Montag, September 19, 2005

Linksruck
Deutschland hat gewählt (Ergebnisse Analyse der Friedrich-Naumann-Stiftung), und dieses Land hat den Linksparteien wiederum eine Mehrheit beschert, auch wenn sich vermutlich aus dieser Mehrheit keine Regierung ergeben wird: SPD, Grüne und Linkspartei haben zusammen 51,1 % der Stimmen erobert, exakt die Prozentzahl, die auch vor 3 Jahren erreicht wurde. Bei den Intellektuellen lag dieser Anteil sogar bei 53,4 %. Innerhalb dieser Linken haben sich allerdings die Gewichte zugunsten der neokommunistischen Linkspartei verschoben, die stark dazugewinnen konnte. Dazu kommen noch 1,6 % Stimmen der nationalistischen NPD, die bei den letzten Wahlen nur 0,5 % erhalten hatten. Neben der NPD war bezeichnenderweise nur die maoistische Kleinpartei MLPD (Ergebnis: 0,1 %) in der Lage, die notwendigen Unterschriften zu sammeln, um in allen Bundesländern antreten zu können. Deutlich haben die bisherigen Regierungsparteien SPD und Grüne sich im Wahlkampf an die ultralinke Rhetorik der Linkspartei angepaßt und frohlockten nach dem Einlaufen der Hochrechnungen, dass der deutsche Wähler einer "Abschaffung des Sozialstaates" (Umweltminister Trittin) widersprochen habe. Zwar hatten die bürgerlichen Parteien den Wählern nichts dergleichen vorgeschlagen, es reichte allerdings aus, dass die CDU/CSU in taktischer Ungeschicklichkeit den Anhänger einer Flat-Tax -"dieser Professor aus Heidelberg", wie ihn Kanzler Schröder titulierte- in ihr Kompetenzteam hievte, um den Linken den Anlass für eine demagogische Kampagne zu geben, die in Teilen der Bevölkerung tatsächlich fruchtete. Die Kritik an Kirchhof blieb allerdings nicht auf die Linke beschränkt, sondern wurden von Teilen des Unionslagers geteilt, worauf die NZZ hinwies: "Dabei ist es nicht nur das linke Lager, welches sich auf Kirchhof eingeschossen hat. Auch aus den beiden Unionsparteien wird viel Kritik hörbar, die letztlich ähnliche Argumente ins Feld führt."
Der schwedische Ministerpräsident Persson bewertet das Ergebnis der Bundestagswahl, durchaus zutreffend, als Linksruck: "Trotz der harten Kritik an Schröder und seiner Politik sind die Wähler sogar noch nach links gerückt. Das ist ein erheblicher Rückschlag für die Bürgerlichen in Deutschland. Es sollte Schröder die Chance zur Fortsetzung als Kanzler geben." Fast möchte man diesem Land wünschen, dass sich die rechnerische Mehrheit der Linken auch in der Regierung niederschlagen möge, damit die Bevölkerung -wieder einmal- aus nächster Nähe mit der Folgen linker Politik konfrontiert wird. Tatsächlich ist die Bevölkerung zu tief in einem kollektivistisch-altruistischen Denken verhaftet, als dass man auf der politischen Ebene große Durchbrüche erwarten könnte, selbst bei einer Regierungsübernahem der Bürgerlichen nicht. So bechreibt Rudolf Maresch im linken Online-Magazin Telepolis die "deutsche Krankheit" durchaus zutreffend als eine Krankheit, die keineswegs ihre Ursache ausschließlich oder vorwiegend auf der politischen Ebene hat: " Dieses Land ist krank bis unter die Haarspitzen, und zwar auf allen Ebenen. (...) Schuld an dieser Misere und des Nichtaufbruchs sind gewiss nicht allein die Politiker. Deren mangelnde Qualität ist eher Ausdruck einer Gesellschaft, die über all die Jahre ihres Wohlstandes fett und schwerfällig geworden ist, der der nötige Willen zur Bewegung und zum Abspecken überflüssiger Pfunde abgeht und an deren Beharrungsvermögen und Trägheit die fliehenden Kräften bislang abprallen wie das Meer an den Klippen." (über Antibürokratieteam)

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