Dienstag, November 04, 2003

Die Glorifizierung des Anti-Helden
Selten habe ich einen Film gesehen, auf den das Attribut "gewaltverherrlichend" so zutreffend war, wie auf "Payback - Zahltag" mit Mel Gibson in der Hauptrolle, der gestern im ZDF lief. Der gläubige Katholik Gibson scheint keinerlei Skrupel gehabt zu haben, in diesem Film mitzumachen, wo ihm doch spätestens bei der Premiere die Schamesröte ins Gesicht hätte steigen sollen. Der von Gibson gespielte Hauptdarsteller Porter ist auf der Jagd nach 70 000 Dollar, die ihm ein Kumpel -bezeichnenderweise eine Sado-Masochist- nach einem Raubüberfall mit Gewalt abnimmt. Porter mordet bei der Jagd nach dem Geld in der Manier eines zynischen und gewissenlosen Mörders, bei dem die Ermordung eines Menschen einer Alltagsverrichtung gleichkommt. Die Gewaltanwendung dieses Films ist keineswegs vergleichbar mit der etwa der Dirty-Harry-Filme, wo die Clint-Eastwood-Figur Gewalt anwendet, um das Recht zu verteidigen. Entgegen der üblichen Weisheit "Gewalt löst keine Probleme" zeigt die Figur des Polizisten Callahan, genannt "Dirty Harry", dass Gewalt sehr wohl Probleme lösen kann. Dazu bedarf es selbstverständlich klarer Prinzipien, die legitime von illegitimer Gewalt unterscheidet.

"Payback" präsentiert uns hingegen eine Gesellschaft von Raubtieren, wo Menschen, die einer ehrlichen Beschäftigung nachgehen, nur Randfiguren sind, die den Räubern schutzlos ausgeliefert sind. Die Gewalt ist immer und überall präsent, jederzeit aktivierbar, um irgendeinem, willkürlich gewähltem Zweck zu dienen. Typisch die Bemerkung Porters, als er auf zwei korrupte Polizisten trifft: "Korrupte Cops! Gibt es überhaupt noch andere?" Eine der wenigen emotional entspannenden Szenen des Films zeigt uns immerhin, wie die Dienstaufsicht diese beiden Polizisten festnimmt. Der Film muss einen schockierten Zuschauer zurücklassen, der sich nur wünschen kann, in einer solchen Gesellschaft niemals leben zu müssen. Schockierend aber auch die Erkenntnis, dass die Kulturindustrie Amerikas derartige Filme absondert, offenbar in dem Glauben, eine entsprechende Nachfrage bedienen zu müssen.

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