Freitag, Februar 06, 2004

Ausbeuter und Opfer im Einzelhandelsstreik
In Kalifornien geht der Streik im Einzelhandel in den vierten Monat, und ein Ende ist nicht in Sicht. Gegenstand des Streiks sind Vorschläge der Arbeitgeber, die bestimmte Zuschüsse für die Arbeitnehmer abbauen wollen, um damit Kosten zu senken und wettbewerbsfähig zu bleiben. Hierbei dürften auch die geplanten Eröffnungen von Wal-Mart Supercentern eine Rolle spielen. Der Spiegel berichtete in seiner Online-Ausgabe vom 3. Dez. 2003 über den Streik unter der Überschrift "Streiken gegen die Wal-Martisierung". Die ideologische Richtung des Artikels wird bereits mit dem Begriff "Invasion" ( Welch ein Ausdruck für die Eröffnung von Supermärkten!) für die Neueröffnungen der Wal-Mart-Supermärkte deutlich.

Um Tendenz des Spiegel-Kommentar deutlich zu machen, möchte ich ihn mit einem Kommentar von Elan Journo und Brian P. Simpson vom Ayn Rand Institute vergleichen.
Der Spiegel zitiert aus einem Kommentar der New York Times: "Wal-Mart hält die amerikanischen Werte hoch. Jemand sollte das Unternehmen daran erinnern, dass dazu auch gehört, den Angestellten genug Lohn für ein anständiges Leben zu bezahlen." Für den Kommentor der NYT scheint nur zählen, dass ein Arbeitnehmer sich wünscht, genug Lohn für ein "anständiges Leben", was immer das auch heißen mag, gezahlt zu bekommen, und nicht die Perspektive der Unternehmen, die diese Löhne durch ihre Einnahmen am Markt bezahlen müssen. Elan Journo und Brian P. Simpson vom Ayn Rand Institute drücken den Zusammenhang folgendermaßen aus: "Ein rationaler Arbeitgeber erwartet, dass er Löhne zahlt, die ihn befähigen, einen Profit zu machen - nicht so hoch, dass er die Preise erhöhen muss und Kunden verliert, aber auch nicht so niedrig, dass er keine fähigen Mitarbeiter gewinnen und halten kann."

Für den Spiegel ist völlig klar, dass Wal-Mart der Buhmann ist, der seinen Mitarbeitern zu niedrige Löhne zahlt: "Der Handelsriese ist mit 1,2 Millionen Angestellten der größte private Arbeitgeber und beschäftigt nur Mitarbeiter, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind. Die Löhne bei Wal-Mart liegen daher auch um zehn Dollar pro Stude niedriger als die der großen Supermarktketten in den USA: Wal-Mart zahlt neuen, die anderen Märkte 19 Dollar."
Welchen Konsequenzen diese Lohnunterschiede haben, lesen wir bei Journo und Simpson: "In Geschäften mit gewerkschaftlich organisiertem Personal wird den Mitarbeitern 10 $ 'mehr' pro Stunde gezahlt als in gewerkschaftsfreien Geschäften. Diese künstlich hohen Löhne haben einen Einfluss auf die Preise: ein Einkaufswagen mit Lebensmitteln ist 17 bis 19 % billiger in gewerkschaftsfreien Geschäften."

Für den Spiegel scheint es auch keine Arbeitnehmer in den den Supermärkten zu geben, die gar nicht streiken wollen, die es aber offenbar gibt, denn, wie Journo und Simpson schreiben, "hat eine bedeutende Zahl von ihnen nicht für den Streik gestimmt." Journo und Simpson weisen auch darauf hin, dass andere Arbeitsverträge als die von den Gewerkschaften gebilligten nicht möglich sind, und zudem die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft verpflichtend sei, wenn die Mehrheit der Arbeiter dies wünscht.

Die Lösung in diesem Streit sehen Journo und Simpson in der Anerkennung der Individualrechte aller Beteiligten: "Die Lösung für diesen Streik und allen ähnlichen Auseinandersetzungen ist die die Anerkennung des Rechtes von Händlern -seien sie Arbeiter oder Arbeitgeber-, 'freiwillig' zu gegenseitig vorteilhaften Vereinbarungen zu kommen."Dazu sollte das National Labor Relations Gesetz aus dem Jahr 1935 abgeschafft werden, das die Arbeitgeber zwingt, mit den Gewerkschaften zu verhandeln und verhindert, dass streikende Arbeiter entlassen werden können.

Donnerstag, Februar 05, 2004

Darwin ignoriert
Washington - Im US-Bundesstaat Georgia ist in geplanten neuen Lehrplänen das Wort "Evolution" im Biologieunterricht nicht mehr enthalten, stattdessen soll von "Veränderungen im Laufe der Zeit" die Rede sein. Auch werde die Geschichte der Erde künftig nicht mehr als "lange" dargestellt, berichtet die "New York Times". Mit derartigen Änderungen soll der Biologie-Unterricht offenbar in Einklang mit der christlichen Schöpfungsgeschichte gebracht werden.

Manche Christen in den USA nehmen die Bibel wörtlich und geben das Alter der Erde daher nur mit einigen tausend Jahren an. Auch lehnen sie die Abstammungslehre von Charles Darwin ab, wonach sich die Menschheit in einem langen natürlichen Selektionsverfahren aus Tieren entwickelt hat, sondern glauben Gott habe die Erde und alles Leben auf ihr in nur sechs Tagen geschaffen.


Quelle: Der Standard

Über den in den USA weit verbreiteten kreationistischen Irrglauben schreibt Edward Hudgins vom Objectivist Center: "Ein einzigartiges Merkmal des Kreationismus, verglichen mit anderen irrigen Vorstellungen, ist, dass er so klar und nachweislich falsch ist. Kreationisten müssen die Naturgesetzte ignorieren, die von der Geologie, Paläontologie, Physik, Astronomie und vielen anderen Wissenschaften entdeckt wurden. Sie müssen buchstäblich Millionen von Fakten ignorieren, durch die wir diese Naturgesetze kennen." Laut einer Gallup-Umfrage aus dem Jahr 1991 sind allerdings nur 9 % der Amerikaner der Auffassung, dass der Mensch sich ohne die Unterstützung von Gott entwickelt hat. "Glücklicherweise", schreibt Hudgins, "ist die große Mehrheit der amerikanischen Wissenschaftler dieser Meinung."


Mittwoch, Februar 04, 2004

Wo sich Objektivisten treffen
Am Samstag, den 21. Februar, wollen sich Ayn-Rand-Fans an vielen verschiedenen Orten auf der Welt treffen. Bisher haben sich 371 Personen angemeldet, wobei New York der Spitzenreiter ist. Aber immerhin hat sich für Düsseldorf auch schon eine Person angemeldet. Und wie ich gerade sehe, gilt dies jetzt auch für Berlin und Frankfurt.

Kontakt hier

Dienstag, Februar 03, 2004

Daniel Pipes: Hisbollah siegt, Israel läßt nach
Als er 1787 kurz vor dem Ende der Verfassung gebenden Versammlung in Philadelphia gefragt wurde, ob man eine Monarchie oder eine Republik geschaffen habe, antwortete Benjamin Franklin: „Eine Republik, wenn man sie erhalten kann."

An seinen Pessimismus erinnert man sich, wann immer eine Republik einen fürchterlichen Fehler macht – von der französischen Appeasement-Politik gegenüber Deutschland in den 1930-ern über die amerikanische Politik des „Schritt für Schritt" in Vietnam bis hin zur südkoreanischen „Sonnenschein-Politik", die heute im Gange ist.

Franklins Sorgen erschienen Donnerstag letzter Woche erneut aktuell, als Israel einen äußerst ungewöhnlichen Tausch durchführte – mit der Hisbollah, einer der weltweit führenden Terrorgruppen.

Im Austausch für einen israelischen, zivilen Gauner, der bei der Ausübung dubioser Geschäfte gefangen genommen wurde, sowie den sterblichen Überresten dreier israelischer Soldaten ließ
Israel 429 lebende Terroristen und Kriminelle frei, darunter 400 Palästinenser, 23 Libanesen, fünf andere Araber und einen Deutschen; dazu kamen noch 59 Leichname.

Es überrascht nicht sonderlich zu erfahren, dass – wie es die New York Times beschreibt – dieser Austausch „einen Tag nationaler Feiern" im Libanon verursachte und eine „ernste" Stimmung in Israel. Genauso wenig erstaunt es zu hören, dass der israelische Premierminister Ariel Scharon die Gegenwart als „keine Zeit der Freude" beschreibt.

Scharon fuhr fort seine Motive für die Durchführung des Austauschs zu erklären, indem er auf die Verwandten der toten israelischen Soldaten verwies: „Drei liebe Familien, deren Mitglieder in den 40 vergangenen Monaten keine Ruhe kannte, werden nun in der Lage sein, ihre Trauer an ein bescheidenes Grab zu tragen und die Fassung wurde als Versprechen gehalten und Recht und eine moralische Entscheidung wurden trotz des hohen Preises getroffen."

Der vollständige Text von Daniel Pipes in deutscher Sprache hier

Montag, Februar 02, 2004

Perspektive 2005
Das Objectivist Center (TOC) bietet für Graduierte zum Erwerb eines höheren Grads ein Stipendium bis zu 12 000 $ pro Jahr an. Zunächst zeigt diese Meldung, dass das TOC offenbar doch nicht auf einem absteigenden Ast ist, wie einige Anhänger des ARI ihm nachsagen, und dann ist der Kontrast zu unserer Situation in Deutschland oder allgemein in Europa im Fokus dieser Meldung natürlich eklatant. Wir haben nichts, was sich mit dem TOC vergleichen ließe, vom ARI, das finanziell noch besser ausgestattet ist, ganz zu schweigen, und auf absehbare Zeit wird sich dies vermutlich auch nicht ändern. Und wenn wir 12 000 EUR zur Verfügung hätten, würden wir, da bin ich mir ganz sicher, dafür auch keine Stipendien finanzieren. Aber zumindest ein Anfang ist auch in Deutschland gemacht mit einem verbesserten Internetangebot und mit regelmäßigen Treffen zwischen einigen Objektivisten. Und die Gründung einer objektivistischen Gesellschaft ist nach wie vor eine Perspektive, die aber erst dann Sinn macht, wenn ein genügend große Anzahl von Interessenten vorhanden ist. Vielleicht schaffen wir es im Jahr 2005 anläßlich des 100. Geburtstages von Ayn Rand. Interessenten gibt es mittlerweile in den Bereichen Bremen, Wiesbaden, Stuttgart und Aachen. Wer Interesse hat, Objektivisten aus seiner Gegend oder auf der nationalen Ebene kennenzulernen, möge sich bei mir melden.

Sonntag, Februar 01, 2004

Leonard Peikoff: Die DIM-Hypothese
Der Philosoph Leonard Peikoff arbeitet seit September 1999 an einem neuen Buch, The DIM Hypothesis, und es sieht so aus, als stehe seine Arbeit jetzt vor dem Abschluss, denn ansonsten würde Peikoff wohl kaum einer breiten Öffentlichkeit die Ergebnisse seiner Studien vorab bekannt machen. Der Kursus besteht aus 15 Sitzungen und wird einem weltweiten Publikum via Telefon oder Internet live vorgestellt. Der Kurs beginnt am 5. Februar und kostet den Hörer 445 $ (245 $ für Vollzeitstudenten). In dem Kurs wie auch dem Buch betrachtet Peikoff die Rolle der Integration als der fundamentalen Kraft, welche unsere Kultur und unser praktisches Leben formt. In dem Kurs diskutiert Peikoff zunächst die Natur und die vitale Bedeutung der Integration, um dann seine Hypothese auf zehn unterschiedliche Bereiche anzuwenden, wie zum Beispiel Erziehung, Physik, Rechtswesen und Literatur. Der Begriff DIM, den Peikoff verwendet, steht für drei unterschiedliche Geisteshaltungen: I (Integration), D (Disintegration), M (Misintegration).

Anmeldung unter: www.objectivistconferences.com

Kostenlos kann Dr. Peikoffs Vortrag im Ford Hall Forum aus dem Jahr 2001 angehört werden:
www.peikoff.com/fordhall.htm

Samstag, Januar 31, 2004

Tamara de Lempicka
Nach fast einem halben Jahr hat das Ayn Rand Institute auf eine E-Mail von Alexander hinsichtlich der in Warschau geborenen Malerin Tamara de Lempicka (1898 - 1980) geantwortet. Jeff Briting schreibt, dass ihm keine Äußerungen von Ayn Rand über de Lempicka bekannt wären und dass das Institut keine Kommentare über Künstler und Kunstwerke abgebe. Er sei sich aber sicher, dass es unter seinen Kollegen -als Individuen- Meinungsunterschiede über Tamara de Lempicka und Art deco selbst geben würde.

