Donnerstag, November 20, 2003

Daniel Pipes: Das Argument für die "Irakisierung"
Der heutige Irak ähnelt dem Deutschland oder Japan von 1945 mitnichten, vor allem, weil hier eine sehr andere Gleichung besteht:

Deutsche und Japaner wurden beide als Volk besiegt, niedergerungen durch einen jahrelangen totalen Krieg; also akzeptierten sie den Wiederaufbau ihrer Gesellschaft und Kultur. Im Gegensatz dazu entkamen die Iraker fast unbeschädigt einem dreiwöchigen Krieg, der so angelegt war, dass er sie nicht schädigte. Im Gefühl, befreit, statt geschlagen zu sein, sind die Iraker nicht in der Stimmung, sich sagen zu lassen, wo es lang geht. Sie nehmen von der Besatzung das, was ihnen dient, und wehren – durch Gewalt oder andere Formen des Widerstands – das ab, was ihnen nicht dient.

Im Gegensatz dazu zeigen Amerikaner, nachdem sie eben nicht durch einen langen und brutalen Krieg mit den Irakern gegangen sind, begrenztes Interesse am zukünftigen Irak.
Kurz gesagt: Die irakische Entschlossenheit ist viel größer als die der Besatzer, was ernsthaft einschränkt, was Letztere erreichen können.

Das soll nicht heißen, dass ich die amerikanischen, britischen, polnischen, italienischen und anderen Soldaten das Land verlassen sehen möchte; nein, sie müssen bleiben, sich aber auf eine geringere Rolle beschränken.

Die Iraker sollten – unter nur entfernter Aufsicht der Koalition – die Chance erhalten, es selbst zu versuchen. Wenn eine Regierung sich über einen ausgedehnten Zeitraum als zuverlässig erwiesen hat, verdient sie die volle Souveränität.

Man sollte sich keine falschen Vorstellungen machen: die Irakisierung bietet reichlich Gelegenheit, dass die Dinge schief gehen. Die Geschichte der irakischen Selbstverwaltung in den letzten siebzig Jahren ist katastrophal gewesen; realistischerweise müssen wir eine zukünftige Führung erwarten, die weniger als beispielhaft ist. So lange sie aber keine Gefahr für die übrige Welt ist oder die eigene Bevölkerung brutal behandelt, sollte das akzeptabel sein, denn Amerikaner und Briten gaben ihr Leben im Krieg des Frühjahrs weniger, um den Irak in Ordnung zu bringen, als mehr um ihre eigenen Länder zu schützen.

Der vollständige Text von Daniel Pipes in deutscher Sprache



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