Donnerstag, Mai 06, 2004

Indoktrination, nicht Information
Im neuesten Buch von Bassam Tibi Der neue Totalitarismus heißt es:

"...als ich die Verschwörungstheorien („Blut für Öl“) und den Antiamerikanismus („US-Kreuzzug“) in den europäischen Medien vernahm, wusste ich nicht mehr, ob ich in Europa oder im Nahen Osten lebe. Viele deutsche Medien und Buchautoren haben sich im Laufe der Irak-Krise gewissermassen durch die Übernahme von Verschwörungsdenken orientalisiert. Ich konnte – von den sprachlichen Unterschieden zwischen Deutsch und Arabisch abgesehen – nur schwer unterscheiden, ob ich al-Jazeera, al-Arabia, Dubai-TV, ZDF oder ARD anschaue. Bei vielen deutschen Büchern über den 11. September und den Irak muss ich sehr darauf achten, ob ich einen deutschen oder einen arabischen Text vor mit habe. Ich sehe oft keinen Unterschied.
Es ist eine Tatsache, dass über die gegenwärtige Neubelebung des Djihad in der islamischen Zivilisation
die Menschen in Deutschland nicht informiert wurden. Ich lebe in diesem Land seit 1962, also seit mehr 40
Jahren, habe aber bisher nie solch eine hetzerische Atmosphäre und eine „Diktatur der Meinungsbildung“ wie im Zeitraum 2002/03 erlebt. Es wurde nicht informiert, sondern indoktriniert."


Der Autor ist Professor für Internationale Beziehungen in Göttingen und für Islamologie in St. Gallen

Quelle: Davids Medienkritik


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