Samstag, Juli 26, 2003

Die TAZ sucht Volkes Stimme
Die TAZ interviewte einen 44-jährigen Taxifahrer:
"Das sind keine Reformen, sondern absolute Sozialkürzungen, Einschnitte in die Lebensqualität der Mehrheit der Bevölkerung. Den kleinen Leuten, die schon wenig haben, wird genommen und den Großen gegeben. Das müsste bekämpft werden, indem eine starke linke Partei aufgebaut wird, die die ganze Regierung zum Teufel jagt. Das könnte die KPD sein."
Aber so ganz den Realitäten enthoben ist auch dieser Taxifahrer nicht:
" Eigentlich reicht es hinten und vorne nicht. Aber im Vergleich zur Weltbevölkerung habe ich zu essen, zu trinken und anzuziehen. Meistens fahre ich Leute, die von den komischen Reformen profitieren. Mit denen kommt man selten ins Gespräch. Die sind abgehoben. Das sind zwei Welten, die aufeinander prallen. Ich fahre sie dahin, wo sie hinwollen, und dann ist gut."

Der Taxifahrer vergleicht seine Existenz mit dem der "Weltbevölkerung" und kommt zu der richtigen Erkenntnis, dass es ihm eigentlich so schlecht nicht geht. Es ist eben jene Weltbevölkerung, die gezwungen wird, nach den Prinzipien des Kollektivismus zu leben, die der Taxifahrer auch gerne in Deutschland verstärkt sehen möchte. Sein Lamento über die "Sozialkürzungen" hat auch überhaupt nichts mit dem Kapitalismus zu tun, denn die Versorgung der Bevölkerung etwa mit Gesundheitsdienstleistungen sollte überhaupt keine Aufgabe der Regierung sein. Ja, der Kapitalismus ist "grausam" (=gerecht), wie seine Feinde es ihm nachsagen, weil er "den Menschen keine Alibis, keine Sozialarbeiter, keine Beute anbietet." (Leonard Peikoff)

Schön auch die Erkenntnis des letzten Satzes. Der Taxifahrer lebt von Menschen, die er eigentlich nicht mag. Und wenn sie wüßten, wie er denkt, würden sie ihn vielleicht auch nicht mögen. Es funktioniert, weil sie zum gegenseitigen Nutzen zusammenkommen. Er fährt sie - sie zahlen, "und dann ist gut." Es ist eine Situation der Gerechtigkeit, weil sie dem Händlerprinzip entspricht. Wie wäre es wohl, wenn seine Fahrgäste ihm ganz unumwunden erklären würden, sie hätten einen "Rechtsanspruch", sein Taxi benutzen zu dürfen. Oder anders herum: Sie zahlen, unser Taxifahrer fährt sie aber nicht. Oder jemand würde ihn mit vorgehaltener Waffe zwingen, ihn zu chauffieren. Dies wäre Beispiele, die dem Händlerprinzip nicht entsprechen würden. Sie sind aber typisch für etatistische Gesellschaften und sie sind offensichtlich das Gegenteil von Gerechtigkeit. Sie bestrafen die Tugend, während sie das Böse belohnen.
Was unser Taxifahrer für sein Geschäft empört zurückweisen würde, wünscht er sich auf der Ebene der Gesamtgesellschaft. Man möchte ihm zurufen: "Junge, hör' auf zu fantasieren und sieh die Welt, so wie sie ist!"


Freitag, Juli 25, 2003

Karriereende
Das abrupte Karriereende für die beiden Söhne von Saddam Hussein stößt nicht überall auf ungeteilte Freude. So heißt es bei der linken Tageszeitung Junge Welt:
"Ob es wirklich die Saddam-Söhne Udai und Kussai waren, die bei einem Feuergefecht mit US-Soldaten ums Leben gekommen sind, kann man glauben oder auch nicht.
(...)
So psychologisch bedeutend die Tötung des 'satanischen Bruderpaars' auch sein mag, ist es doch zu bezweifeln, daß sich der Befreiermythos neu begründen lassen wird." Weiter heißt es, dass der Tod der "exzentrischen Brüder" (!) den Widerstandsgeist der Iraker nicht schwächen werde.

Was ist die Motivation, die hinter solchen Äußerungen steht? Ist es "nur" Anti-Amerikanismus oder auch eine ideologische Affinität zum Regime des gestürzten Saddam Hussein? In welch einer moralischen Kloake sich diese Linken sich suhlen, verdeutlicht die Titulierung der beiden Monster Uday und Kusay als "exzentrisch". In diesem Zusammenhang sollte man daran erinnern, wie die linken Intellektuellen des Westens dem "Exzentriker" Stalin bedingslos die Treue hielten. Selbstverständlich ist die Befreiung des Iraks von einer brutalen Diktatur für die Junge Welt auch keine reale Befreiung, sondern nur ein "Mythos". Kann diese Linke es deutlicher sagen, dass sie sich einer Moralität des Todes verschrieben hat?
Die ganze Wahrheit
Nach einer Umfrage der ZEIT glauben ungeheuerliche 19% der Deutschen, daß die amerikanische Regierung die Anschläge vom 11. September 2001 selbst in Auftrag gegeben hat. Unter den unter 30-jährigen glauben dies sogar 31%, in Ostdeutschland 27% .

