Es muss noch viel schlimmer kommen
Der Wahlkampf in Deutschland zeigte eine bürgerlicher Opposition, die Veränderungen wollte -viel zaghafter zwar, als die Linksparteien behaupteten, aber immerhin waren sie zu gewissen Korrekturen des Wohlfahrtssystems bereit- und den Block der Linksparteien, der jeden Angriff auf den Wohlfahrtstaat als "sozial ungerecht" und "marktradikal" diffamierte. Ergebnis: eine absolute Mehrheit der Stimmen für die Linksparteien. Mark Steyn kommentiert im Telegraph (Teilübesetzung in DIE WELT) die fehlende Reformbereitschaft der Deutschen und meint, dass es noch viel schlimmer kommen müßte, um dieses Volk aufzuwecken:
"Deutschland ist am Ende, demographisch und ökonomisch. Nehmen Sie jeden beliebigen Indikator einer gesunden Industriegesellschaft: Arbeitslosigkeit? Die höchste seit 70 Jahren. Immobilienpreise? Im Keller. Registrierte Neuwagen? 15 Prozent weniger als 1999. Allgemeiner Irrsinn? Ein Drittel der unter Dreißigjährigen glaubt, die amerikanische Regierung stecke hinter den Anschlägen vom 11. September.
Arbeitslosigkeit und so weiter mögen reversibel sein, aber die letzte Zahl signalisiert, daß die Deutschen nicht das Wahlvolk sind, dem man mit rationalen Argumenten kommen kann. Im Wahlkampf gab es endlose Hinweise auf "notwendige Reformen" und "schmerzvolle Veränderungen" - aber darauf hatten die Wähler keine Lust.
Wenn es überhaupt einen Trend gab, dann den, daß die Wähler Gerhard Schröder sogar für die paar moderaten Reformen bestraft haben, die er gewagt hat. Einigen aktuellen Umfragen zufolge wollen 70 Prozent der Deutschen keine weiteren Kürzungen der Sozialleistungen, befürworten aber eine Steuererhöhung für die Reichen. Im April sagten nur 45 Prozent der Deutschen, daß Konkurrenz gut für Wachstum und Beschäftigung sei.
Mit anderen Worten: die Lage muß noch viel schlimmer werden, bevor die Deutschen anfangen, über ernsthafte Veränderungen nachzudenken."
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