Poster.de bietet Arbeiten von Tamara de Lempicka an (hier)

Freitag, Januar 30, 2004

John Kerry - Der Kriegsheld, damals
John Kerry, seines Zeichens Bewerber um die demokratische Präsidentschaftskandidatur, wird in der deutschen Presse gern als "hochdekorierter Vietnam-Veteran" vorgestellt. Seltsam genug bei einer Presse, die dem amerikanischem Militär im allgemeinen und militärischen Einsätzen der Amerikaner im besonderen reserviert bis feindlich gegenübersteht. Aber welche Bedeutung sollten Kerrys Auszeichnungen aus der Vergangenheit für die heutige Wahlentscheidung der Amerikaner überhaupt haben?
Thomas Sowell sieht in einem Kommentar für das capmag.com die glanzvolle militärische Vergangenheit von John Kerry als irrelevant für die Entscheidung der Wähler an. Das Hier und Heute sei entscheidend: " ...Senator Kerry möchte vermeiden, dass die Wähler ihn als das erkennen, was er ist und seit Jahrzehnten gewesen ist - anti-Militär, pro-Quoten, pro-Steuern, pro-illegale-Einwander, und pro-Lehrergewerkschaften, die unsere Schulen ruiniert haben. Was Kerry vor mehr als 30 Jahren tat, ist nicht das Thema. Was er seitdem getan hat, ist es."

Donnerstag, Januar 29, 2004

Amerikas Außenpolitik in der Diskussion
Bei einer Diskussionsveranstaltung der Ayn Rand Society an der University of California in Irvine hat Yaron Brook, Executive Director beim Ayn Rand Institute, geäußert, dass er dem Krieg gegen den Irak nicht zugestimmt hat, weil der Irak keine Bedrohung für die USA darstellte und man stattdessen terroristische Nationen wie den Iran und Saudi-Arabien ins Visier nehmen sollte. Dies ist eine sehr überraschende Aussage von Brook, denn bis dato war mir keine Äußerung aus dem Ayn Rand Institute bekannt, die sich ablehnend gegenüber dem Irak-Krieg geäußert hätte, auch wenn dort die Ansicht vertreten wurde und wird, dass es bessere Ziele als den Irak gegeben hätte, wie zum Beispiel den Iran. Brook befürwortete in der Diskussion eine Außenpolitik, die sich nach dem Eigeninteresse Amerikas richten sollte. Die Vereinigten Staaten sollten keine Truppen in andere Länder schicken aus Selbstaufopferung, sondern nur in Länder, die das Eigeninteresse Amerikas bedrohten: "Amerika sollte in seiner Außenpolitik sein Eigeninteresse verfolgen. (...) Und wenn unser Eigeninteresse erfordert, dass wir gegen andere Länder in den Krieg ziehen, und die Franzosen und die Deutschen lehnen dies ab, dann müssen wir unserem Eigeninteresse folgen
und deren Besorgnisse verwerfen."

Irene Wang, Debate Held on U.S. Foreign Policy, in: New University vom 26. Jan. 1004

Mittwoch, Januar 28, 2004

Reaktion auf einen Leserbrief
In einer Mail hatte ich die Frankfurter Neue Presse auf das falsche Ledeen-Zitat in einem Artikel von Alexandra Homolar-Riechmann hingewiesen. Die Zeitung hat meine Mail offenbar an die Autorin weitergeleitet, denn in den Antwort heißt es:

"Schön, daß es gleich Reaktionen gibt.
Falls Sie dem Leser eine Quelle mitteilen möchten:
Ich habe die entsprechende Stelle zitiert nach: William O. Beeman, Military Might.
The man behind 'total war' in the Mideast, 14. Mai 2003. Er erschien mir immer als verläßliche Quelle, das Originalbuch ist hier leider schwer zu bekommen."

Wie von mir angenommen, hat die Autorin das Zitat nicht im Original nachgelesen, sondern von William O. Beeman übernommen, den sie für eine verläßliche Quelle hält oder hielt. Michael Ledeen hält Beeman eher für einen notorischen Verleumder, wie man in dem Aufsatz "Academic Standards" von ihm nachlesen kann, denn William Beeman versucht Michael Ledeen auch mit anderen Behauptungen das Leben schwer zu machen, unter anderem soll dieser auch Monarchist sein und Unterstützer von Reza Pahlavi, Sohn des verstorbenen Shahs des Iran. Das Zitat, das die Frau Homolar-Riechmann Michael Ledeen zuschreibt, stammt übrigens aus einem Aufsatz von Adam G. Merserau aus dem National Review Online.

Dienstag, Januar 27, 2004

In Erinnerung an Kay Nolte Smith (1932 - 1993)
Michelle Fram Cohen erinnert in einem Beitrag für TheAtlassphere.com an den 10. Todestag die Schrifstellerin Kay Nolte Smith, die zum Zirkel um Ayn Rand gehörte und auch für die Zeitschrift "The Objectivist" schrieb: " (...) Kay Nolte Smith war die produktivste, erfolgreichste und originellste Romanautorin aus dem inneren Zirkel von Ayn Rand." Tatsächlich war Smith überaus produktiv, wenn man bedenkt, dass ihr erster Roman "The Watcher" 1981 erschien und und sie bis zu ihrem Tod 1993 immerhin acht Bücher produzierte, einschließlich einer Übersetzung. Über Booklooker.com sind die Romane "Verdammte Seelen", "Die Schöne und der Zwerg" (Original: Tale of the Wind) und "Der Beobachter" (Original: The Watcher) zu beziehen. Greg Swann schreibt in seinem Aufsatz "The Art and Science of Kay Nolte Smith, Novelist", dass sie die einzige objektivistische Romanautorin wäre, die sich mit Rand vergleichen ließe bezüglich ihrer ästhetischen Bedeutung.

Montag, Januar 26, 2004

Verleumden statt denken
In einem Artikel über Denkfabriken ("Thinks Tanks") in der Frankfurter Neuen Presse zitiert Alexandra Homolar-Riechmann auch Michael Ledeen vom American Enterprise Institute mit folgenden Worten: "Der Totale Krieg zerstört nicht nur die militärischen Kräfte des Feindes, sondern bringt auch die feindliche Gesellschaft an einen so extrem persönlichen Entscheidungspunkt, dass sie bereit ist, eine Umkehrung ihrer kulturellen Entwicklung zu akzeptieren. Das Verschonen ziviler Leben kann keine erste Priorität des Totalen Kriegs sein. [...] Das Ziel [...] ist, einem anderen Volk unablässig den eigenen Willen aufzuzwingen." Dieses Zitat soll im englischen Original angeblich aus Ledeens Buch "Freedom Betrayed" stammen. Zufälligerweise hat ein gewisser William Beeman, Professor für Anthropologie, genau dieses Zitat in einem PNS-Kommentar vom 8. Mai 2003 Ledeen zugeschrieben. Ledeen bemerkt in einem Leserbrief, dass er sich nicht erinnern könne, jemals so etwas geschrieben zu haben, jedenfalls sei dies nicht seine Position. Der Autor Beeman entschuldigt sich dann bei Leeden für das falsche Zitat, wie auf der Site nachzulesen ist. Frau Homolar-Riechmann von der Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung schreibt eine deutsche Übersetzung eben jenes Zitats Monate später aber wieder Ledeen zu, ohne die Fakten geprüft zu haben. Wie weit können akademische Standards eigentlich noch sinken? Vielleicht erfahren wir dies in der Doktorarbeit von Frau Homolar-Riechmann. Sie promoviert derzeit über amerikanische Politik.

Sonntag, Januar 25, 2004

Altruismus: Die Anti-Selbst-Ethik
In der Zeitschrift "Gehirn & Geist" unternehmen die Autoren Ernst Fehr und Suzann-Viola Renninger den Versuch, zu beweisen, dass der Mensch "vermutlich die einzige Spezies (ist), die eine Genetik besitzt, die selbstloses, echtes altruistisches Verhalten fördert."
Auffällig an ihrer Argumentation ist eine systematische Vermischung von Altruismus und Wohlwollen. Die Befürworter des Altruismus wollen durch die Einführung solcher Begriffe wie Freundlichkeit, Kooperation und Hilfsbereitschaft die tatsächliche Bedeutung von altruistischen Handlungen vor ihren Opfern verbergen. Selbstverständlich wird auch eine Person wie Adolf Hitler nicht als Altruist präsentiert, wie es etwa Ayn Rand mit der Bemerkung tat, dass Hitler ein "glühender und expliziter Befürworter des Altruismus" war.
Auch werden altruistische Handlungen wie selbstverständlich als freiwillig erbracht dargestellt, als liefere der philosophische Altruismus keine Begründung dafür, solche Handlungen auch zu erzwingen. Eklektizistische, unphilophische Altruisten sehen den Dienst an anderen zwar als moralisch verpflichtend an, wollen diesen aber nicht durch die Anwendung von Zwang durchsetzen. Überzeugte philosophische Altruisten verwerfen diesen Ansatz allerdings als individualistisch und nehmen an, dass die Anwendung von Gewalt zur Unterdrückung der Selbstsucht ethisch gerechfertigt sei, ja sogar, wie Leonard Peikoff in seinem Aufsatz "Altruism, Pragmatism and Brutality - Part II" aus der Zeitschrift "The Ayn Rand Letter" (Dezember 1972) schreibt, "ethisch geboten" sei. Jeder Mensch, fasst Peikoff ihre Argumentation zusammen, sei das Eigentum von anderen - und diesen anderen solle auch ein lebenlang gedient werden. Wenn der Mensch versuchen sollte, das notwendige Opfer nicht freiwillig zu erbringen, schade er dadurch anderen Menschen, enthalte ihnen das vor, was moralisch ihnen gehöre.

Tatsächlich sind Wohlwollen und Altruismus nicht nur anders, sie stehen in einem völligen Widerspruch zueinander. Das Wesen des Altruismus besteht aus dem Konzept der Selbstaufopferung. "Opfer" ist die Aufgabe eines größeren Wertes zugunsten eines geringeren Wertes oder eines Nicht-Wertes. Altruismus ist eine Anti-Selbst-Ethik, weil sie Selbstlosigkeit als Ideal betrachtet. Der Altruismus verpflichtet einen Menschen dazu, die Wohlfahrt der anderen über seine eigene zu stellen. Je mehr ein Mensch seine Werte aufgibt oder betrügt, desto tugendhafter ist er. Besonders tugendhaft, weil selbstlos, sind somit Opfer gegenüber Fremden oder sogar Feinden. Das völlige gegenteilige Verhalten empfiehlt Rand rationalen Menschen: "Handle immer in Übereinstimmung mit der Hierarchie deiner Werte, und opfere nie einen größeren Wert für einen geringeren." Die Sorge um die, die wir lieben, ist ein Bestandteil der egoistischen Interessen eines Menschen und hat nichts mit altruistischer Selbstaufopferung zu tun. Eine "selbstlose", "desinteressierte" Liebe ist ein Widerspruch in sich selbst. Ein Mann, der ein Vermögen ausgibt, um die lebensbedrohende Krankheit seiner Frau behandeln zu lassen, bringt kein Opfer zu ihren Gunsten, sondern handelt entsprechend der Hierarchie seiner Werte, in der seine Frau eine überragende Stellung einnimmt. Eine Opfer wäre es allerdings, wenn dieser Mann sein Geld zur Rettung von 100 hungernden Kindern in Afrika, die keine Bedeutung für ihn haben, verwenden würde, wie die Ethik des Altruismus von ihm fordert.

Entgegen der Behauptungen der Altruisten macht der Altruismus eine wahre Brüderlichkeit unter dem Menschen unmöglich. Wer Menschen unterteilt in Opfertiere auf der einen Seite und Profiteure von menschlichen Opfern auf der anderen Seite, schafft Feindseligkeit und Hass unter den Menschen. Wer einmal eine Talk-Show im Fernsehen zum Thema "Sozialschmarotzer" verfolgt hat, wird kaum behaupten können, dass der Wohlfahrtsstaat zum Frieden unter den Menschen beiträgt, angesichts der Unversöhnlichkeit mit der sich Leistende und Profiteure gegenüberstehen.
Wohlwollen, Freundlichkeit und Respekt vor den Rechten anderer Menschen erwachsen gerade aus dem gegenteiligen Moralkodex, aus dem Prinzip, dass der Mensch eine Entität von höchstem Wert ist und eben gerade kein Opfertier, dass der Mensch kein Mittel zum Zweck der Opferleistungen für andere Menschen ist, und dass niemand das Recht auf das Opfer von irgendeinem Menschen hat. Zuerst muss der Mensch sich selber schätzen, dann kann er dieses Gefühl auch gegenüber anderen Menschen haben.

