Mittwoch, Januar 11, 2006

Kant als Begrenzer der Vernunft
In der Ausgabe Oktober 1975 der Zeitschrift The Ayn Rand Letter beschäftigt sich Ayn Rand in dem Aufsatz "From The Horse's Mouth" (auch enthalten in dem Sammelband "Philosophy: Who Needs It?") mit dem Buch "Immanuel Kant: Sein Leben und seine Lehre" (englisch: "Immanuel Kant: His Life and Doctrin") des deutschen Philosophen Friedrich Paulsen (1846 - 1908). Paulsen ist ein überzeugter Anhänger Kants und seine Darstellung der Philosophie Kants ist so empörend für Rand, weil sie sein Buch als ein Symptom ansieht für die Zustand der Welt des 19. Jahrhundert (das Buch erschien 1898), eine Welt, die existenziell die beste war in der Geschichte des Westens, philosophisch aber die schlechteste: "Paulsen demonstriert nur, wie vollständig diese Bösartigkeit sich verbreitet hatte in der westlichen Kultur am Anbeginn des 20. Jahrhunderts." Und die Ursache dieser Bösartigkeit liegt im Wirken des Philosophen aus Königsberg. Paulsen beschreibt, so Rand, in seinem Buch, wie Kant die Aufgabe bewältigt, zwischen der Religion auf der einen und der Wissenschaft auf der anderen Seite zu vermitteln. Die Konflikt zwischen Wissen und Glauben, erkläre Paulsen, "hat sich durch die gesamte Geschichte der menschlichen Denkens gezogen" und Kants große Leistung bestehe daraus, behauptet er, dass er sie versöhnt habe. Kant habe zum ersten Mal die Trennlinie gezogen zwischen Wissen und Glauben. Zum Wissen gehöre die Welt der Phänomene, die der Überprüfung zugänglich wären, aber dem Glauben obliege die Interpretation des Lebens und der Welt. Diese Aufteilung, lautet Rands Interpretation, erlaubt der Vernunft die materielle Welt zu erobern, aber eliminiert sie von der Auswahl der Ziele, für die die materiellen Errungenschaften eingesetzt werden sollen: "In Kants System hat die Moralität nichts zu tun mit dieser Welt, auch nichts mit der Vernunft oder der Wissenschaft, sondern kommt -durch die Gefühle- aus einer anderen, unerkennbaren, 'noumenalen' Dimension." Rand beschreibt anhand eines Beispiels die praktischen Folgen einer Begrenzung der Wissenschaft auf die materielle Welt und des Glaubens auf den Bereich der Moralität und macht die überlebenswichtige Bedeutung der Philosophie durch deutlich: "Was wäre, wenn einer von jenen Männern politische Macht bekommen würde und müßte über die Frage entscheiden, ob er einen Atomkrieg auslösen möchte. Als ein Kantianer müßte er diese Entscheidung nicht aufgrund von Vernunft, Wissen und Fakten treffen, sondern aufgrund des Drängens des Glaubens, d.h. von Gefühlen, d. h. von Launen."

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