Mittwoch, Juli 21, 2004

Die Helden vor 60 Jahren
Im Focus vom Montag bezeichnet Chefredakteur Helmut Markwort die Putschisten vom 20. Juli 1944 als Helden: "Diese deutschen Helden werden zu wenig gewürdigt. Es waren Adelige und Gewerkschafter, Studenten und Offiziere, Katholiken und Protestanten, Kommunalpolitiker und Diplomaten, die das Morden beenden und wieder ein Deutschland nach Recht und Gesetz aufbauen wollten."
 
Für den Philosophen Andrew Bernstein vom Ayn Rand Institute ist ein Held jemand, "der sich in der einen oder anderen Form entweder der Schaffung oder der Verteidigung von dem Leben dienenden Werten verpflichtet hat." Und an anderer Stelle des Interviews: "Ein Held ist jemand, der die Werte schafft und/oder verteidigt, die das Leben des Menschen auf der Erde möglich machen." Bernstein spricht von den Hindernissen, die ein Mensch überwindet und der "gewaltigen, heroischen Anstrengung." Von den Leistungen des Helden profitieren die anderen Menschen direkt durch die Produkte ihrer Anstrengungen, aber auch ideel durch die gewaltige Inspiration, die von einem Helden ausgeht: "Der Held zeigt uns, was das menschliche Potential ist." In einem konkreten Beispiel erwähnt Bernstein einen fiktiven Komiker in der Sowjetunion oder in Nazi-Deutschland, der sich über den Diktator lustig macht, basiernd auf den rationalen Prinzipien, die das Leben erfordert. Auch dies sei eine sehr heroische Aktion. 

Fällt Claus Graf Schenk von Stauffenberg in diese Definition von Bernstein? Ich denke, dass dies so ist, aber eine Diskussion unter Objektivisten wäre dies sicherlich wert. Sicherlich muss man natürlich konstatieren, dass Stauffenberg dem Regime in seinen militärischen Funktionen an herausragender Stelle diente, was ihn allerdings später überhaupt erst in die Lage versetzte, dem Regime beinahe einen tödlichen Hieb zu versetzen. Stauffenberg und seine Gefolgsleute versuchten, einen extremen Anti-Wert zu vernichten, eine mörderische Diktatur, und sie unternahmen äußerste Anstrengungen, dieses Ziel zu erreichen, in einer Weise, wie es nur wenigen Menschen möglich ist. 
Natürlich kann diese Charakterisierung nur vorgenommen werden, weil Stauffenberg und seine Mitverschwörer eben keine Nazis waren, die andere Nazis gewaltsam von der Macht entfernen wollten, sondern weil sie den Kampf gegen den Irrationalismus der Diktatur im Namen einer neuen Freiheit führten, so diffus oder gar abstoßend ihre politischen Ansichten auch gewesen sein mögen. Wie behandelt nun das politische Deutschland den Putschversuch des 20. Juli? Wandert man über die Websites der deutschen Parteien, die sich als "national" verstehen, findet sich ein auffälliges Schweigen zu den Vorgängen des 20. Juli. Schwingt hier der Verratsvorwurf der Nachkriegszeit nach, den so viele Deutsche erhoben, oder ist das Thema für Kleinparteien zur Profilierung ungeeignet? Auch die beiden Jürgen-Möllemann-Erinnerungsparteien FAKT und ELPD meiden das Thema.

Bei der CDU hingegen findet sich eine Erklärung der Parteivorsitzenden Angela Merkel an herausragender Stelle. Ebenso gilt dies für die FDP und die SPD, wenn auch in der Stellungnahme der SPD anderen Widerstandsgruppen größerer Raum eingeräumt wird und keine Namensnennung eines Verschwörers vom 20. Juli erfolgt, was noch nicht einmal die PDS fertigbringt, die gleich ihre historische Kommission in einem längeren Traktat den kommunistischen Widerstand würdigen läßt.  Anders als die SPD dagegen die Grünen: Sie sprechen von einer mutigen Tat und erwähnen auch von Stauffenberg namentlich.

Weil das Handeln von Helden auch andere Menschen gewinnen, sind sie deswegen noch lange keine Altruisten, wie auch die Männern des 20. Juli in der öffentlichen Diskussion immer wieder angedichtet wurde: 
«Sie verloren das eigene Leben, weil sie das anderer retten wollten», sagte Bischof Huber während des Gedenkgottesdienstes im Berliner Dom am Sonntag.
 
Quelle: Kölnische Rundschau








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