Befürworter des Altruismus kontern die Argumente von Vertretern eines rationalen Egoismus mit Beispielen aus Notfallsituationen. Ein rationaler Egoist kann anderen Menschen in Notfällen helfen, weil er den Wert des menschlichen Lebens anerkennt und seinen Mitmenschen bis zum Beweis des Gegenteils einen Kredit einräumt. Kein rationaler Mensch sollte allerdings in einen Fluss springen, um Saddam Hussein zu retten, weil dieser diesen Kredit aufgrund der bekannten Umstände verspielt hat. Um bei den Beispiel des Ertrinkenden zu bleiben, das Lieblingsbeispiel der Altruisten: Es ist moralisch richtig, einen Fremden vor dem Ertrinken zu retten, wenn das Risiko für das eigene Leben minimal ist. Sollte das Risiko hoch sein, ist es unmoralisch, dies zu versuchen. Wenn die Person nicht fremd ist, sollte das Risiko, dass man eingeht, größer sein in Abhängigkeit von der Wertschätzung der zu rettenden Person. Dies kann bis zum Risiko des Verlustes des eigenen Lebens gehen, wenn es um eine über alles geliebte Person geht, "aus dem selbstsüchtigen Grund, dass das Leben ohne die geliebte Person unerträglich wäre." (Ayn Rand, The Ethics of Emergencies) Diese Einstellung ist etwas völlig anderes als ein Mensch, der akzeptiert, dass es seine Pflicht ist, sein Leben in den Dienst an anderen zu stellen, dass irgendein Leiden oder irgendeine Hilflosigkeit eines anderen Menschen eine Verpflichtung für ihn selbst bedeutet. Der Altruismus fordert nicht, dass man anderen Menschen helfen soll, wenn kein Opfer erforderlich oder wenn man einen positiven Wert in einer anderen Person sieht, sondern er sieht das Recht auf der Seite von denjenigen, die Hilfe fordern, und nur Pflicht auf der Seite derjenigen, die Hilfe erbringen müssen.

Grunsätzlich sollte angemerkt werden, dass das Thema "Hilfe für andere " absolut marginal ist. Nur die Ethik des Altruismus macht daraus aus bedeutsames Thema. Altruisten bringen auch typischerweise zur Untermauerung ihrer Position Katastrophenbeispiele an, weil das normale, alltägliche Leben eines Menschen dafür nicht herhalten kann.

Literatur:
Ayn Rand, Editorial, in: The Ayn Rand Letter, Dezember 1972
Ayn Rand, The Ethics of Emergencies, in: The Objectivist Newsletter, Februar 1963
Nathaniel Brand, Benevolence versus Altruism, in: The Objectivist Newsletter, Juli 1962
Leonard Peikoff, Altruism, Pragmatism and Brutality, in: The Ayn Rand Letter, Dez. 1972

Samstag, Januar 24, 2004

Überleben ist kein Zufall
Eine Leseempfehlung möchte ich aussprechen für die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Gehirn & Geist. Hier gibt es Aufsätze zum Thema Altruismus ("Das Samariter-Paradox"), Willensfreiheit ("Freiheit, die wir meinen") und Kriminalpsychologie ("Überleben ist kein Zufall"). Der letztgenannte Aufsatz des Kriminalpsychologen Uwe Füllgrabe beschäftigt sich mit der Frage, wie wir eine Konfrontation mit gewaltbereiten Menschen gestalten können. Dabei betont der Autor die Bedeutung der Werte, die ein Mensch vertritt, und klingt dabei fast objektivistisch: "Gewaltorientierte Personen handeln für 'mittelschichtsorientierte' Menschen nach ungewohnten Regeln. Denn Entscheidungen in zwischenmenschlichen Interaktionen werden gemäß dem individuellen Wertesystem gefällt: Die meisten Leute beurteilen andere danach, wie sich diese auf der Achse 'freundlich' bis 'feindselig' verhalten und reagieren entsprechend. Gewaltbereite Personen jedoch passen ihr Handeln daran an, wo sie ihr Gegenüber auf der Skala von 'schwach' bis 'mächtig' vermuten." Ganz ähnlich beschreibt Nathaniel Branden die objektivistische Position in dem Aufsatz "The Objectivist Position on Volition - Part II" aus der Zeitschrift "The Objectivist" (Februar 1966): "Das Verhalten eines Menschen, d. h. seine Aktionen, rührt von seinen Werten und Prämissen her, die wiederum, im Kontext des ihm zur Verfügung stehenden Wissens, von seinem Denken oder Nicht-Denken herrühren." Füllgrabe empfiehlt für den Umgang mit gewaltbereiten Menschen eine Strategie "Tit for Tat" ("Wie du mir, so ich dir."): "Tit for Tat wird häufig zu Unrecht mit 'Auge um Auge, Zahn um Zahn' oder Ähnlichem gleichgesetzt - Definitionen, die das Vergeltungsprinzip überbetonen. Tatsächlich sieht Tit for Tat als Reaktion auf unkooperatives Benehmen keinesfalls eine massive Bestrafung vor, sondern lediglich die merkbare, für den Interaktionspartner unmissverständliche Mitteilung, dass man nicht bereit ist, sein Verhalten hinzunehmen. Bleibt dieses Signal aus, fühlt sich der andere in seinem agressiven Vorgehen bestätigt."



Freitag, Januar 23, 2004

Therapie ist nicht bequem
Therapie bedeutet nicht, sich besser zu fühlen. Therapie bedeutet Veränderung. Sie machen eine Therapie, weil Sie etwas an sich ändern wollen: Ihre Persönlichkeit, Ihr Verhalten, Ihre Lebensumstände - oder vielleicht alles zusammen. Es ist ein aktiver Prozess. Die Therapiesitzungen sind ein zentraler Bestandteil dabei, aber eben nicht alles. Die meiste Zeit, die Sie für die Therapie aufbringen, besteht daraus, sich selbst zu ändern in der Zeit außerhalb der Therapiesitzungen. Ja, Sie sollten sich schließlich besser fühlen aufgrund der Therapie. Aber Veränderung ist nicht immer bequem. "Sich gut zu fühlen" ist nicht das primäre Ziel psychischer Gesundheit.

Michael Hurd
Bush verteidigt die "Heiligkeit" der Ehe
Was ich über die Institution der Europäischen Union schrieb, läßt sich grundsätzlich auch auf eine Einrichtung wie die Ehe übertragen: sie ist eine von Menschen gemachte Institution. George W. Bush sieht dies offensichtlich anders, worauf der Ausdruck "Heiligkeit der Ehe" hinweist, den er in seiner "State of the Union"-Rede verwendet hat. Er möchte sogar die Verfassung ändern, um jede strukturelle Änderung der Institution Ehe zu verhindern, konkret die Möglichkeit einer gleichgeschlechtlichen Verbindung. Als menschengemachte Institution sollte die Ehe aber nicht "sakrosankt" sein, sondern einer Überprüfung zugänglich sein. Der Maßstab dafür sollten die Individualrechte sein. Folgt man diesem Maßstab, sollte die Ehe als privater Kontrakt ausgestaltet sein, dessen Inhalte der Staat garantiert. Da bis dahin noch ein weiter Weg ist, sollte zumindest im Rahmen der staatlichen Ehe eine Gleichbehandlung aller Bürger garantiert werden.

Donnerstag, Januar 22, 2004

Das einzige Land, in dem die Erfolgreichen vor Gericht stehen
Die FAZ zitiert Josef Ackermann, den Chef der Deutschen Bank, der in Düsseldorf vor Gericht steht: „Das ist das einzige Land, wo diejenigen, die erfolgreich sind und Werte schaffen, deswegen vor Gericht stehen“, sagt Ackermann lächelnd Prozeßbeobachtern.
Daniel Pipes: Den Koran lesen?
Jeder, den interessiert, was in unserer Welt vor sich geht, sollte etwas Zeit darauf verwenden den Koran zu lesen." Andy Rooney, berühmter Kommentator bei CBS, gab diesen Rat kurz nach dem 11.9., wie viele andere vor ihm auch.

Sein Vorschlag macht intuitiv Sinn, da die Terroristen selbst sagen, sie handelten auf der Grundlage der heiligen Schriften des Islam. Mohammed Atta, der als Anführer der Gruppen vom 11.9. angesehen wird, hatte einen Koran in dem Koffer, den er für den Flug eingecheckt hatte. Sein fünfseitiges Papier mit Ratschlägen für Mit-Entführer wies diese an, zu beten, Gott um Führung zu bitten und „weiter den Koran zu rezitieren". Osama bin Laden zitiert oft den Koran, um seine Anhänger zu motivieren und zu überzeugen.

Der vollständige Text von Daniel Pipes in deutscher Sprache hier

Mittwoch, Januar 21, 2004

Das Gespenst des Pflichtdienstes
In dem Maße indem sich die Aussetzung der Wehrpflicht und des Zivildienstes in Deutschland abzeichnet, werden auch die Stimmen immer lauter, die stattdessen ein soziales Pflichtjahr für Männer und Frauen fordern. Nicht nur Politiker von SPD und CDU (auch die Partei Rechtsstaatlicher Offensive fordert eine "schnellstmögliche Umsetzung" eines Pflichtjahres) sind von dieser Idee fasziniert, auch in der Bevölkerung -wie Meinungsumfragen ausweisen (eine Umfrage auf tageschau.de ergibt 61 % Zustimmung für ein Pflichtjahr, bei einer Erhebung im Auftrag von "Bild am Sonntag" und RTL waren es 70 %)- findet ein solcher Zwangsdienst breite Zustimmung. Christian Schütte schreibt in einem Kommentar in der Financial Times Deutschland, dass dies ein Moment sei, "in denen die tatsächliche Geistesverfassung des Landes in geradezu niederschmetternder Weise sichtbar wird." Diese Idee gehöre schleunigst vom Tisch, auch aus verfassungsrechtlichen Gründen: "Die Argumente gegen einen sozialen Zwangsdienst für jeden Jugendlichen sind banal und schlagend, dass es geradezu peinlich ist, sie noch einmal aufschreiben zu müssen. Zuerst und ganz einfach: Eine solche Arbeitspflicht ist verfassungswidrig. Höhere Staatsräson, die eine Wehrpflicht rechtfertigen kann, lässt sich für die Zwangsrekrutierung in die Sozialstationen nicht anführen." Sollte die "Staatsräson" nicht daraus bestehen, die Individualrechte zu schützen, und nicht sie zu verletzen? Die Auffassung, dass eine Wehrpflicht verfassungsrechtlich zulässig wäre, obwohl sie das Recht auf Leben infrage stellt, ein sozialer Zwangsdienst, der zumindest das Überleben des Opfers garantiert, aber grundgesetzkonform wäre, wirft kein gutes Licht auf das Grundgesetz, oder auf dessen Interpretation durch das Bundesverfassungsgericht. Auch nicht auf die FDP, die diese Auffassung teilt. Wie immer auch das Grundgesetz dieses Problem behandelt, es muss deutlich werden, dass aus einer individualistischen Weltsicht alle Zwangsdienste zu verwerfen sind, weil das Leben und die Anstrengungen eines Menschen nicht dem Staat gehören.

Für Ayn Rand war die Wehrpflicht von allen Verletzungen der individuellen Rechte in einer gemischten Wirtschaft die schlimmste: "Sie negiert das fundamentale Recht des Menschen -das Recht auf Leben- und etabliert das fundamentale Recht des Etatismus: dass das Leben eines
Menschen dem Staat gehört, und der Staat darf es dadurch beanspruchen, dass er ihn zwingt, es im Kampf zu opfern." Für ein freies Land ist einzig eine Freiwilligenarmee der richtige, moralische Weg die Verteidigung der Nation zu organisieren. Auch eine allgemeine Dienstpflicht außerhalb des militärischen Sektors ist ein kollektivistischer Eingriff in die Rechte des Individuums. Dem Kollektiv wird das Recht zugestanden, auf Individuen als Arbeitssklaven auf Zeit zurückgreifen zu können. Dem Individuum wird auf der anderen Seite sein Recht auf Freiheit genommen. Eine solche Politik ist Ausdruck der Ethik des Altruismus, die in der Aufopferung des Individuums das höchste moralische Ideal sieht. Die Altruisten interessieren sich nur für die, die leiden, nicht für jene, die dem Leiden abhelfen könnten, nicht einmal dafür, ob sie in der Lage sind, zu überleben. Eine solche Ethik ist ohne Zwang nicht umsetzbar, wie wir deutlich an Forderungen nach einer allgemeinen Dienstpflicht sehen. "Altruismus ist unvereinbar mit Freiheit, mit Kapitalismus und mit individuellen Rechten. Man kann nicht das Streben nach Glück mit dem moralischen Status eines Opfertieres kombinieren", schreibt Rand in ihrem Buch The Virtue of Selfishness .
Und man lasse sich nicht dadurch täuschen, dass nicht-philosphische, eklektische Altruisten die Freiwilligkeit von Opferhandlungen propagieren. Mit einem philosophischen Altruismus ist die Anwendung von Gewalt zur Erzwingung des Opfers absolut vereinbar.

