Montag, Juni 23, 2003

Die große Abtreibungsdebatte
Unter dem Titel "An Objectivist Condemnation of Abortion" hat G. Stolyarov II eine heftige Abtreibungsdebatte auf der objektivistischen Site soloqh.com ausgelöst. Stolyravov vertritt die für einen Objektivisten sicherlich sehr untypische Auffassung, dass es sich bei einem Fötus nicht um einen potentiellen Menschen handelt, sondern um eine "futuristische Gewissheit" wie dies auch bei einem schlafenden Menschen und einem Kind der Fall wäre. Zwar habe ein Fötus kein volititionales Bewußtsein, dies habe ein schlafender Mensch aber auch nicht. Für Stolyarov sind potentielle Menschen nur solche, die noch gar nicht gezeugt wurden, d. h. deren spezfisches Genom noch nicht feststeht. Da auch der Tod eine "futuristische Gewissheit" für alle Menschen ist und Stolyarov sicherlich lebende Menschen nicht wie Tote behandelt sehen möchte, sieht es sich zu dem Einwurf veranlasst, dass das menschliche Leben der höchste Wert in der objektivistischen Ethik sei und der Tod einen Nicht-Wert darstellt, und dass eben deshalb diese Differenzierung zulässig sei. Er sieht eine Abtreibung als eine Initierung von Gewalt gegen ein "futuristisch gewisses menschliches Wesen" an, was die Person, die diese Gewalt ausübt, zu einem Kriminellen macht. Diese Position hat heftige Gegenstimmen provoziert. Mittlerweile gibt es im Diskussionsforum über 70 Stellungnahmen, wobei allerdings Stolyarow mit seiner Argumentation allerdings recht allein auf weiter Flur steht.

Tatsächlich lassen sich zum Thema Abtreibung auch durchaus ambivalente Äußerungen bei Ayn Rand oder Leonard Peikoff finden, obwohl das Ayn Rand Institute Frauen die unbeschränkte Möglichkeit der Abtreibung einräumen möchte. In "A Last Survey" schreibt Rand, dass man über die späteren Phasen der Abtreibung diskutieren könne, aber die wesentliche Frage nur die ersten drei Monate betreffe. Leonard Peikoff schreibt im Juni 1986 in TOF, dass die Neuen Rechten "sogar" die Abtreibung in der ersten drei Monaten der Schwangerschaft verbieten lassen wollen.

Entscheidendes Kriterium bei der Frage der Verleihung von Rechten an Föten ist in der Tat die Frage, welchen Status diese einnehmen, denn wie Rand feststellte, gehören Rechte nur Menschen. In OPAR beantwortet Leonard Peikoff diese Frage recht eindeutig: "Ein Potential ist keine Aktualität, und ein befruchtetes Ei, ein Embryo oder ein Fötus sind keine menschlichen Wesen." Ein befruchtetes Ei oder ein Embryo sind biologisch gesehen zwar menschlich, aber sie sind keine Personen, ebenso wie ein hirntoter Mensch keine Person mehr ist. Sie sind deshalb keine Personen, weil sie noch nicht oder nicht mehr über ein volititonales Bewußtsein verfügen. Ein schlafender Mensch verfügt über ein solches, auch wenn er es zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht benutzt. Er bleibt somit auch während seiner Schlafphase ein rationales Wesen, ebenso wie ein Mensch, der die Luft anhält, weil er sich unter Wasser befindet, ein atmendes Wesen bleibt.

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