Samstag, September 18, 2004

Anarchismus widerlegt
Es bedarf wenig Phantasie, um sich vorzustellen, dass die eigenmächtige Übernahme legislativer, exekutiver und judikativer Staatsfunktionen durch private Personen zu Chaos und Gewalt führen muss. Anarchisten fehlt offenbar diese Vorstellungskraft. Wenn ich meinen Nachbarn verhafte, anklage, verurteile -aufgrund von mir geschriebener Gesetze- und anschließend zur Verbüßung der Haftstrafe in meinen Keller sperre, weil ich "glaube", dass dieser seine Ehefrau ermordet hat, hat dies nichts mit einer Herrschaft des Rechts zu tun, sondern mit einer Herrschaft von Willkür. In ihrem Aufsatz "The Nature of Government" schreibt Ayn Rand, dass eine "friedliche Koexistenz" unmöglich sei, wenn Menschen unter der permanenten Androhung einer Gewaltanwendung durch ihre Nachbarn leben müssen. Es geht bei einer Diskussion anarchistischer Vorstellungen auch nicht um die Frage, ob ein System eines auf die Verteidigung der Individualrechte begrenzten Staates schwierig zu erreichen ist oder ob Staaten in der Regel anders aussehen als der beschriebene streng begrenzte Staat, d. h. Individualrechte verletzen. Es geht um die Frage, ob die Existenz eines solchen begrenzten Staates, ebenso wie die Existenz jedes anderen denkbaren Staates, bereits per se die Rechte von Menschen verletzt, wie dies die Anarchisten behaupten. Die Rechtsverletzung soll darin bestehen, dass der Staat auf seinem Monopol der Gewaltanwendung besteht und andere Anbieter auschließt. Ein solche Argumentation beruht auf der Vorstellung, dass die Anwendung von vergeldender Gewalt ebenso wie ein Auto oder ein Haarschnitt auf dem freien Markt gekauft werden sollte. Dass es dieses Recht nicht gibt, dass die Bürger dieses Recht an den Staat abtreten müssen, beruht nicht darauf, wie Don Watkins schreibt, "dass ein Individuum nicht das Recht hätte, vergeltende Gewalt anzuwenden", sondern darauf, "dass jedes andere Individuum das Recht hat, nicht der Initiierung von Gewalt ausgesetzt zu sein." Der Anarchist sieht es als eine Verletzung seiner Rechte an, wenn er daraufhin überprüft wird, ob die Anwendung seiner Gewalt rechtmäßig, d. h. vergeltend war, oder nicht. "Das wirkliche Ziel der anarchistischen Attacke ist die Objektivität", schreibt der Philosoph Harry Binswanger. "Sie verdammen die vergeltende Gewalt des Staates, weil sie objektiv ist. Sie fordern die 'Freiheit', Gewalt nach Laune anzuwenden." Wenn es demnach ein System eines die Rechte schützenden Staates, oder irgendetwas, was dem nahekommt, gibt, dann existiert kein "Recht" mit diesem Staat in Konkurrenz um die Anwendung vergeltender Gewalt zu treten.

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