Dienstag, Januar 20, 2004

Die Ideologie des Pragmatismus
Die Neokonservativen David Frum und Richard Perle setzen sich in einem Artikel des Wall Street Journal unter dem Titel "Beware the Soft-Line Ideologues" mit der Philosophie der außenpolitischen "Tauben" in den USA um Außenminister Colin Powell auseinander, wobei sie sich philosophisch etwas verheddern. Die außenpolitischen Tauben werden allgemein als "Realisten" beschrieben, wohingegen die Falken, wie z. B. Paul Wolfowitz, als "Ideologen" abgestempelt werden. Frum und Perle halten dagegen:

"...in Wahrheit ist es das Gegenteil. Es sind die Soft-Liner, die von Ideologie getrieben werden, die unbequeme Fakten ignorieren oder leugnen und undurchführbare Lösungen befürworten. Es sind die Hard-Liner, die die Realisten sind ..."

Bedauerlicherweise ist der Satz hier nicht zu Ende. Er lautet vollständig: "Es sind die Hard-Liner, die die Realisten sind, die Pragmatiker."

Die Philosoph Harry Binswanger vom Ayn Rand Institute analysiert in einem Beitrag für das capitalismmagazine.com die Philosophie des Pragmatismus, einer Variante des Subjektivismus, die gerade nicht für "Realismus" steht, sondern für Traumtänzerei, Wunschdenken und Prinzipienlosigkeit:

"Pragmatismus ist nicht Realismus. Pragmatismus ist die Philosophie, die auf die Realität verzichtet. Wahrheit ist, in Ayn Rands Worten, "eine Anerkennung der Realität." Wer so handelt, dass die Fakten so akzeptiert werden, wie sie sind, ist für den Erfolg gerüstet. Wer sich gegen die Fakten auflehnt, der wird scheitern. Pragmatismus ist eine Anti-Philosophie. Es ist philosophische Position, dass Philosophie heisse Luft ist. Der Pragmatismus geht davon aus -und muss davon ausgehen, angesichts seiner Metaphysik und Espistemologie-, dass das, was gestern wahr war, vielleicht heute oder morgen nicht wahr ist. Drücken wir es so aus: Die Soft-Liner sind Ideologen des Pragmatismus. Als einzige Absolutheit gehen sie davon aus, dass es keine Absolutheiten gibt. Realismus erfordert die Akzeptanz des Absolutismus der Realität, plus der Anerkennung, dass abstrakte Prinzipien das Mittel des Menschen sind, die Realität zu begreifen und mit ihr umzugehen."

Montag, Januar 19, 2004

EFTA statt EU
Josef Schüsselburner sprach am 16. Januar in Berlin auf einer Veranstaltung der Deutschen Partei über die Problematik eines möglichen Austritts aus der EU. Ein Thema, das im kommenden "Wahlkampf" zum EU-Parlament selbstverständlich keine Rolle spielen wird, jedenfalls nicht für die etablierten Parteien. Wie auf der Website der DP zu erfahren ist, hat Schüsselburner auch auf die immer noch bestehende EFTA (Europäische Freihandelsassoziation) als Alternative zur EU hingewiesen:

Wäre Deutschland in der EFTA statt in der EU, so hätten wir keinerlei Nachteile, aber würden nicht um jährlich ca. 15 Mrd. Euro erleichtert. Außerdem könne der ökonomische Ansatz der EU nicht die politische Union begründen. Die Berufseuropäer folgten bei der quasimarxistischen Konstitution von EU-Europa einer nicht immer klaren Erkenntnistheorie.

Für die etablierten politischen Kräfte in Deutschland stellt sich diese Alternative gar nicht, sie würden sich wahrscheinlich sogar weigern, überhaupt diese Frage zu diskutieren. Aber die Europäische Union ist eine von Menschen gemachte Institution, nicht etwas, dass metaphysisch gegeben ist, nichts wie unser Sonnensystem oder das menschliche Bedürfnis nach Nahrung und Wasser. Gegen die Natur können wir nicht rebellieren, aber gegen die von Menschen gemachten Fakten schon. Hier besitzen wir die Freiheit der Entscheidung, der wir uns zu stellen haben.
Oder wie es der Philosoph Leonard Peikoff formuliert: "Keine von Menschen gemachte Tatsache ist deshalb notwendig, nichts muss sein." Die EU muss nicht sein, wie Josef Schüsselburner richtig erkennt.
Dem Bösen ein Ende setzen
Zur Einstimmung auf einen noch folgenden Beitrag empfehle ich die Lektüre von Hubert Wetzels Kritik des neuen Buches von Richard Perle und David Frum, "An End to Evil. How to win the War on Terror", aus der Financial Times Deutschland. Im letzten Satz des Artikels kommt der Autor mit einem Standardvorwurf gegen die neokonservativen Falken, dem des fehlenden Realismus. Wer hier allerdings "realistisch" ist oder wer nicht, und was "Realismus" in diesem Zusammenhang bedeutet, erfährt der Leser bei Hubert Wetzel nicht. Aber morgen hier.

Auf 284 Seiten erklären Richard Perle und David Frum, wie Amerika dem Bösen in der Welt den Garaus machen und den Krieg gegen den Terror gewinnen kann. Die Autorennamen garantieren Aufmerksamkeit. Richard Perle ist einer der Vordenker der "neokonservativen" Hardliner und gilt als einflussreicher Berater von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Wenn Perle etwas schreibt, darf man annehmen, dass wichtige Mitglieder der US-Regierung zumindest ähnlich denken. David Frum schrieb früher Reden für Präsident George W. Bush. Er soll den Begriff "Achse des Bösen" erfunden haben, mit dem Bush im Januar 2002 Irak, Iran und Nordkorea titulierte. Beide arbeiten beim American Enterprise Institute (AEI), der wichtigsten neokonservativen Denkfabrik.

Sonntag, Januar 18, 2004

Ein Mahnmal für eine Ehe
Nicolas Provenzo präsentiert auf seinem Blog eine Skulptur der Künstlerin Patricia Cronin als Beispiel für die Kunstrichtung des Romantischen Realismus (Fotos hier). Die Skulptur soll als Grabstein für die Künstlerin selbst und ihre Lebensgefährtin dienen, was in Amerika Anstoß erregen könnte, wenn man den Worten von Provenzo glauben möchte. Für rationale Menschen sicherlich nicht nachvollziehbar, denn dieses Mahnmal ist eine erhabene Würdigung der Liebe und damit einhergend auch des Egoismus: "Liebe ist eine der tief gehendsten Formen der Selbstbehauptung: zu lieben heißt, jemanden wertschätzen - jemand verliebt sich in eine Person, die seine tiefsten eigenen Werte verkörpert und widerspiegelt. Liebe ist das Gegenteil von Selbstlosigkeit." (Nathaniel Branden)

Samstag, Januar 17, 2004

Kostenkontrolle oder Gerechtigkeit - Der Weg des Strafrechts
In der Präambel der amerikanischen Verfassung wird der zentrale Zweck des Staates mit den Worten beschrieben, dass "die Gerechtigkeit zu verwirklichen" und "die Ruhe im Innern zu sichern" sei. Dabei ist die Reihenfolge natürlich nicht beliebig, denn dass "Ruhe im Innern" die Folge der Verwirklichung von Gerechtigkeit ist, liegt auf der Hand, aber "Ruhe im Innern" allein verwirklicht noch keine Gerechtigkeit.

Gerechtigkeit in Bezug auf die Bekämpfung der Kriminalität erfordert als Basis der Strafjustiz das Prinzip der Retribution, d. h. der proportionalen Bestrafung des Übeltäters. Dies ist etwas völlig anderes als eine Rachejustiz, denn in diesem System ist es gerade nicht zulässig, dass private Rache, die unangemessen sein kann, gegen Täter verübt werden kann. Proportial ist eine Strafe dann, wenn das Gesetz den Grad der Schädigung anerkennt und entsprechend reagiert wird. Ein Vorgehen im Sinne eines "Auge um Auge, Zahn um Zahn" muss natürlich nicht vorliegen, d. h. eine Orientierung an der Art des Verbrechens.

Als ungerecht müssen hingegen System verworfen werden, die auf utilitaristischen Überlegungen beruhen, d.h. die allgemein eine niedrigere Kriminalitätsrate für die gesamte Gesellschaft anstreben oder andere Zielvorstellungen haben, die einer möglichst großen Zahl an Menschen einen möglichst großen Nutzen bringen sollen. Derartige Gedankensystem verbergen sich hinter Schlagworten wie "Prävention", "Rehabilitierung" oder auch "Restitution". Ein Strafrecht, welches auf dem Gedanken der Restitution basiert, findet besondere Unterstützung in anarchistischen (anarcho-kapitalistischen, markt-anarchistischen) Kreisen. Dass das Ziel eines solchen Systems nicht Gerechtigkeit ist, macht der Aufsatz "Criminals owe debt to victims, not society" von Wendy McElroy, deutlich. Sehr bezeichnend an diesem Aufsatz ist die Tatsache, dass in diesem Aufsatz das Wort "Gerechtigkeit" (justice) als Ziel ihres Rechtssystems nur ein einziges Mal vorkommt, häufig aber Begriffe wie "Steuerzahler" oder "Kosten". Und sie sagt nie, dass sie erwartet, dass ihr System zu einer Verminderung der Kriminalität beitragen könnte.

Bereits in den ersten Sätze macht die Autorin deutlich, dass es ihr in erster Linie um "Kostenkontrolle" geht, wenn sie auf die Zahl von 2 033 331 Strafgefangenen hinweist (Stand: 31.12.2002) und auf die damit verbundene, und weiter wachsende, Belastung der Steuerzahler.
Ihre Lösung fasst sie in dem Wort "Restitution" zusammen, oder in zwei zusammengesetzten Wörtern: "Opferrechte." Bedauerlicherweise hat das eine recht wenig mit dem anderen zu tun, was im folgenden Gegenstand der Untersuchung sein soll. Denn wie wäre es zum Beispiel, wenn der Ehepartner eines Mordopfers keine "Restitution" von dem Täter fordert, d. h. eine finanzielle Entschädigung, sondern den Kopf des Mörders - also seine Exekution, und damit seinem "Opferrecht" genüge getan sieht? McElroy unterstellt, dass Opfer ausschließlich oder primär daran interessiert sind, eine finanzielle Entschädigung zu erhalten, während der Staat (= die Gesellschaft) ein Interesse an Bestrafung, Unschädlichmachung und Abschreckung habe. Tatsächlich stellen aber reale Opfer von Straftaten fast immer die Forderung, dass der Täter angemessen bestraft wird, und besonders die Opfer schwerer Straftaten befürchten weitere Opfer, wenn die Täter nicht unschädlich gemacht wird. Wer auf die Opfer von Verbrechen hört, weiß, wie Ilana Mercer schreibt, dass die Formulierungen, die die Anarcho-Kapitalisten vorbringen, "zu den Anforderungen der Theorie passen, nicht der Menschlichkeit."

Gerade bei besonders schwerwiegenden Verbrechen ist eine "Wiedergutmachung" oder ein "Ersatz" schier unmöglich, denn ein Opfer könnte einen Angriff nicht überlebt haben und somit als Nutznießer einer Restitution gar nicht mehr zur Verfügung stehen oder völlig traumatisiert sein, was ein normales Leben für die Zukunft ausschließt. Zweitens tritt das Problem auf, dass das Ausmaß der Restitution strittig sein könnte, was die Befürworter eines solchen Systems auch offen einräumen. Durch Mediatoren sollen solche Streitfälle geschlichtet werden, wobei diese Institutionen sich allerdings nicht von dem von den Anarchisten verabscheuten staatlichen Justizsystem unterscheiden, da sie durch Zwang Regelungen verbindlich machen sollen.

