Freitag, September 19, 2003

Der Geschäftsmann als Sündenbock:
Josef Ackermann

"Das Landgericht Düsseldorf hat die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Josef Ackermann, zugelassen." , berichten die FAZ-Nachrichten. "Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sollen Ackermann und fünf weitere Manager bei der Abfindung ehemaliger Mannesmann-Vorstände und Aufsichtsräte [bei der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone] dem Konzern einen Schaden von bis zu 111 Millionen Mark (57 Millionen Euro) zugefügt haben."

Erstens weiß ich nicht, was an Abfindungen anstößig sein sollte. Was sollte an einer Geldzahlung falsch sein, die lediglich den Abschluß einer erfolgreichen Zusammenarbeit unterstreicht ? Der Vorwurf lautet auf Betrug. Eine Abfindung fällt doch unter die Kategorie "Gehaltszahlung". Ist die Staatsanwaltschaft inziwschen der Meinung, daß Gehaltszahlungen für Unternehmen einen "Schaden" bedeuten ? Ist das Gehalt auf meinem Konto am Monatsende ein "Betrugsfall" ? Würden Sie den Geschäftsführer oder den Personalchef dafür Betrug anlasten ?

Zweitens scheint die Staatsanwaltschaft Anstoß an der Höhe der Abfindungen zu finden. Will sich die Staatsanwaltschaft jetzt anmaßen, die Höhe von Gehaltszahlungen festzulegen ? Wenn man die politische Diskussion um die Gehälter von Spitzen-Managern beobachtet, stellt man fest, daß Politiker inzwischen der Ansicht sind, Maximalgrenzen für Einkommen festlegen zu dürfen. Das Recht auf Vertragsfreiheit scheint für sie nicht mehr zu existieren.

Falls jemandem ein Schaden entstanden sein sollte, dann wäre dem Konzern der Schaden entstanden. Es wäre dann aber Sache der Eigentümer des Konzerns, sich um die Sache zu kümmern, nicht aber eine Angelegenheit für die Staatsanwaltschaft. Es wäre eine Angelegenheit der Hauptversammlung, eine zivile Klage zu beschließen und führen zu lassen, aber keinen strafrechtlichen Fall.

Ich beobachte seit einiger Zeit mit Mißmut das Verhalten der Staatsanwaltschaft in diesem Lande. In zunehmendem Maße mischt sie sich in Fälle ein, die eindeutig privatrechtlichen Charakter haben. Die Herren der Staatsanwaltschaft vertreten offensichtlich die Meinung, daß es keinen Unterschied mehr zwischen privat und öffentlich gibt, und alle Fälle in den Bereich der Staatsaufgaben fallen. Beobachten Sie einmal, wie oft Sie inzwischen in den Medien hören "die Staatsanwaltschaft ermittelt". Staatsanwalt zu sein, ist ein wahrhaft göttlicher Job. Die Herren können jeden verfolgen, können selbst aber nie zur Rechenschaft gezogen werden. Jede erfolgreiche Person kann ihr Opfer werden.

Das Verb "ackern" wird landläufig dazu verwendet, um Anstrengung und harte Arbeit zu beschreiben. Wie anders als mit "ackern", soll es Herrn Ackermann gelungen sein, sich an die Spitze des erfolgreichsten deutschen Bankkonzerns zu bringen ? Er hat sich angestrengt und hat Erfolg. Für die Herren der Staatsanwaltschaft scheint das eine Sünde zu sein; Zeit für sie, ihm eines auszuwischen, ihn "in seine Schranken zu weisen", zeigen wer der Herr im Hause ist: der Staat soll Vorrang haben, und dem soll sich jeder unterordnen. Und hier finden wir das wahre Motiv der Staatsanwaltschaft: derartige Fälle sind dazu gedacht, erfolgreiche Geschäftsleute einzuschüchtern. Die Botschaft der Staatsanwaltschaft lautet: "Gesetze sind mittlerweile derart willkürlich, daß wir jeden jederzeit wegen jeder beliebigen Geschäftstätigkeit anklagen und verurteilen lassen können." Es soll gezeigt werden, daß Geschäftsleute der Politik gehorchen müssen, daß sie nicht für sich selbst arbeiten dürfen, daß sie "der Öffentlichkeit" (wer das auch immer sein mag) dienen müssen.

