Zum Tod der Journalistin Anna Politkowskaja kommentiert die Neue Zürcher Zeitung:
In diesem Fall kann es praktisch keine Zweifel geben: Anna Politkowskaja, die unerschrockene russische Journalistin, ist am Samstag in ihrem Moskauer Wohnhaus wegen ihrer kritischen Berichte über die kriminellen Zustände in Tschetschenien ermordet worden. Der stellvertretende Chefredaktor der Zeitung «Nowaja Gaseta», Witali Jaroschewski, erklärte nach der Tat, die 48-jährige Journalistin habe noch am Samstag an einem Artikel über Folterungen durch die Regierung des prorussischen tschetschenischen Ministerpräsidenten Ramsan Kadyrow gearbeitet.
Wie wenig überraschend dieser erschreckende Vorfall angesichts der Zustände in Putins Republik erscheinen muss, schildert das Buch Putins Demokratur von Boris Reitschuster:
Wie einst die Sowjet-Führer sind auch die neuen Kreml-Herren überzeugt, die Menschen in Russland seien nicht reif genug, um das Schicksal des Landes selbst zu bestimmen. Mit vielen schockierenden Beispielen macht Boris Reitschuster deutlich, wie menschenverachtend und zynisch der Staat seine Bürger behandelt. So etwa, wenn gegen den Staatschef protestierende Bürger zu Gefängnisstrafen verurteilt werden, während rassistische Totschläger auf Bewährung freikommen. Mit seinen lebendigen Alltagsbeschreibungen und profunden Analysen der politischen Verhältnisse nimmt der seit zehn Jahren in Moskau lebende Autor den Leser mit auf eine Reise durch das heutige Russland. Er dechiffriert das System Putins und zeigt, dass Moskaus Politiker trotz offiziellem Westkurs immer häufiger in die Sprache des Kalten Krieges zurückfallen. Ihre vom KGB geprägte Denkweise, derzufolge Russland von Feinden umzingelt und Demokratie lediglich ein Konstrukt ist, knüpft nahtlos an die Ideologie der Sowjetunion an. Die europäische Staatengemeinschaft fällt auf Moskaus Etikettenschwindel herein und macht gute Miene zu bösem Spiel - auch, weil sie auf die russischen Rohstoffe angewiesen ist. Besonders der unrühmlichen Haltung der rotgrünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder gilt Reitschusters Aufmerksamkeit. Er beschreibt die fortschreitende Putinisierung des deutschen Exkanzlers und beleuchtet die Hintergründe von Schröders Engagement beim russischen Staatskonzern Gasprom.
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