Die Kosten, die die Täter zu tragen haben, umfassen nicht nur die direkten Zahlungen an das Opfer oder seine Hinterbliebenen, sondern auch die Gerichtskosten und die Kosten für eine mögliche zwangsweise Eintreibung der Entschädigungen. Dies listet Wendy McElroy auch auf. Nicht vergessen werden sollten allerdings auch die Kosten für die Ergreifung des Täters, die im Einzelfall in die Millionen gehen könnten. Welcher Straftäter, bei deren bekanntermaßen geringen Neigung zu einer normalen, produktiven Tätigkeit , wäre in der Lage , diese Kosten im Laufe seines Lebens zu bezahlen? Wie Robert James Bidinotto feststellt, ist die Vorstellung, dass dies ausgerechnet die unproduktivsten Mitglieder der Gesellschaft leisten können und wollen, jenseits jeder Realität: "Kriminelle sind notorisch unproduktiv, während sie einen horrenden Schaden anrichten. Von ihnen zu erwarten, dass sie in der Lage wären, die Opfer zu entschädigen, ist einfach absurd."

Am besten könnte ein Täter die Restitution natürlich erarbeiten, wenn er sich in Freiheit befände, und damit die Kosten für die Inhaftierung entfallen würden und die Organisation der Erwerbstätigkeit erleichert würde. Dass dies für die meisten Opfer schwerer Straftaten eine provozierende Ungerechtigkeit darstellen dürfte, scheint McElroy nicht ins Kalkül zu ziehen, denn trotz ihrer betont individualistischen Argumentation ("Die realen Opfer verdienen es, im Fokus des Rechts zu stehen."), ist ihr zentrales Ziel die geringstmögliche Belastung des Steuerzahlers. Bei den direkten Zahlungen an die Hinterbliebenen eines Mordopfers nennt McElroy Zahlungen für Lebensmittel, die Hypothek oder das Schuldgeld, die vom Täter zu tragen wären. Sollten derartigen Kosten aufgrund des sozialen Milieus, in dem das Opfer lebt -bei Obdachlosen besonders auffällig-, gar nicht anfallen, wäre der Täter entsprechend entlastet. Es könnte sich allerdings auch ganz einfach um eine entsprechend vermögende Person handeln, für die derartigen Kompensationen keine schwerwiegende Bürde darstellen würden. Oder umgekehrt: Welch eine Gerechtigkeit könnte eine millionenschweres Ehepaar darin erblicken, wenn ihm ein Gericht eine Entschädigung für ihr ermordetes Kind zuspricht, die ein Mann erarbeiten soll, der bisher durch die Abstinenz von jedweder produktiven Tätigkeit auffiel.

Nur in extrem seltenen Fällen, bei gewaltätigen Wiederholungstätern, befürwortet McElroy eine dauerhafte Inhaftierung. Aber auch hier ist ihre Wortwahl verräterisch. Sie spricht von eine "präventiven Inhaftierung", d. h. eine Haft, die weitere Straftaten in der Zukunft verhindern soll, aber nicht eine, die eine gerechte, verdiente Strafe für bereits begangene Taten darstellt. Die Verhängung einer Restitution setzt natürlich voraus, dass der Täter überhaupt gefaßt wird und abgeurteilt werden kann. Die Frage ist allerdings, wer dies in einem durch private Unternehmen gestalteten Rechtssystem leisten soll. Gerade das Beispiel einer Mordserie an Obdachlosen macht das Problem eines profitorientierten Rechtssystemes schlaglichartig deutlich. Welches profitorientierte Unternehmen sollte ein Interesse daran haben, Millionen für die Ergreifung und Verurteilung und spätere Überwachung eines Täters auszugeben, der mittellose Personen ermordet hat? Dies wäre ökonomisch sinnlos, weil Retribution kein ökonomisches Gut ist. Dafür ist eine Institution erforderlich, die nicht dadurch begrenzt ist, dass ein Profit realisiert werden muss. In anderen Worten, ein Staat.

Ilana Mercers Resümee über das alternative System der Restitution läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: "Dadurch, dass sie eine proportionale Bestrafung verwerfen zugunsten einer üblicherweise unverhältnismäßig armseligen 'Restitution', befürworten Liberal-Anarchisten eine systematische Ungerechtigkeit."

Literatur:
Robert James Bidinotto: The goal of law: justice or "utility"?
Ilana Mercer: The criminal's theoretical enables
Wendy McElroy: Criminals owe debt to victims, not society



Freitag, Januar 16, 2004

Altruismus und Israel
Paul Blair nennt den Artikel "Europe's Anti-Semitic Excuses" von Hillel Halkin absolut nicht überzeugend. Der Autor sieht im christlichen Antisemitismus die Quelle der Unterstützung für die Palästinenser in Europa. Blair bemerkt dazu: "Er völlig blind für die Rolle des Altruismus - aufgrund dessen die Linke Israel unterstützt hat, wo es ein Underdog war, und jetzt im Stich läßt, wo es stark und mächtig ist."

Interessanter Kommentar von Blair, der auf einen Aspekt von Altruismus hinweist, der häufig vernachlässigt wird. Es geht den Altruisten nicht nur um das Weggeben von Werten, sondern sie predigen auch eine Umkehrung der Werte. Schwäche, Hilflosigkeit, Armut wird als moralisch höherwärtiger eingestuft als Kompetenz, Stärke und Reichtum. Besonders deutlich wird dies in der bekannten Bibelstelle aus Matthäus 19,24 und Markus 10,25: "Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in das Himmelreich."

Donnerstag, Januar 15, 2004

Die Schwierigkeiten bei der Leitung eines objektivistischen Klubs
Alex Epstein wendet sich auf seiner Website einem Thema zu, dass für Deutschland, Österreich oder die Schweiz -leider- nur eine theoretische Bedeutung hat: Wie führe ich einen objektivistischen Klub an einer Universität? Trotzdem scheint mir seine Antwort von Interesse zu sein, nicht nur für zukünftige Strukturen an Universitäten, sondern allgemein für jeden, der sich mit dem Objektivismus beschaftigt und aus dieser Philosophie Nutzen für sein persönliches Leben ziehen möchte. Epstein schreibt, dass die Leitung eines objektivistischen Universitätsklubs eine enorme Herausforderung darstellt, weil man Studenten dazu bewegen muss, sich in ihrer freien Zeit mit Philosophie zu beschäftigen, was die meisten Studenten auf den ersten Blick als wenig attraktiv ansehen dürften. Aber diesen skeptischen Studenten kann ein fantastisches Angebot gemacht werden: "Die Philosophie, die Sie verkaufen, ist alles andere als sinnlos - sie ist der Schlüssel zu einem fantastischen Leben. Wenn jemand den Objektivismus konsequent praktiziert, kann er eine aufregende Karriere erreichen, eine leidenschaftliche romatische Liebe, enge Freundschaften und eine tiefe Bewunderung für die Kunst. Studenten sollten den Klub als ein Mittel zu einem glücklicheren, erfüllten Leben ansehen - nicht als Ort, wo Ideen in einem Vakuum diskutiert werden, aus irgendeiner intellektuellen Pflicht heraus." Epstein warnt davor, im Klub abseitige politische Themen zu diskutieren, wie Liberalismus, Anarchismus, die Finanzierung des Staates ohne Steuern, Rechte von geistig behinderten Menschen etc. Dies sei der beste Weg, gute Studenten zu vergraulen. Er empfiehlt, zumindest zu Beginn, eine Diskussion der objektivistischen Ethik, des zentalen Zweiges der Philosophie, aus dem die Studenten den größten Nutzen ziehen können, um ein erfolgreiches Leben zu führen. Nach jedem Treffen sollten die Studenten ein größeres Verständnis für den Objektivismus haben und seiner Bedeutung für ihr eigenes Leben. Aber es gibt noch einen weiteren wichtigen Faktor für einen objektivistischen Klub, den Epstein anspricht, nämlich die Person des Leiters: "Für einen Klubleiter ist es notwendig, dass dieser den Objektivismus selbst praktiziert. Dies bedeutet, ein lebendes Beispiel zu werden, für den Lohn, den man erhält, wenn man nach einer rationalen Philosophie lebt."

Beispiele für objektivistische Klubs an amerikanischen Unis:
University of Michigan Students of Objectivism
University of Oklahoma Objectivist Club
GMU Objectivist Club

Mittwoch, Januar 14, 2004

Daniel Pipes: Alte Verschwörungen, neuer Glaube
Manche Leute glauben an den verlorenen Kontinent Atlantis und an UFOs. Andere machen sich Sorgen wegen einer Geheimgesellschaft des 18. Jahrhunderts namens „Bavarische Illuminati" oder eine mythische, zionistische besetzte Regierung, die heimlich die Vereinigten Staaten beherrscht.

Was würde passieren, wenn diese grundverschienenen Elemente ihren Glauben teilten, sich zusammen täten, ein viel größeres Publikum gewönnen, aus ihrem intellektuellen und politischen Ghetto ausbrächen und in die Lage kämen, die Grundlagen des öffentlichen Lebens in den USA herauszufordern? Das ist die erschreckende Aussicht, die von Michael Barkun in seinem wichtigen, gerade veröffentlichten Buch „A Culture of Conspiracy: Apocalyptic Visions in Contemporary America" (Eine Verschwörungs-Kultur: Apokalyptische Visionen im zeitgenössischen Amerika; University of California Press) ganz nüchtern vorstellt.

Um zu verstehen wie neu dieses Potenzial ist, muss man etwas über die Geschichte der Verschwörungstheorien wissen.

Der vollständige Text in deutscher Sprache hier

Dienstag, Januar 13, 2004

Dessen bin ich mir sicher
Wenn Gewissheit bedeutet, dass ich nie Unrecht habe und die Fähigkeit besitze, Entscheidungen zu treffen, ohne dass ich diese jemals bereuen muss, dann gibt es so etwas wie Gewissheit nicht.

Wenn Gewissheit bedeutet, alle notwendige Fakten zu kennen, sich auf sie zu konzentrieren und aus ihnen die logischste Schlussfolgerung zu ziehen, dann existiert Gewissheit ganz sicher.

Existiert Gewissheit? Natürlich tut sie das. Dessen bin ich mir sicher.

Michael Hurd

Montag, Januar 12, 2004

Länderrangliste der freien Marktwirtschaft
Wie das Tagblatt berichtet, ist Hongkong nach wie vor -zum zehnten Mal in Folge- die Region auf der Welt mit der größten wirtschaftlichen Freiheit. Die zeigt der neueste Freiheitsindex ("Index of Economic Freedom") der Heritage Foundation und des Wallstreet Journals. In Europa nimmt Luxemburg den besten Platz ein, gefolgt von Irland. Die Schweiz kommt auf Rang 9, unmittelbar vor den USA. Deutschland verbessert sich um einen Platz auf die Position 18, gilt aber nur als "überwiegend freies" Land. Schlechte Noten erhielte Deutschland für die Bereiche "Steuern" und "Bankenwesen" (hoher Einfluss von öffentlich-rechtlichen Banken). Mit der Bestnote 1,0 wurden dagegen die Geldpolitik, die Eigentumsrechte und die Bedingungen für Auslandsinvestitionen bedacht. Der Aufsteiger des Jahres in Europa ist die Slowakei, die sich auch in Zukunft in der Rangliste weiter verbessern dürfte, denn zum Jahreswechsel hat das Land eine "Flat Tax" von 19 % bei Einkommens- und Körperschaftssteuer eingeführt. Das Land mit dem größten Punktabschlag weltweit ist Venezuela, das sich im Würgegriff des marxistischer Präsidenten Chavez befindet. Auch über die letzten zehn Jahre gesehen hat Venezuela den größten ökonomischen Freiheitsverlust zu verkraften. Das Wirtschaftssystem des Landes gilt nur noch als "repressiv".

Siehe auch Neue Zürcher Zeitung
Nähere Information zum Index auch direkt bei der Heritage Foundation
Der gesamte Text lässt sich hier downloaden

Sonntag, Januar 11, 2004

We proudly present ...
Soeben habe ich den letzten Text auf meinen Blog www.objektivismus.blogspot.com gestellt. Damit ist der Grundkurs Objektivismus, der auf dem Text "Objectivism for Dummies" von Michael Duff basiert, abgeschlossen. Derjenige, der noch keine oder geringe Vorkenntnisse über den Objektivismus besitzt, kann sich anhand dieses Textes eine gute Basis für weitere Studien verschaffen. Viel Spass bei der Lektüre! Der Blog "Objektivist" verfügt jetzt auch über ein Archiv von interessanten Texten, die über die Stichwörter auf der linken Seite aufgerufen werden können.

