Mittwoch, März 24, 2004

"Kauft amerikanisch!" ist unamerikanisch
In Amerika ist sie schon in vollem Gange, in Deutschland beginnt sie jetzt: die "Patriotismus-Debatte". Es geht um das sog. "Outsourcing", das Verlagern von Arbeitsplätzen in kostengünstigere Länder.
Der Vorstandssprecher des deutschen Softwarekonzerns SAP, Henning Kagermann, hat die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland verteidigt: "Wenn wir da nicht mitziehen, dann sind wir nicht wettbewerbsfähig, verlieren Marktanteile und letztendlich einen Teil der Arbeitsplätze in Deutschland. Es wundert mich, dass in der Öffentlickeit von den Verantwortlichen so wenig gewürdigt wird, dass dies ein ökonomischer Zwang ist." Der Vorsitzende des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, hatte sich ähnlich geäußert: "Ich empfehle den Unternehmen nicht auf eine bessere Politik zu warten, sondern jetzt selbst zu handeln und die Chancen zu nutzen, die zum Beispiel in der Osterweiterung liegen. Das ist letztlich auch ein Rezept zur Sicherung von Arbeitsplätzen und Lehrstellen in Deutschland." Der Bundeskanzler war über die Äußerungen von Braun gar nicht "amused", und sprach von einem "unpatriotischen Akt". Bei der Bemerkung des Bundeskanzlers muss man unwillkürlich an die Meinung des britischen Schriftstellers Samuel Johnson denken, der im 18. Jahrhunderte verkündete, dass der Patriotismus die letzte Zuflucht des Schurken sei. Hinter der Aufforderung "patriotisch" zu handeln, steht die Vorstellung, dass der Adressat der Aufforderung seine eigenen Interessen negieren und sich für das "Gemeinwohl" aufopfern soll. Obwohl die Meinung von Ludwig Georg Braun ein provokatives Element gegenüber der Regierung beinhaltet, fehlt auch in dieser Aussage, wie auch der von Henning Kargermann, eine grundlegende moralische Bewertung gegenüber einer Strategie der Auslagerung, eine Zurückweisung der geforderten Opferhaltung. So vertritt etwa David Holcberg vom Ayn Rand Institut die Auffassung, dass die weit verbreitete Verurteilung der amerikanischen Unternehmen wegen ihrer Auslagerungsaktivitäten "keine legitime moralische Basis" habe. Amerikanische Unternehmen hätten das "moralische Recht" durch Geschäftsbeziehungen mit jedermann überall auf der Welt ihre Kosten zu reduzieren und ihre Profite zu maximieren. Ausnahmen will Holcberg nur für Menschen oder Unternehmen machen, die Amerika bedrohen oder die sich im Krieg mit Amerika befinden. Holcberg geht zwar auch darauf ein, wie Kargermann oder Braun, dass Unternehmen zur Auslagerung gezwungen sein könnten, um konkurrenzfähig zu bleiben, um überhaupt noch Jobs in Amerika anbieten zu können, aber zum Schluss wendet er sich wieder der moralischen Dimension des Problems zu: "Und wie die Amerikaner keine moralische Verpflichtung haben, nur amerikanische Produkte zu kaufen, so haben auch die amerikanischen Unternehmen keine moralische Verpflichtung, nur amerikanische Arbeitnehmer zu beschäftigen." Wenn Gerhard Schröder wirklich glaubt, dass die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland ein "unpatriotischer Akt" wäre, müßte er dieses auch von Urlaubsreisen ins Ausland -auch nach Italien!- oder vom Kauf ausländischer Produkte behaupten. Da all diese Aktivitäten massenhaft passieren, ja, man muss vermuten, fast jeder Deutsche sich ihnen mehr oder weniger stark hingibt, muss man wohl zu dem Schluß kommen, dass alle Deutschen durch die Bank "unpatriotisch" sind. Wer sich darüber mokiert, dann steht es in einem freien Land frei, sich anders zu entscheiden. Er kann "deutsch" kaufen, er kann "Made in Germany" auf seine Produkte schreiben und darauf hoffen, dass "Patriotismus" zieht. Er kann dies tun mit den Mitteln der Überzeugung, nicht des staatlichen Zwanges. Alles andere wäre im Falle von Amerika "unamerikanisch", oder hierzulande einfach "unfreiheitlich".

Vergleiche dazu auch den Aufsatz "Buy American" is Un-American von Harry Binswanger. Er sieht hinter der Parole "Buy American" eine kollektivistische Prämisse. Ökonomischer Nationalismus, wie Rassismus, bedeute Menschen und ihre Produkte nicht nach ihren Meriten zu beurteilen, sondern anhand der Gruppe, aus der sie stammen.






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