicht, ob jemand den Verstand verwirft zugunsten von Offenbarungen oder zugunsten von bedingten Reflexen. Die grundlegende Prämisse und die Resultate sind die gleichen." Oder in den Worten von Goya: "Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer". Auch der Zusammenhang zwischen Judentum und Sozialismus, den Hohmann konstruiert, bleibt oberflächlich, weil Hohmann in diesem Zusammenhang das Christentum völlig ausblendet. Erweitert man die Perspektive und spricht von einer judeo-christlichen Tradition und setzt diese in eine Beziehung zur Entwicklung von Sozialismus und Kommunismus läßt sich folgende Schlußfolgerung ziehen, wie es etwa Joseph Kellard tut: "Der moderne Wohlfahrtsstaat, die vorherrschende Politik der Linken, ist ein Auswuchs von Karl Marx, dem Vater des modernen Kommunismus, eine Ideologie, die ein Auswuchs des Judeo-Christentums ist. Die Kommunisten verwerfen Gott, aber halten an der judeo-christlichen Ehtik fest."
In einer scharfen Kritik an Hohmanns Thesen hat der liberale Publizist Richard Herzinger in Die Zeit diesem Geschichtsklitterung vorgeworfen, räumt aber die Existenz Kommunisten jüdischer Herkunft in der frühen Sowjetunion ein: "Was an Hohmanns Auslassungen über die 'Täterschaft der Juden' in Spurenelementen historisch zutrifft, ist der Umstand, dass es in der Frühphase der russischen Revolution im bolschewistischen Apparat - in Relation zu der jüdischen Gesamtbevölkerung Russlands betrachtet- überdurchschnittlich viele Funktionäre jüdischer Herkunft gegeben hat. Auf die Gesamtzahl bolschewistischer Funktionäre berechnet, war sie jedoch gleichwohl eine kleine Minderheit. Im Verlauf der Entwicklung der Sowjetunion und endgültig unter dem stalinistischen Regime richteteten sich Säuberungen und Terror dann gezielt auch gegen Juden." Auch Norman Podhoretz bemerkt in der amerikanischen Zeitschrift Commentary vom Juni 1985 "die Tatsache, ...dass Revolutionäre jüdischen Ursprungs eine so wichtige Rolle bei der Verbreitung des Kommunismus in Russland" gespielt haben. Hohmann nennt die Zahl von 2 % Juden an der gesamten Bevölkerung der Sowjetunion des Jahres 1934, was natürlich augenfällig kontrastiert zu den erheblich höheren Anteilen von Juden auf der bolschewistischen Führungsebene. Die Juden waren allerdings in der Intelligenz des Landes überdurchschnittlich vertreten, die ihrerseits von marxistischen Gedanken vor dem kommunistischen Umsturz erheblich durchsetzt war. Aber dies kann keine Kollektivschuld der Juden begründen, zumal Hohmann selbst einräumt, dass sich die jüdischen Bolschewisten von ihrer Religion getrennt hätten, was die Frage aufwirft ob sie dann überhaupt noch als Juden zu apostrophieren sind, wo die "gottlosen Nazis" doch immerhin noch Deutschen geblieben waren.
Herzinger wirft Hohmann auch vor, dass seine ganze Konstruktion auf der Unterstellung basiere, "die Deutschen" seien von "irgend einer offiziellen Stelle" als Tätervolk eingestuft worden: "In Wahrheit existiert eine solche Einstufung nicht." Richtig ist, dass Hohmann in seiner Rede außer eines Zitats von Daniel Goldhagen ("Mörder von Geburt") keine weiteren Belege für seine These anführt, aber Hohmanns Argumentation zielt auf die Ablehnung einer "Kollektivschuld" zumindest gegenüber den heutigen Deutschen, auch in der Variante wie sie etwa Herzinger selbst vertritt. Während Hohmann eine mögliche Schuld der zwischen 1933 und 1945 lebenden erwachsenen Deutschen überhaupt nicht thematisiert, scheint für Herzinger die "Verantwortung" der Deutschen immer noch anzudauern. Wie begründet aber Herzinger die Schuld der nach 1945 geborenen Deutschen, die im Gegensatz zur Generation ihre Eltern gar keine Chance hatte, handelnd einzugreifen? Welche Verantwortung leitet er aus ihrer vermeintlichen Schuld ab? Dass die Deutschen sich mit den Verbrechen der Nazis beschäfigen sollten? Ja, das sollten sie tun, aber nicht weil sie zufällig als Deutsche geboren wurden und damit schuldig sind, sondern weil freie Menschen, die dies auch bleiben wollen , sich zu jeder Zeit und an jedem Ort mit den philosophischen Voraussetzungen von Freiheit beschäftigen sollten. Es war eben kein Zufall, dass der Nationalsozialismus sich in Deutschland entwickeln konnte und nicht in England oder den Vereinigten Staaten, was aber nichts mit einem Gendefekt der Deutschen zu tun hatte, sondern mit der weiten Verbreitung bösartiger Ideen in diesem Land, die von ihren führenden Philosophen ausging, deren Ideen sich popularisierten und vulgarisierten, bis sie schießlich in ihren barbarischen Formen bei Nazis und Kommunisten landeten. Ideen treiben Täter an, nicht ihr ethnischer Hintergrund.
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