Donnerstag, Januar 08, 2004

Die Zehn Bekenntnisse des Objektivismus
Ein ansonsten guter Artikel, der allerdings den Objektivismus zu sehr in die Nähe einer Religion bringt, gibt es von Barry Kayton auf solohq.com unter dem Titel "The Ten Commitments". Wie ein Leser richtig bemerkt, ist der Objektivismus eine "individuelle" oder "individualistische" Überzeugung, und seine Anhänger sollten alles vermeiden, was ihn in die Nähe eines religiösen Kultes bringt. In dem Artikel versucht Kayton den Objektivismus durch zehn Bekenntnisse ( Realität, Vernunft, Unabhängigkeit, Zielgerichtetheit, Produktivität, Integrität, Ehrlichkeit, Wohlwollen, Gerechtigkeit, Individualrechte) auf den Punkt zu bringen. Der Vergleich mit den Zehn Geboten des Christentums zeige, so der Autor, den fundamentalen Unterschied: Im Falle der Bekenntnisse eine interne, individualistische Motivation, bei den Zehn Geboten eine externe, autoritäre Motivation.

Mittwoch, Januar 07, 2004

Buckley erfolglos auf der Spur der amerikanischen Rechten
William F. Buckley Jr., -Autor, Kolumnist und Gründer des Magazins National Review-, hat einen politischen Roman geschrieben ("Getting it Right" - Publishers Weekly spricht von einem "sentimental bildungsroman"), der die internen Debatten der amerikanischen Rechten während der turbulenten sechziger Jahre widerspiegeln soll, und die Weisheit der Personen um den National Review selbstverständlich. Dabei zeigt der Autor die Desillusionierung einer Ayn-Rand-Gefolgsfrau, die er Leonora Goldstein nennt, und eines Funktionärs der konservativen John-Birch-Society. Ayn Rand bezeichnete den National Review im Playboy-Interview des Jahres 1964 als das schlimmste und gefährlichste Magazin Amerikas, weil es den Kapitalismus an die Religion binde.

Justin Raimondo, Biograph von Murray Rothbard, weist in antiwar.com zutreffend auf die falsche Darstellung der Positionen Rands durch Buckley hin:
"In seinem Porträt von Rand als einer größenwahnsinnigen Kultistin, läßt Buckley sie sagen, dass ihre Romane die Absicht hätten, als 'ein Katalysator für den gesellschaftlichen Wandel' zu wirken, was das direkte Gegenteil von Rands tatsächlicher Position ist, nämlich die einer 'Kunst, um der Kunst willen', deutlich erklärt in ihrem allgemein zugänglichen Essay 'The Goal of My Writing.'

Das Sexleben der russischstämmigen Autorin ist von größerem Interesse für Buckley als alles, was sie je geschrieben hat. Mit Ausnahme einer kurzen Textpassage, ist er sehr bemüht, sie nicht wörtlich zu zitieren. Das Ergebnis besteht aus einer konsequenten Verfälschung der Ansichten Rands. Sie war nie Anarchistin, wie Buckley andeutet. Außerdem war Rand alles andere als eine Gegnerin des Kaltes Krieges - sie unterstützte ihn, und schrieb, dass es moralisch gerechtfertigt wäre, in jedes kommunistische Land einzumarschieren."










Dienstag, Januar 06, 2004

Scharfe Kritik an Vergleich zwischen Bush und Hitler
Der Standard berichtet:

Wegen eines Vergleichs von US-Präsident George W. Bush mit Adolf Hitler ist eine liberale Bürgerrechtsorganisation in den USA in die Kritik geraten. Die Gruppe MoveOn.Org zeigte auf ihrer Web-Seite einen 30-sekündigen Spot, in dem sich ein Porträt Bushs in das Bild Hitlers verwandelte. Die Republikanische Partei des US-Präsidenten bezeichnete den Spot am Sonntag als "schlimmste und abscheulichste Form politischer Hassrede".

Der Spot wurde mittlerweile von der Website dieser Organisation genommen, was mit "Zensur" allerdings nichts zu tun hatte, sondern damit, dass ein sog. "Wettbewerb" um den besten TV-Spot über Präsident Bush abgelaufen war. Hauptsponsor dieser "liberalen Bürgerrechtsorganisation" ist übrigens der "antikapitalistische Kapitalist" George Soros. Wieder einmal aufschlussreich sind die Kommentare auf der Site des Standard zu diesem Artikel, die sich vor Anti-Amerikanismus fast überschlagen. Leute, die große Probleme mit der deutschen Rechtschreibung haben, wissen ganz genau, aus welchem Holz die amerikanische Politik geschnitzt ist. Die USA hätten ein Land angegriffen (den Irak) und keine Zeitung hätte sich gegen Bush gestellt, behauptet dort jemand. Ich habe für Deutschland eher festgestellt, dass sich keine Zeitung f ü r Bush ausgesprochen hat. Auch ist mir bis jetzt noch nicht gelungen, irgendeine Partei in Deutschland - und sei sie noch so klein- ausfindig zu machen, die diesen Krieg seinerzeit unterstützt hat. Ich was "das Land" angeht, das die USA und ihre Verbündeten angegriffen haben: Der Angriff galt einer brutalen D I K T A T U R ("Eine Diktatur ist ein Land, das die individuellen Rechte nicht anerkennt, dessen Regierung die totale, unbegrenzte Macht über die Menschen besitzt." - Ayn Rand), unter dessen Herrschaft selbst der Leserbriefschreiber des Standard seine Tage wohl nicht hätte verbringen wollen. Diese Diktatur hatte keinerlei Recht, zu existieren. Sowohl die eigenen Bürger hatten das Recht, diese Diktatur zu stürzen, wie auch jede freie Nation dieses Recht hatte. Keine moralischen, allenfalls praktische Gründe hätte man gegen diesen Waffengang vorbringen können. Wie kann ein Mensch, der seine Sinne noch beisammen hat, das Wegfegen der Diktaturen in Afghanistan und dem Irak mit der Massenmord-Politik Hitlers vergleichen? Oder wie es Tammy Bruce auf frontpagemag.com formuliert: "Wenn man den Spot sieht, muss man sich fragen, ob sie diesen Müll wirklich glauben. Sind sie so krank, dass sie dies wirklich meinen, oder sind sie so krank, dass sie dies nicht glauben, aber bereit sind, diese Nation dieser Anschuldigung auszusetzen?"

Ayn Rand im Playboy
Ayn Rand wurde 1964 für die März-Ausgabe des Magazins Playboy (die Lektüre lohnt sich!) interviewt. Kürzlich wurden die Original-Druckfahnen von Christie's versteigert. Erwartet worden war ein Preis von 10 000 - 15 000 $, tatsächlich erzielt wurden 45 410 $.

Aus der Beschreibung des Stückes (Der Verweis auf den angeblichen "Feminismus" von Rand ist insofern irreführend, da sie einen kollektivistischen Feminismus, der Privilegien oder Belohnungen aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit vergibt, natürlich ablehnte. Im August 1971 äußert sich Rand in der Zeitschrift "The Obejtivist sehr abfällig über Women's Lib: "Gibt es etwas Schlimmeres als die Frauen der Frauenbewegung? Ja. Die Männer, die sie unterstützen."):

"... der wirkliche Paradiesvogel, den (Alvin) Toffler für den Playboy 1964 einfing, war Ayn Rand, die erste weibliche Intellektuelle, die in dem Magazin zu Wort kam. Miss Rand war auch keine Enttäuschung. Sie beherrschte das Interview mit ihren scharf formulierten Ansichten, die über Tofflers Fragen hinwegbrausten wie der Angriff der zaristischen Kavallerie. Und nirgendwo trat die Festigkeit ihrer Ansichten so deutlich zutage wie beim Thema Sex. Er wäre, sagte sie, ein Ausdruck 'des Selbstwertgefühl eines Menschen', und er 'darf nichts anderes sein als eine Reaktion auf Werte ...' Aber am erstaunlichsten war Miss Rands Eintreten für den Feminismus, einige Jahre bevor dies ein populäres Thema wurde. 'Ich glaube, dass Frauen menschliche Wesen sind', antwortete sie auf eine Frage über Frauen, die arbeiten, und 'was richtig für einen Mann ist, ist auch richtig für eine Frau. Die Prinzipien sind die gleichen. Ich würde nicht versuchen, einem Mann vorzuschreiben, welche Art von Arbeit er tun sollte, und ich würde dies nicht versuchen in Bezug auf Frauen ...'

Sonntag, Januar 04, 2004

Der Rand-Rothbard-Bruch
In der Geschichte des amerikanischen Radikalliberalismus ist es nur eine Episode, aber eine, an die sich manche Legenden knüpfen, denen man eine Dauerexistenz in den Köpfen der Menschen nicht erlauben sollte. Ich meine die kurze Episode eines intellektuellen Kontaktes zwischen dem Ökonom Murray Rothbard, dem Vater des modernen Anarcho-Kapitalismus (1926 - 1995) und Ayn Rand, der Begründerin des Objektivismus.

Der Initiative für den Kontakt zwischen Rothbard und Rand ging von Rothbard aus, der nach der Lektüre von Atlas Shrugged an Rand einen begeisterten Brief geschickt hatte. Beide traffen sich danach ungefähr fünf oder sechs Mal in einem größeren Kreis. Von diesen Treffen existieren keine Tonbandaufnahmen, sodass man naturgemäss nur noch auf die Äußerungen der Beteiligten zurückgreifen kann. Eine Tonbandaufnahme existiert allerdings von einem Interview, dass Barbara Branden mit Rothbard für ihre Rand-Biographie führte, wo er behauptete, dass er Rand kaum kenne und wenig über sie sagen könne. Was ihn allerdings nicht davon abgehalten hatte, nach dem Abbruch der Kontakte zur Gruppe von Rand über den "totalitären Kult der Randianer" herzuziehen.

Nach dem Abbruch der Interaktion zu Rand, trennte sich ein Teil der Mitglieder von Rothbards Circle Bastiat von ihrem Vordenker und stieß zur Gruppe von Rand. Über die Ursachen der Trennung existieren höchst unterschiedliche Versionen, auf die im folgenden noch ausführlicher einzugehen sein wird. Andre F. Lichtschlag schreibt in seinem Buch Libertarianism nur recht lapidar, ohne dafür eine Quelle anzugeben: "Rothbard überwirft sich früh mit der privat wenig umgänglichen Ayn Rand und entwickelt ihren Objektivismus als Naturrechtsphilosphie weiter." Noch nebulöser drücken sich Andre F. Lichtschlag und Michael Kastner in eifrei Nr. 39 aus: "Zeitweilig gehören Mitglieder der Gruppe (des Circle Bastiat, W. Sch.) auch dem engeren Kreis um die 'Hohepriesterin des Kapitalismus', Ayn Rand, an. Die amerikanische Bestsellerautorin Rand wird die Anarcho-Kapitalisten später als 'hippies of the right' bezeichnen - und meiden." Auch hier kein Hinweis darauf, warum Rand die Anarcho-Kapitalisten, und speziell Rohtbard, "mied", und auch kein Hinweis auf den Frontwechsel, den einige von Rothbards Anhängern nach der Trennung von Rand vollzogen, darunter auch George Reisman.

Persönliche Antipathien mögen für das Ende der Beziehung zwischen Rand und Rothbard durchaus eine Rolle gespielt haben, denn zumindest für Rand ist bekannt, dass sie sich schon beim ersten Treffen mit Rothbard unbehaglich in dessen Gegenwart fühlte und ihn nicht besonders mochte, was selbst bei einer großen ideologischen Nähe keine gute Basis für ein gedeihliches Zusammenwirken ist. Um einen zeitlichen Rahmen für die Episode abzustecken, sollte man festhalten, dass Rands Atlas Shrugged im Oktober des Jahres 1957 in den USA veröffentlicht wurde und der Kontakt zwischen Rothbard und Rand bereits im Juli 1958 wieder vorüber war. Aus Sicht der Gruppe der Objektivisten lag der Grund den Bruch in Rothbards Plagiat eines ihm vorliegenden Skriptes von Barbara Branden. Dieser Vorwurf wurde ihm in persönlichen Briefen gemacht, auf die Rothbard aber nicht antwortete, sondern die Sache öffentlich machte, indem er weitere Personen in die Kontroverse einbezog, unter anderem auch Ludwig von Mises. Desweiteren fühlte sich Rand durch eine Rand-Parodie beleidigt, die Rothbard mit einigen Freunden während einer Party am 2. März 1958 spontan aufgeführt und auf Tonband aufgenommen hatte. Dass Ayn Rand bei einer Person, die sie ohnehin nicht besonders mochte und nun den Vorwurf des Plagiats und der persönlichen Beleidigung machte, jedweden weiteren Kontakt mied, dürfte auf der Hand liegen.

