Sonntag, Dezember 24, 2006

Nein, Virginia, es gibt keinen Weihnachtsmann!
Die WELT am Sonntag lohnt heute nicht den Kauf (ich hatte einen Gutschein!), weil sie ihre Seiten mit religiösen Texten vollkleistert. Besonders übel ist ein Text, den die Zeitung regelmäßig zu Weihnachten veröffentlicht: "Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann". Dieser Text entstand im Jahr 1897, als die achtjährige Virginia O'Hanlon an die New Yorker Tageszeitung Sun (der englische Originaltext auf dem Blog von Diana Mertz Hsieh) schrieb und wissen wollte, ob es den Weihnachtsmann wirklich gebe. Es antwortete ihr der Kolumnist Francis P. Church (welch ein passender Nachname) mit einem Text, den die Zeitung bis zu ihrer Einstellung 1950 immer wieder abdruckte. Der Text besteht daraus, dass der Autor die menschliche Vernunft niedermacht (es nennt sie "Skeptzismus") und an die Gefühle appelliert:

Aller Menschengeist ist klein, Virginia, ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt. Solcher Ameisenverstand reicht nicht aus, die ganz Wahrheit zu erfassen und zu begreifen. (...) Es gibt einen Schleier, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal die größte Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften.


Eltern, die ihren Kindern den Weihnachtsmann als reale Figur erklären, greifen zu einer Lüge, für die es keine Entschuldigung gibt. Kinder brauchen diese Figur nicht, um zu glücklichen Erwachsenen heranzuwachsen, sie brauchen Eltern, denen sie vertrauen können, um Vertrauen in die Welt und ihre eigene Kraft zu entwickeln, die aus der Anwendung ihres Verstandes besteht. Feiert Weihnachten, ohne Lüge und Mystik! Und wer wissen möchte, wie ein rationaler Kolumnist der Sun Virginia hätte antworten können, liest nach bei Greg Perkins.

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