Sonntag, Juli 06, 2003

Der liberale Eiertanz um die Wehrpflicht
Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hat in einem Antrag erneut die Aussetzung der Wehrpflicht gefordert. In einem Antrag vom 1. 7. 2003 heißt es wörtlich: "Die Aufrechterhaltung der Allgemeinen Wehrpflicht ist sicherheitspolitisch nicht länger erforderlich und, auf Grund fehlender Dienstgerechtigkeit, gesellschaftspolitisch inakzeptabel. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, unverzüglich den Beschluss zur Aussetzung der Allgemeinen Wehrpflicht zu fassen,..." Für eine Partei mit einem liberalen Anspruch ist es äußerst beschämend, wenn in der Begründung für eine "Aussetzung" der Wehrpflicht keine grundlegende Bewertung der Wehrpflicht vorgenommen wird, sondern lediglich auf veränderte aktuellen Umstände verwiesen wird.

Werfen wir nun einen Blick auf die liberale "Konkurrenz" der FDP, die zwar mit weitaus geringeren Mitgliederzahlen aufwarten kann, bei denen man aber eine etwas prinzipienfestere Haltung zumindest vermuten könnte.
Bei den Freien Liberalen heißt es: "Die Bundeswehr sollte langfristig in eine Berufs- und Freiwilligenarmee übergeführt werden, da bei den derzeitigen äußeren Gegebenheiten eine Wehrpflicht nicht mehr zu rechtfertigen ist, insbesondere da die Wehrpflicht einen massiven Eingriff in die individuellen Persönlichkeitsrechte und Entscheidungsfreiheiten des Einzelnen darstellt ..." Die Freien Liberalen erkennen zwar, dass es sich bei der Wehrpflicht um einen massiven Eingriff in individuelle Rechte handelt, sie sehen aber -wie die FDP auch- bei einer Änderung der "äußeren Gegebenheiten" diese Eingriffe offensichtlich als gerechtfertigt an.

Noch düsterer sieht es beim Liberalen Forum Deutschland aus, einer 1995 gegründeten Partei mit derzeit etwa 100 Mitgliedern. Es wird zwar eine Berufsarmee gefordert -ohne näher auf die Wehrpflicht einzugehen-, gleichzeitig wird aber einer nationalen Dienstpflicht das Wort geredet: "Das LFD plädiert im Rahmen der Verantwortung des Einzelnen innerhalb einer Sozialgemeinschaft für die Einführung eines 'sozialen Dienstes' für beide Geschlechter nach Vollendung des 18. Lebensjahres, um den Gemeinsinn zu fördern."

Am konsequentensten und deutlichsten äußern sich die mittlerweile personell arg reduzierten Die Freien zum Thema Wehrpflicht und allgemeine Dienstpflicht: "Die Wehrpflicht ist ein sehr schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit, und die Freiheit ist der wichtigste Bestandteil menschlicher Existenz. Er ist ungerecht, weil der Staat nicht willkürlich und systematisch seine Bürger wieder ihren Willen zu einem bewaffneten oder unbewaffneten Zwangsdienst verpflichten darf."

Anders als die bisher genannten Parteien findet sich bei der Pro Bürger Partei in ihrem Entwurf eines Grundsatzprogrammes, was im Juli auf dem Bundesparteitag verabschiedet werden soll, ein deutliches Bekenntnis zur Allgemeinen Wehrpflicht. Sie muesse "auf absehbarer Zeit in einer lebensfähigen Form erhalten bleiben." Ohne auf die Verletzung der individuellen Rechte durch die Wehrpflicht überhaupt einzugehen werden pragmatische Gründe wie z. B. die Nachwuchsgewinnung zur Begründung herangezogen.
In anderen Äußerungen auf der Website der Partei wird allerdings eine Abschaffung der Wehrpflicht bis 2008 gefordert, bei gleichzeitiger Einführung eine Pflichthalbjahres, da jede Bürgerin und jeder Bürger die Verpflichtung habe, seinen oder ihren Beitrag für das "Gemeinwohl" zu leisten.

Für Ayn Rand war die Wehrpflicht von allen Verletzungen der individuellen Rechte in einer gemischten Wirtschaft die schlimmste: "Sie negiert das fundamentale Recht des Menschen -das Recht auf Leben- und etabliert das fundamentale Recht des Etatismus: dass das Leben eines Menschen dem Staat gehört, und der Staat darf es dadurch beanspruchen, dass er ihn zwingt, es im Kampf zu opfern." Für ein freies Land ist einzig eine Freiwilligenarmee der richtige, moralische Weg die Verteidigung der Nation zu organisieren. Auch eine allgemeine Dienstpflicht außerhalb des militärischen Sektors ist ein kollektivistischer Eingriff in die Rechte des Individuums. Dem Kollektiv wird das Recht zugestanden, auf Individuen als Arbeitssklaven auf Zeit zurückgreifen zu können. Dem Individuum wird auf der anderen Seite sein Recht auf Freiheit genommen. Eine solche Politik ist Ausdruck der Ethik des Altruismus, die in der Aufopferung des Individuums das höchste moralische Ideal sieht. Die Altruisten interessieren sich nur für die, die leiden, nicht für jene, die dem Leiden abhelfen könnten, nicht einmal dafür, ob sie in der Lage sind, zu überleben. Eine solche Ethik ist ohne Zwang nicht umsetzbar, wie wir deutlich an Forderungen nach einer allgemeinen Dienstpflicht sehen. "Altruismus ist unvereinbar mit Freiheit, mit Kapitalismus und mit individuellen Rechten. Man kann nicht das Streben nach Glück mit dem moralischen Status eines Opfertieres kombinieren", schreibt Rand in ihrem Buch The Virtue of Selfishness .

Parteiprogramme liberaler Parteien sollten sich der Ethik des Egoismus und darauf basierend den unveräußerlichen Rechten des Einzelnen auf Leben, Freiheit und dem Streben nach Glück verschreiben. Sie sollten erkennen, dass das System, was mit der altruistischen Ethik vereinbar ist, der Sozialismus in all seinen Spielarten ist - Faschismus, Nazismus und Kommunismus.

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