Aus Sicht von Rothbard und seinen Freunden stellte sich die Kontroverse allerdings völlig anders dar. Einer von Rothbards Freunden auf der Rechten, Samuel Francis, schildert dies so:
"Murray, einer der führenden marktwirtschaftlichen Ökonomen und liberalen Denker, war lebenslang ein Agnostiker, aber seine Frau, Joey, war und ist eine Christin. Als sie jünger waren, hatten sie etwas zu tun mit Rand und ihrem Kreis von Gläubigen, aber dann fand die Große den Glauben von Joey heraus.
Rand gab Joey sechs Monate, um sich in ihre eigenen Wälzer gegen die Religion zu vertiefen. Falls Joey am Ende dieser Periode ihren Glauben aufgegeben hätte, könnten und Murray sich einschreiben bei der Quelle Aller Wahrheit Selbst. Wenn nicht, hätte sich Murray von Joey scheiden lassen müssen, oder ansonsten wären sie verbannt worden. Murray sagte Rand richtigerweise, dass sie sich zum Teufel scheren solle (oder Worte mit dieser Wirkung). Er behielt seine Frau, und seine Frau behielt ihren Glauben, und irgendwie schafften sie es, glücklich zu leben, ohne die Unterstützung von Rands Weisheit."

Diese Geschichte macht die Runde seit Jahrzehnten und man kann sie überall im Internet so oder so ähnlich nachlesen, und wenn sie tatsächlich stimmen würde, würde sie Rand tatsächlich in ein extrem schlechtes Licht stellen. Rothbard selbst schildert die damaligen Vorgänge in einem Aufsatz für die Zeitschrift Liberty ("My Break with Branden and the Rand Cult") allerdings etwas anders als sein Freund Francis:" Meine Frau Joey war und ist praktizierende Christin. Ich wußte von Anfang an, dass Rand fanatisch antireligiös war, dass Rand Gott weit mehr hasste als sie je den Staat hasste. Also drückte ich es gegenüber Branden bei unserem allerersten Treffen ganz direkt aus: 'Ist es Ihre Meinung, dass ich mich von Joey scheiden lassen sollte, weil sie eine Christin ist?' Nathan antwortete: 'Wie können Sie denken, dass wir solche Monster wären?' Brandens Antwort wiegte mich in einem falschen Gefühl von Sicherheit. Als die Monate sich hinzogen, wurde mir jedoch bewußt, dass, während Branden technisch die Wahrheit gesagt hatte, die randianische Attitüde womöglich sogar noch schlimmer war. Denn ich sollte mich nicht von Joey scheiden lassen, weil sie eine Christin war. Ich sollte mehrere Monate damit verbringen, dass arme Mädchen zu schikanieren, damit sie zum Atheismus konvertiert. Wenn dies scheiterte, sollte ich mich scheiden lassen."

In Rothbards Darstellung ist nicht davon die Rede davon, dass die Objektivisten ihm "gesagt" hätten, er solle sich scheiden lassen. Die geforderte Scheidung scheint nur eine Interpretation der Ereignisse durch Rothbard zu sein. Dort wo er den mutmaßlichen Übeltäter Nathaniel Branden wörtlich zitiert, sagt dieser genau das Gegenteil von dem, was Rothbard suggerieren will. Im Gegensatz zu Francis sagt Rothbard auch nicht, dass Rand etwas mit der Sache zu tun habe. Nathaniel Branden bewertet die Aussagen von Rothbard als Lüge: "Die Religion seiner Frau wurde nie von uns diskutiert und war kein Thema. Rothbard hat so viele Lügen über Rand und mich erzählt, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll." Rothbards Bemerkung über den "Hass" von Rand treffen den Kern der Sache auch nicht, denn Rand war in erster Linie pro-Vernunft, ihre Einstellung gegenüber der Religion war davon nur abgeleitet. Auch dürfte sich Rand kaum einem Hass auf Gott hingegeben haben, da dieser nach ihrer Ansicht doch überhaupt nicht existierte. Nathaniel Branden weist in seinem Booknotes-Interview darauf hin, dass die damaligen Objektivisten keine Militanten bei diesem Thema gewesen wären: "Wir waren einfach Nicht-Gläubige."

Obwohl bestimmte harte Fakten der damaligen Ereignisse, wie zum Beispiel Tonbandaufnahmen, nicht vorliegen, deutet alles darauf hin, dass Rothbard die Vorkommnisse zu seinen Gunsten verdrehte. Er hatte ein Motiv die Sache anders darzustellen als sie tatsächlich war, denn der Plagiatsvorwurf lastete schwer auf ihm, außerdem hatte er Anhänger seines Circle Bastiat an Rand verloren. Es ist auch kaum anzunehmen, dass diese Personen sich auf die Seite von Rand geschlagen hätten, wenn Rothbards Vorwürfe irgendwie zutreffend gewesen wären. Teilnehmer der damaligen Gespräche zwischen Rand und Rothbard sagen auch aus, dass über die Religion von Rothbards Ehefrau niemals gesprochen worden sei. Briefe aus der damaligen Zeit, die erhalten geblieben sind, zeigen auch, dass das Thema "Plagiat" tatsächlich diskutiert wurde, was Rothbard auch selber einräumt. Der Bruch zwischen Rand und Rothbard ist insofern typisch für das politische Leben des Murray Rothbard, als dieser zwar seinen politischen Grundsätzen im Verlauf seines Lebens recht treu blieb, aber bei seinen Bündnispartnern keine Kontinuität wahrte. Als relativ neutraler Zeuge der Rand-Rothbard-Fehde kann noch Roy Childs herangezogen werden, der sowohl mit Rothbard als auch mit Branden befreundet war und während der meisten Zeit seines intellektuellen Lebens Rothbards Anarchismus nahe stand. Childs glaubte, dass die Hauptpunkte der Kontroverse der Plagiatsvorwurf gegen Rothbard waren und die Lächerlichmachung durch die Rand-Parodie waren. Niemals erwähnte er die Religion von Joey Rothbard als Grund für die sog. Exkommunikation von Murray Rothbard.

Literatur:
Jim Peron: Is Objectivism a Cult? - Part 2, Rothbard Unmasked

G. Stolyarov II: A Critique of Murray Rothbard's "Sociology of the Ayn Rand Cult"

Murray Rothbard: The Sociology of the Ayn Rand Cult

Die Position zugunsten von Rothbard nimmt Joseph R. Stromberg ein:
Joseph R. Stromberg: Rand v. Rothbard









Samstag, Januar 03, 2004

Sympathie für den Teufel
Jonah Goldberg kommentiert in nationalreview.com eines der wahrscheinlich am heißesten diskutierten politischen Ereignisse dieses Jahres, den Saddam-Prozess. Und weil er mehr dumme Dinge, von mehr gebildeten Leuten gesagt, über dieses Thema erwartet als über alle anderen Themen zusammengenommen, möchte er einige Dinge klarstellen:

"Erstens: Saddam verdient gar nichts. Ja, er sollte einen fairen Prozess haben (und eine faire Exekution). Aber weil er eine Requisite ist. Wenn wir irgendetwas Gutes aus diesem bösartigen Mann herauspressen können, dadurch, dass wir ihm ein anständiges Verfahren geben, dann sollten wir es tun - weil es das irakische Volk verdient, nicht er. Ich bin für einen großen juristischen Zirkus, falls ein großer juristischer Zirkus dabei hilfreich ist, ein brutalisiertes Volk auf einen anständigen Weg zu bringen.

Weil es feine juristische Unterschiede zwischen dem englischen und amerikanischen System gibt, und weil mir der Inhalt dieser Unterschiede absolut unbekannt ist, möchte ich ein ziemlich einfaches Argument vorbringen, der gleichermaßen für beide Gesellschaften anwendbar ist. Ein ordnungsgemäßes Prozess und die darin enthaltenen juristischen Schutzmechanismen sind kein, und sollten nicht so angesehen werden, Schutz für schuldige Personen. Sie sind vielmehr ein Schutz gegen falsche Verurteilungen von Unschuldigen. Es ist nie 'unfair' für die Schuldigen, wenn sie ohne ein ordnungsgemäßes Verfahren verurteilt werden. Der Schutz für die Schuldigen gehört zu den notwendigen Kosten, um die Unschuldigen zu schützen.

Aber Saddam ist schuldig. Wir wissen dies. Wie ein Vergewaltiger Strafe verdient, auch wenn der Polizist, der ihn geschnappt hat, korrupt ist, würde Saddam immer noch ein hässliches Ende verdienen, sogar wenn es dieser imperialistische Krieg-für-Öl gewesen wäre, wie seine Kritiker behaupten. Fairness für Saddam würde heiße Schürhaken erfordern, nicht kostenlose Anwälte."

Donnerstag, Januar 01, 2004

Der Irrtum der Irrtumsentlarver
Das Buch Das neue Lexikon der populären Irrtümer von Walter Krämer, Götz Trenkler und Denis Krämer ist ein durchaus empfehlenswerter Lesestoff, weil es kurzweilig und spannend mit einiger populären Irrtümern aufräumt. Die Autoren sind definitiv nicht links und geben auch auf "politische Korrektheit" nicht besonders viel, was ihnen bei ihrer Arbeit sicherlich außerordentlich geholfen haben dürfte. Ärgerlich ist allenfalls die übergroße Nachsicht, die die Autoren dem Christentum entgegenbringen, wie man an Bemerkungen zu den Themen "Kreuzzüge" und "Inquisition" ablesen kann. Die größte Fehlleistung gelingt den Autoren allerdings bei ihrem Kommentar zum Thema "Anarchie", wo sie das scheinbare Vorurteil "Anarchie bedeutet Unfrieden und Durcheinander" widerlegen wollen. Dies versuchen sie folgendermaßen: "Anarchismus hatte ursprünglich mit Chaos, 'Anarchie' und Durcheinander nichts zu tun. Die ersten Anarchisten wollten die Menschen zu einem gewalt- und herrschaftslosen Miteinander führen, dazu forderten sie schrankenlose Freiheit des einzelnen, absolute Vereinigungsfreiheit, unschränktes Privateigentum usw., also Dinge, die heute eher dem liberalen Credo zugerechnet werden." Die Autoren begehen hier den gewaltigen Fehler, die Absichten und Wünsche der Anarchisten für die Wirklichkeit zu halten. Das "volkstümliche" Urteil abstrahiert korrekterweise davon und hält sich an das, was Anarchismus wirklich mit sich bringt. Man sah oder sieht es in Bosnien, im Libanon, in Süd-Afrika oder Nord-Irland, auch in einigen amerikanischen Innenstädten. Was die Anarchisten verwerfen ist nicht der Staat, sondern die Tatsache, dass es ein grundlegendes Bedürfnis gibt, die Gewalt in einer Gesellschaft objektiven Maßstäben zu unterwerfen. Das zählt, nicht was die Anarchisten subjektiv wollen.



Dienstag, Dezember 30, 2003

Zwei Erdbeben und ihre unterschiedlichen Folgen
Vor kurzem ereignete sich in Kalifornien ein Erdbeben der Stärke 6.5 auf der Richter-Skala. Das verheerende Erdbeben im Iran zeigte 6.6 auf eben jener Skala. Die katatastrophalen Folgen dieses Bebens im Iran: zehntausende von Toten. Die Zahl der Toten in Kalifornien erreichte nicht einmal zwei Dutzend. Warum dieser enorme Unterschied? In einem Wort: Reichtum! "Jene, die Reichtum als groben Materialismus verachten, müssen begreifen, dass Reichtum einer der größten lebensrettenden Faktoren in der Welt ist. Wie ein Ökonom in Indien aufzeigte, passieren '95 % aller Todesfälle durch Naturgefahren in armen Ländern."

Quelle:
Thomas Sowell: Two Earthquakes and their Results under two different social Systems
in: capmag.com

Montag, Dezember 29, 2003

Kontra Anarchismus, Teil II
Prof. Roderick Long hat auf die Veröffentlichung "Contra Anarchism" des Objektivisten Robert Bidinotto reagiert. Er behauptet, dass Bidinottos Analyse auf einem Missverständnis des
Anarchismus beruhe: "Bidinotto glaubt offenbar, dass unter einem Markt-Anarchismus niemand einem juristischen Prozedere unterworfen werden darf, der dem nicht zustimmt. Ich stimme der Auffassung zu, dass dies wahrscheinlich ein absurdes und funktionsunfähiges System wäre."

