Samstag, Juni 07, 2003

Der Tod eines Politikers
Sicherlich ist der Tod von Jürgen Möllemann tragisch zu nennen. Aber dies kann keineswegs dazu führen, sich einer allgemeinen Amnesie bei der Bewertung dieses verstorbenen Politikers hinzugeben. Taten und Worte zählen. Der Tod kann daran nichts ändern. Ebenso sollte allen Versuchen eine Absage erteilt werden, durch irgendwelche Schuldzuweisungen die persönliche Verantwortung des Jürgen Möllemann für sein Leben, und offensichtlich auch sein Sterben, zu untergraben. Jürgen W. Möllemann war keine verfolgte Unschuld, die in den Tod getrieben wurde. Er war kein John Galt. Er war kein moralischer Gigant, der weit aus der Masse herausstand. Ganz im Gegenteil. In bösen Zeiten hätte ein Politiker mit den Charaktermerkmalen eines Jürgen Möllemann wirklich böse Dinge anrichten können. Er konnte es nicht tun, weil er ein Kind der Bundesrepublik Deutschland war, eines Systems der begrenzten Macht. So blieb es bei einem begrenzten Schaden. Für Möllemann war, wie es selbst sagte, Politik eine Droge. Es war die Droge, seine persönlichen Launen ausleben zu können. Mit einer großen rhetorischen Begabung sicherlich, aber auch mit ebenso viel Rücksichtslosigkeit und Machthunger. Diese Droge war ihm genommen worden. Noch vor kurzem gab er der nationalistischen Zeitschrift "Nation + Europa" ein Interview. Für jeden Politiker einer etablierten Partei wäre ein derartiges Interview ein politisches Todesurteil gewesen. Bei Möllemann war es nicht mehr von Interesse. Er gehörte schon nicht mehr dazu. Und dies war für ihn wohl nicht zu ertragen.

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