Insbesondere Jugendliche, so der Artikel in der ZEIT, sind anfällig für die Verschwörungstheorien eines Herrn Bröckers. Widergebene O-Töne verraten ein stramm anti-amerikanisches Weltbild unter deutschen Gymnasiasten.

Quelle: DIE ZEIT vom 24. Juli 2003, Seite 5, (Artikel noch nicht online).

In englischer Sprache berichtet Reuters über die Umfrage.
Wahrheit tut weh!
In diesen Tagen feiert die britische Wochenzeitung The Economist ihren 160zigsten Geburtstag:
"Dem Zeitungsgründer James Wilson, einem Hutmacher aus der schottischen Kleinstadt Hawick, war es im September 1843 nur um eine Sache gegangen: um die Corn Laws, die protektionistischen Getreidegesetze, die in England den Import billigeren Korns vom Festland verhinderten. Brotpreise und Hungersnot stiegen. Also veröffentlichte dieser Wilson ein Pamphlet, mit dem er andere Geschäftsleute von den Vorteilen des Freihandels überzeugen wollte.

So war The Economist geboren. Wilsons Devise 'Wenn Kapitalismus und freier Markt funktionieren, funktioniert auch Demokratie' ist auch heute noch Kern der Redaktionsphilosophie."

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Anmerkung: Keith H. Lockitch nennt in der Zeitschrift The Intellectual Activist den Economist pragmatisch und konservativ.

Donnerstag, Juli 24, 2003

Wer ist hier wahnsinnig?
Roland Baader schreibt auf www.neue-nachricht.de:
"In Wirklichkeit ist der reine Altruismus - als axiomatische
Forderung an ein Gesellschaftsmodell - eine Utopie; und sein
diesbezügliches Gegenteil, der reine Egoismus (den man der
Marktwirtschaft unterstellt), ein ideologischer Wahn."

Anmerkung aus der Redaktion:
"Rationale Selbstsucht ist alles andere als ein Wahn, sie ist schiere Notwendigkeit. Ein Wahn hingegen ist die angebliche Möglichkeit eines vollkommen selbstlosen Altruismus, bei dem eigene Interessen keinerlei Rolle spielen."

Es ist wirklich erstaunlich, dass Baader hier den Begriff "Wahn" in Bezug auf Egoismus verwendet, was er sonst -berechtigterweise- wohl nur in Bezug auf radikal etatistische Systeme tun würde. Es sind eben jene Systeme, die allesamt auf einer altruistischen Ethik beruhen. Die Sowjetunion war die ultimative Verkörperung der altruistischen Ethik in der Praxis. Für Rand war Egoismus oder Selbstsucht eine Tugend, die sie als "sich um seine eigenen Interessen kümmern" definierte. Ein selbstsüchtiger Mensch sollte der alleinige Nutznießer seiner moralischen Handlungen sein. Der Begriff "Interesse" ist allerdings nicht identisch mit dem, was Menschen sich wünschen. "Die bloße Tatsache", schreibt Rand, "dass sich ein Mensch etwas wünscht, konstituiert weder einen Beweis, dass das Objekt seiner Begierde auch gut ist, noch dass die Erfüllung des Wunsches auch tatsächlich in seinem Interesse liegt."

Rands Begriff von Egoismus kontrastiert natürlich deutlich mit dessen Alltagsverständnis, das eine skrupellose Rücksichtslosigkeit beschreibt.
Wer sich die egoistischen Helden aus Rands Romanen vor Augen führt, wird den Unterschied zwischen beiden Varianten von Egoismus recht schnell erkennen können. Es sind Menschen, die sich nicht opfern wollen, die aber auch nicht erwarten, dass andere sich für sie aufopfern. Rand konnte sie zu Romanhelden machen, weil entgegen der landläufigen Meinung, Egoismus eine seltene Stärke ist.
Dies bedeutet nicht, dass sie gleichgültig gegenüber allen anderen Menschen sind, dass das menschliche Leben ohne Wert für sie ist oder dass sie keine Gründe dafür haben, anderen Menschen in Notlagen zu helfen. Es bedeutet lediglich, dass die Linderung der Leiden von anderen Menschen nicht ihr primäres Anliegen ist, dass jede Hilfe, die sie geben, eine Ausnahme, und nicht die Regel, ist.

Mittwoch, Juli 23, 2003

Greenspan und Rand
Die Süddeutsche Zeitung berichtet über den Chef der amerikanischen Notenbank, Alan Greenspan, der in seiner Jugend Anhänger von Ayn Rand war:
"Greenspan ist ein Konservativer, ein bekennender Anhänger der Republikanischen Partei. Ende der Fünfzigerjahre lernte er die Schriftstellerin und russische Emigrantin Ayn Rand kennen, nachdem er zunächst mit den Lehren des linken Ökonomen John Maynard Keynes sympathisierte, und wurde ein flammender Befürworter des Laissez-faire-Kapitalismus.

