Donnerstag, Oktober 30, 2003

Politischer Aktivismus und politische Philosophie
Bei den kalifornischen Gouverneurswahlen, die Arnold Schwarzenegger den Job brachten, kandidierte auch jemand, der sich offenbar als Objektivist versteht: der Geschäftsmann Darrow Clements, der als Republikaner in den Ring stieg. Auf seiner Website sieht man ihn mit Rands Roman Atlas Shrugged und er zitiert Rand auch. Clements erhielt 274 Stimmen, nur vier Kandidaten erhielten weniger.

Nick Provenzo von Center for the Advancement of Capitalism sieht in Clements Kandidatur eine Übung in Vergeblichkeit: "Clements machte den klassischen liberalen Fehler - er stellte politischen Aktivismus vor eine politische Philosophie." Was Provenzo meint, wird bei einem Blick auf die Website von Clements deutlich: Er wirkt recht konventionell, im Stile eines x-beliebigen Kandidaten der Libertarian Party der USA, mit einer Betonung der Ablehnung des "Krieges gegen Drogen", oder ganz allgemein "gegen den Staat" - obwohl ich schon denke, dass er Rand gelesen hat und sich auch bemüht, ihre Philosophie in ein politisches Programm zu transformieren. Provenzo hält dies für einen falschen Ansatz: "Man kann nie Drogen als solche verteidigen, man muss die individuelle Souveränität verteidigen. Der praktische Weg, für die Freiheit zu kämpfen, ist es, das Recht rationaler Menschen zu verteidigen, rationale Entscheidung zu treffen. Der wirkliche Kampf ist nicht ein politischer Kampf. Der wirkliche Kampf in Amerika dreht sich nicht um den exzessiven Staat - er dreht sich um den ungenügenden Individualismus."

Provenzos Kommentar hat eine durchaus interessante Diskusssion auf seinem Blog ausgelöst, um die ewig junge Frage "Objektivismus und Liberalismus". Ein Leser vertritt die Auffassung, dass Objektivisten die Philosophie ihrer Opponenten in Frage stellen müssen, wenn sie Erfolg haben wollen: "Liberale haben daran kein Interesse. Sie wollen den Staat aus unserem Leben heraus haben, aber wenn er dann draußen ist, lassen sie uns ohne uns Orientierung gebende Prinzipien oder Ideen zurück, nach denen wir leben sollen. Stattdessen ein "Erlaubt ist, was gefällt", seien es Drogen, kultureller Relativismus oder sogar die Erlaubnis für feindliche Nationen, dass sie Massenvernichtungswaffen haben dürfen."

Aber hätte ein philosophisch konsistenteres Programm irgendeine Erfolgsaussicht angesichts der kulturellen Dominanz kollektivistischer Ideen in der Wählerschaft, auch in den USA.
Ein weiterer Leser schreibt: "Wie es Walter E. Williams in eine seiner Kolumnen sagte, wenn irgendeiner unserer Gründerväter für die Präsidentschaft kandidieren würde, er würde elend verlieren. Sozialismus ist die Staatsform, die die Leute bereit sind, zu akzeptieren in diesen Tagen. Wenn irgendjemand den potentiellen Wählern erzählt, dass sie kein Recht auf eine Krankenversorgung, dass sie keine Recht auf Lebensmittel, dass sie kein Recht auf eine Wohnung und dass sie kein Recht auf einen 'Lebensunterhalt' haben, und das sie nur ein Recht auf Leben, auf Freiheit und auf das Streben nach Glück haben, er würde keine Stimmen bekommen, auch wenn er die Wahrheit sagte."

Provenzos Argumente wirken widersprüchlich. Er betont, dass der primäre Kampf eine philosophischer sei, nicht ein politischer, auf der anderen Seite kritisiert er die Unzulänglichkeiten der Libertarians, erweckt zumindest den Eindruck, als wäre mit einem objektivistischen Programm wirklich eine Massenmobilisierung möglich. Wenn es in erster Linie darum geht, Menschen eine philosophische Orientierung zu geben, ist eine politische Partei wahrscheinlich das falsche Mittel. Das Prinzip, rationalen Menschen rationale Entscheidungen zu ermöglichen, ist eben schwer in ein politisches Programm zu gießen. Ein politisches Programm sollte eine klar Aussage über das Verhältnis von Staat und Bürger machen. Clements formuliert das Programm eines auf die Funktionen des Militärs, der Justiz und der Polizei begrenzten Staates. Provenzo macht mir nicht deutlich, wo Clements hier falsch liegt. Was die Drogenproblematik angeht, so muss ich Provenzo Recht geben, dass der Punkt "Drogenliberalisierung" in einem politischen Programm oder in einer Kampagne nicht prioritär behandelt werden sollte. Allerdings räumt Provenzo selbst ein, dass er den Drogenkrieg verabscheut. Sollte also das Thema Drogenliberalisierung nur aus taktischen Gründen ignoriert werden oder will er die staatlichen Anti-Drogen-Gesetze doch tolerieren?

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