Anfeindungen gegen Geschäftsleute sind eine weit verbreitete Krankheit. Der Haß auf Geschäftsleute hat eine lange Tradition. Geschäftsleute werden für jede Art von Krise verantwortlich gemacht: für Konjunkturflauten, Währungskrisen, leere Staatskassen, "Materialismus", "Konsumgesellschaft", Sittenverfall. Bei jedem dieser Vorwürfe hat Politik die Privatheit des Individuums geraubt, sich auf diesem Gebiet für zuständig erklärt und ist gescheitert: Konjunkturflauten entstehen unter anderem durch Einmischung der Politik in die Ökonomie, hohe Steuern und Regulierungswut; Währungskrisen durch eine falsche Zentralbankpolitik; leere Staatskassen durch Sozialpolitik und allgemein zu hohe Ausgaben; "Materialismus", "Konsumgesellschaft" und Sittenverfall durch die Anmaßung des Staates, den Inhalt der Köpfe der Menschen bestimmen zu wollen, z.B. durch staatliche Schulen und "staatliche Wissenschaft" (wobei ich an der Konsumgesellschaft nichts Schlechtes finden kann; ich liebe Konsum ).

Josef Ackermann ist das neueste Opfer dieser Hetze. Und kaum ein Journalist wird ein Wort für ihn sprechen; die meisten werden mithetzen. Das kommt in der Bevölkerung schließlich gut an.

Herr Ackermann kann diese Kampagne nur überstehen, wenn er weiß, daß er sich auf der moralischen Seite befindet, und daß seine Gegner unmoralisch sind. Er muß wissen, daß er und die Mannesmann-Vorstände ein Recht darauf haben, auf freiwilliger Basis verhandelte hohe Einkommen, Abfindungen und Pensionen für sich zu erzielen und daß das niemanden etwas angeht, außer die beteiligten Vertragsparteien. Er muß sagen, daß derartiges Eingreifen des Staates in das Geschäftsleben eine Zerstörung der rechtmäßigen Privatsphäre bedeutet und daß sich der Staat morgen ein anderes Opfer suchen wird.

Ich denke, es wird nicht mehr lange dauern, bis Gesetze erlassen werden, die nicht nur Gehalts-, Abfindungs- und Pensionszahlungen für Spitzen-Manager begrenzen, sondern die "überhöhte Gehaltszahlungen" strafbar machen werden. Was "überhöht" ist, bleibt dann sicher den Launen der Staatsanwaltschaft überlassen, um sicher zu stellen, daß Geschäftsleute mit genügend Rechtsunsicherheit leben müssen. Es gibt Bestrebungen in der Politik, alles strafbar zu machen, was mit der vernünftigen Ausübung eines Berufes zusammenhängt.

Ich möchte mit einem Dialog aus Atlas Shrugged abschließen, in dem sich Dr. Ferris, ein Staatsvertreter, und Henry Rearden, ein Stahlproduzent, über Justiz unterhalten:

Ferris: "Wir haben lange darauf gewartet, etwas gegen Sie in die Hand zu bekommen. Ihr ehrlichen Männer seid so ein Problem und macht uns viele Kopfschmerzen. Aber wir wußten, Sie würden früher oder später einen Fehler machen, und gerade das wünschten wir uns."

Rearden: "Sie scheinen sich darüber zu freuen."

Ferris: "Habe ich nicht allen Grund dazu ?"

Rearden: "Ich habe schließlich gegen eines Ihrer Gesetze verstoßen."

Ferris: "Wozu haben wir die wohl ? ... Glauben Sie wirklich, es sei unser Wunsch, daß diese Gesetze befolgt werden ? Wir wollen, daß man gegen sie verstößt. ... Wir wollen die Macht, weiter nichts. ... Unschuldige Menschen kann man nicht beherrschen. Die einzige Macht jeder Regierung ist die Macht, gegen Verbrecher vorzugehen. Wenn es nicht genug Verbrecher gibt, dann macht man sie. Man stempelt so vieles zum Verbrechen, daß die Menschen nicht leben können, ohne Gesetze zu übertreten. Wer wünscht eine Nation von gesetzestreuen Bürgern ? Wem nützt das was ? Aber man erlasse einfach Gesetze, die weder befolgt, noch durchgesetzt, noch objektiv ausgelegt werden können, und schon schafft man eine Nation von Gesetzesbrechern; und dann läßt man sich die Schuld bar bezahlen. Das ist das System, Mr. Rearden, das ist das Spiel, und wenn es Ihnen erst einmal klar geworden ist, dann werden wir es viel leichter mit Ihnen haben."

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