Greenspan traf sich mit ihr und anderen Gesinnungsgenossen regelmäßig in ihrer Zweizimmerwohnung in der 36. Straße Manhattans. 'Ayn Rand hat mir gezeigt, dass Kapitalismus nicht nur effizient und praktisch, sondern auch moralisch ist', sagte Greenspan später.

Im offiziellen Organ der Gruppe, dem Objective Newsletter (Anmerkung: Gemeint ist der "Objectivist Newsletter, Ed.), schrieb Greenspan einmal, wenn man den Wohlfahrtsstaat von seinem 'akademischen Jargon' befreie, 'ist er nichts anderes als ein Mechanismus der Regierung, um den Reichtum der produktiven Mitglieder der Gesellschaft zu konfiszieren'.


Moderner Aristoteles
Nur wenige Gelehrte der nachantiken Geistesgeschichte sind dem Namen nach so bekannt und ihrer Bedeutung nach zugleich so sehr verkannt wie der schottische Moralphilosoph Adam Smith (1723-1790), der Vater der modernen Politischen Ökonomie. Während den meisten Menschen bei seinem Namen nur die Stichworte "Liberalismus" und "Freihandel" einfallen, weist ihm der österreichische Philosoph Streminger verdienterweise den Rang eines "modernen Aristoteles" zu.

Quelle: Roland Baader in: "Neue Nachricht"

Anmerkung: Im Gegensatz zu Adam Smith und anderen Befürwortern des Kapitalismus, die Laissez-faire als ein praktisches Mittel zur Erreichung des "öffentlichen Wohls" rechtfertigten, lieferte Rand zum ersten Mal eine selbstsüchtige, d. h. moralische, Rechtfertigung des Kapitalismus.
Uday and Qusay are dead - hooray!
So kommentierte Chip Joyce auf seinem Blog die Meldung über den Tod der Saddam-Söhne im Irak. Ein Leser moniert die Freude über den Tod von Menschen, der aus diesen Worten spricht. Ein weiterer Leser vertritt allerdings die Auffassung, dass man sehr wohl Freude über den Tod von Menschen empfinden könne, die für die Vernichtung von so vielen Menschenleben verantwortlich waren, die keine Wahl hatten. Die Söhne von Saddam Hussein hatten in diesem Fall die Wahl. Ihnen wurde die Option einer Aufgabe eingeräumt und die Gelegenheit, mit den Realitäten zu leben. Sie wählten den Tod, oder wie sie es vielleicht empfunden haben mögen, das "Land, wo Milch und Honig fließen und der Himmel voller Jungfrauen ist".

Dienstag, Juli 22, 2003

Das kapitalistische Manifest
Sven Nagel bespricht in der Financial Times Deutschland Johan Norbergs Buch Das kapitalistische Manifest. Das Buch scheint keine philosophische-moralische Verteidigung des Kapitalismus zu liefern, aber angesichts der Flut anti-kapitalistischer Machwerke, muss man wohl schon über die bescheidensten Pflanzen utilitaristischer Herkunft froh sein.

Montag, Juli 21, 2003

"Der Staat muss schrumpfen!"
Neulich konnte ich auf dem Heck eines Autos lesen: "Steuern runter - macht Deutschland munter!" Dies sieht Guido Hülsmann vom Ludwig von Mises Institute ganz ähnlich, wenn er schreibt: "Die Absicht, Deutschland wieder auf die Beine zu helfen, verdient den Beifall aller Bürger. Der in Aussicht gestellte Steuerabbau – sofern er denn überhaupt kommt – ist ein treffliches Mittel, um den wirtschaftlichen Neuanfang in Gang zu setzen. Aber dieses Mittel kann nur wirken, wenn es auch mit einem entsprechenden Abbau der Staatsausgaben einhergeht. Der Staat muss schrumpfen, damit die Gesellschaft wieder atmen kann."
Die Forderung von Hülsmann nach Schrumpfung des Staates muss allerdings differenziert werden, denn es gibt durchaus Bereiche, wo der Staat nicht noch weiter schrumpfen darf - wir müssen uns nur die Situation der Bundeswehr ansehen-, sondern tatsächlich wachsen muss.
Die häufig gehörte Parole von einem "schlanken Staat" suggeriert, dass der Staat überall abspecken müsse. Der Staat muss allerdings dort, wo er legitimerweise Aufgaben übernimmt, diese auch tatsächlich konsequent ausfüllen. Dies sind die Aufgaben der Verteidigung der individuellen Rechte, wozu die Bereiche Polizei, Militär und Justiz gehören. Abgeschafft gehört hingegen der Wohlfahrtsstaat. Es geht also um einen begrenzten Staat.