Mit diesem letzten Satz -absurd und funktionsunfähig- hat Long tatsächlich den Nagel auf den Kopf getroffen, denn seine Erwiderung zeigt sehr deutlich, dass er sich dem Dilemma nicht entziehen kann, einerseits für die Durchsetzung von Rechtsnormen einzutreten, andererseits aber einen "finalen Schiedsrichter" abzulehnen. Dieser Schiedsrichter wäre eine Agentur, "die sich weigert, ihre Anwendung von Gewalt einer externen Entscheidung zu unterwerfen", schreibt Long. Laut Long wäre diese Agentur "per Definition gesetzlos ..."

Andererseits geht Long aber davon aus, dass die Agenturen, die auf der Grundlage korrekter Auffassungen handeln, dass moralische Recht haben, ihre Klienten zu verteidigen gegen die Agenturen, die aufgrund falscher Ansichten handeln, wenn nötig mit Gewalt. Da die privaten Rechtsagenturen sich nicht einem finalen Schiedsrichter zu unterwerfen brauchen und jede Agentur die richtige Auffassung natürlich für sich selbst beanspruchen könnte, kann man leicht die explosiven Folgen dieser Rechtsunsicherheit in der Praxis ausmalen.

Konstruieren wir ein gar nicht so seltenes Beispiel aus der Praxis:
Nach einer Körperverletzung rufen beide Parteien unterschiedliche Rechtsagenturen, die die Interessen ihrer jeweiligen Kunden verteidigen wollen und sich ähnlich feindselig gegenüberstehen könnten, wie der Streithähne des Ausgangskonfliktes. Ein objektiver Beobachter könnte zwar relativ leicht den Schuldigen identifizieren, dieser behauptet aber, dass er sich nur gewehrt habe und weigert sich sogar, seine Personalien feststellen zu lassen - mit Hilfe seiner Agenten versteht sich. Laut Prof. Long hat die Agentur mit den richtigen Auffassungen das moralische Recht, die Interessen ihres Klienten auch mit Gewalt zu vertreten. Dieses Unternehmen könnte sich allerdings als problematisch erweisen, wenn die entsprechenden Durchsetzungsmöglichkeiten, d. h. Muskeln oder Waffen, fehlen. Es riecht hier förmlich nach dem Recht des Stärkeren.

Wenn auch Long einen finalen Schiedsrichter ablehnt, so schreibt er doch kurioserweiser, dass die Agenturen mit den richtigen Ansichten das Recht auf ein Monopol gegenüber ihren Konkurrenten mit inkorrekten Auffassung hätten. Wo es ein Monopol gibt, gibt es aber keine Anarchie mehr, sondern einen Staat, d.h. ein Rechtsagentur mit der finalen Autorität, Gesetze durchzusetzen. Diese Widersprüchlichkeit zieht sich durch den gesamten Text. So schreibt Long, dass jede Person das Recht habe, legislative, judikative und exekutive Dienstleistungen anzubieten, allerdings nicht das Recht habe, diese auf eine rechtverletzende Art und Weise auszuüben. Nur muss hier wieder die Frage gestellt werden, wer darüber entscheidet, was "rechtsverletzend" ist, denn in einem anarchistischen System gibt es nicht mehr "das Rechtssystem", sondern mehrere konkurrierende Systeme. Gewalt ist auch nicht ein Gut wie jedes andere, wie die Anarcho-Kapitalisten annehmen, sondern stellt einzigartige Gefahren für das Leben, die Rechte und das Wohlergehen der Unschuldigen dar.

Anarcho-Kapitalismus ist keine Weiterentwicklung des Objektivismus, sondern der Schritt über die Klippe in den Abgrund. Wer eine Vorstellung von dieser anarcho-kapitalistischen Utopie bereits heute erhaschen möchte, sollte sich einmal unsere Strafverteidiger ansehen, die jeden Angeklagten verteidigen und versuchen ihn vor einer Bestrafung zu beschützen, egal wie moralisch verwerflich dieser auch sein möge. Kein Argument ist ihnen zu abgeschmackt, kein Trick zu billig, um selbst die verkommenesten Mörder und Vergewaltiger vor Strafe zu schützen. Heute stehen ihnen Staatsanwälte und objektive Richter gegenüber, im einem anarcho-kapitalistischen System allerdings wäre ihnen dieses Gegengewicht abgenommen und das Problem würde sich potenzieren, weil sie sich nun zu Schutzagenturen formieren könnten.

Robert Bidinotto: Contra Anarchism, Part II
Roderick Long: Anarchism as Constitutionalism, Part 2

Sonntag, Dezember 28, 2003

Wie können wir Schönheit ausdrücken?
Vielleicht ist die "am wenigsten erforschteste" Facette des Objektivismus der Bereich der Ästhetik. Die meisten Menschen sehen Schönheit nicht als so wichtig an, jedenfalls nicht im Vergleich mit all den gewichtigen Themen der Philosophie, Moral und Politik.

Bei all dem Leid und Unrecht auf der Welt, wer interessiert sich da für Bücher und Malerei?

Ayn Rand hatte feste Vorstellungen über die Rolle der Kunst in unserer Gesellschaft, und sie hatte eine spezielle Vision darüber wie Kunst sein sollte. Rand nannte ihre Philosophie der Kunst "Romantischer Realismus".

"Kunst ist eine selektive Wiedererschaffung der Realität entsprechend der metaphysischen Werturteile des Künstlers. Der Zweck der Kunst ist es, die fundamentale Vorstellung des Künstlers über die Existenz zu konkretisieren. Ich bin eine Romantikerin in dem Sinne, dass ich den Menschen als das präsentiere, was er sein sollte. Ich bin eine Realistin in dem Sinne, dass ich ihn in das Diesseits stelle, und auf diese Erde."

Was also bedeutet dies? Und wie nahe kommt unsere gegenwärtige Kultur diesem Ideal? Wie sie vielleicht vermuten, erledigen wir diese Aufgabe nicht besonders gut.

Obwohl Objektivisten keine "Konservativen" im politischen Sinne sind, sind viele der Werte, die wir vertreten, ganz traditionell. Tugenden wie Ehrlichkeit, Integrität, hohe Gesinnung, Mut und Ehre sind nicht "alt" oder "neu", sie sind einfach.

Und wenn wir uns wirklich für den Menschen interessieren, wenn wir wirklich glauben, dass das "menschliche Wesen" etwas Besonderes ist, sollten wir Kunst schaffen, die ihn glorifiziert und emporhebt statt ihn in ein schlechtes Licht zu stellen.

Gleichzeitig fühlen sich Objektivisten der Wahrheit verpflichtet. Sicherlich der persönlichen Wahrheit, aber auch der historischen Wahrheit. Nichts von Wert kann gewonnen werden durch Unwahrheit und keine gute Kunst kann dadurch geschaffen werden, dass die Realität verfälscht wird oder historische Ereignisse vorgetäuscht werden, die nie passiert sind.

Thomas Jefferson war ein großer Mann, und Thomas Jefferson besass Sklaven. Macht diese Sünde all die gute Werke, die er tat, wertlos? Die Dekonstruktionisten und Revisionisten werden Ihnen sagen, dass dies so sei, aber ich sage Ihnen, dass dies nicht stimmt. Wir sollten den Charakter von Thomas Jefferson so beurteilen wie wir jeden anderen Charakter eines Menschen auch beurteilen - durch eine ehrlichen Einschätzung seiner Tugenden und Laster. Eine moralische "Bilanz" von Leistungen und Ideen, die aus ihm machten, was er war.

Ein schwarzer Fleck auf dieser Bilanz "reduziert den Punktestand", sicherlich. Aber er entwertet seine gute Arbeit, seine guten Taten, nicht. Würde es Ihnen gefallen, nach dem schlimmsten Aspekt Ihres Charakters gemessen zu werden, am untersten Punkt Ihres Lebens? Ist es realistisch, einen Menschen für seine Leistungen zu glorifizieren und seine Sünden unter den Teppich zu kehren?

Ich antworte auf beide Fragen mit "Nein". Menschen sind eine Mischung aus Tugenden und Lastern, und wir müssen historische Figuren der gleichen Überprüfung unterziehen wie lebende Menschen.

Was bedeutet dies für den Bereich des Ästhetik?

Es bedeutet, dass ein Charakter realistisch sein sollte, aber doch edel. Fehlerhaft, aber würdig. Gequält, aber ehrlich. Rand ist oft für ihre "unrealistischen" Charaktere kritisiert worden. Aber diese Kritiker begreifen den Zweck ihrer Kunst nicht.

Rand benutzte ihre Romane, um ein Ideal zu illustrieren. Um uns zeigen, wie Menschen mit großen Fähigkeiten und mit einer großen Moral sich verhalten sollten in einer faschistischen Gesellschaft. Um uns den Menschen als heroisches Wesen zu zeigen, und um uns alle zu ermutigen, den Helden in uns selbst zu finden.

Einige Leute hassen wirklich diese Vorstellung vom Menschen, und ich denke, dass Nathaniel Branden den Punkt getroffen hat, WARUM so viele Kritiker so heftig auf Rands Fiktion reagieren: "Eine Menge von Leuten fühlt sich unwohl bei einer heroischen Vision des Lebens, Punkt. Sie fühlen sich unwohl bei einer heroischen Sicht der Dinge. Sie finden es beunruhigend aus allen möglichen Gründen ..."

Wenn wir Kunst betrachten, sollten wir uns selbst fragen: Warum sollten wir den Menschen glorifizieren? Verdient der Mensch Lob? Hat er nicht Tugenden, die sich mit seinen Lastern messen lassen? Mut, der sich mit seiner Feigheit messen läßt? Und wenn wir den Menschen als Tier zeigen, als subhumane Kreatur voller Bösartigkeit und Hass, was erreichen wir mit dieser Vision?

Wir leben heute in einer kranken Kultur. Und die Krankheit unserer Kultur strahlt zurück auf uns durch die populäre Unterhaltung. Unser kulturelles Erbe wurde entführt von den Feinden der Vernunft und der Wahrheit, von Menschen, die glauben, dass der Mensch ein pathetisches Wesen ist, ein brünstiges Tier, tugendhaft gemacht durch den Staat und die Schuld.

Keine Klasse von Menschen ist in der Geschichte mehr verleumdet und geschmäht worden als die der Geschäftsleute, der Industriellen, der Schöpfer und Produzenten von materiellen Dingen. Ayn Rand setzte sich ein für diese Schöpfer und schrieb ihre Romane zu Ehren dieser unbesungenen Helden, die den Motor der Welt drehen.

Unsere Kultur ist übernommen worden von den Plünderern, den Zweiflern, den Perversen, den Nihilisten, den Propagandisten und den Revisionisten, die versuchen den Menschen herunterzuziehen und seine Laster zu glorifizieren, während seine Tugenden ignoriert werden.

Es ist nichts "schmalziges" oder "kindisches" daran, den Menschen als würdige Kreatur zu zeigen. Nachdem wir in den letzten 50 Jahren soviel postmoderne Menschenverachtung gesehen haben, sind die Menschen tatsächlich hungrig nach einem Film, der Menschen als Helden präsentiert und uns eine befriedigendes Happy End gibt. Wenn Sie wirklich sehen wollen, wie der Mensch als Held präsentiert wird, mit all seinen Tugenden und Lastern , dann kaufen Sie sich Toy Story. Dieser Film ist ein Triumph in jedem Sinne. Technisch ambitiös, moralisch ideal und künstlerisch ohne Fehler. Es ist ein Film für Kinder, aber er enthält zeitlose Lektionen für Erwachsene.

Traurig, dass dieses erbaulichste und tugendhafteste Filmdrehbuch der neunziger Jahre nicht durch lebendige Menschen präsentiert wird, sondern durch Spielzeugfiguren, die am Computer erzeugt wurden.

Ich schätze, es wird als zu kitschig angesehen, reale Menschen als moralisch und tugendhaft zu präsentieren dieser Tage. Wir müssen uns von der menschlichen Tugendhaftigkeit dadurch distanzieren, dass wir uns hinter animierten Bildern verstecken.

Michael Duff

Anmerkung: Interessant wäre es, wenn Michael DUff der Frage nachgegangen wäre, ob Perfektion im Leben eines Menschen, ein absolut tugendhaftes Leben nach den Prinzipien des Objektivismus überhaupt möglich ist - in dieser Welt versteht sich, nicht in irgendeiner fiktiven.