Mittwoch, Juli 07, 2004

Ein Urteil gegen die Händler
Passanten in Deutschland dürfen nicht gezielt zu Werbezwecken angesprochen werden. Das hat der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Urteil entschieden. Das gezielte individuelle Ansprechen im öffentlichen Verkehrsraum zu Werbezwecken stelle sich "grundsätzlich, insbesondere wenn der Werbende als solcher nicht erkennbar ist, als wettbewerbswidrig dar", erklärten die Richter.

Mit dieser bereits am 1. April verkündeten Entscheidung bestätigte der BGH eine Unterlassungsklage der Deutschen Telekom gegen einen Mitbewerber. Die obersten Richter befürchten weniger die Gefahr einer Überrumpelung des Verbrauchers, als vielmehr einen "belästigenden Eingriff in die Individualsphäre des Umworbenen". Der Passant habe das "Recht, auch im öffentlichen Raum weitestgehend ungestört zu bleiben".

Quelle: Der Standard
"Im öffentlichen Raum weitestgehend ungestört zu bleiben?" Also gerade dort, wo ich aus meiner privaten Umgebung heraustrete, soll ich unter dem speziellen Schutz des Gesetzes stehen? Vor "Belästigungen", nicht etwa Straftaten, soll mich das Gesetz nach Auffassung des BGH schützen. Wie wäre es mit Urteilen gegen nach Schweiß riechenden Passanten auf öffentlichen Straßen? Oder mit einem Verbot gegen das Betreten von Fußgängerzonen durch zu schöne oder zu hässliche Menschen, die beide doch zu optischen Belästigungen beitragen könnten.? Oder brüllende Kleinkinder. Auch könnte man an große politische Demonstrationen denken, die ja häufig tatsächlich erhebliche Belästigungen darstellen. Wie bedauerlich nur, dass der Staat, wenn er Steuer- oder Einberufungsbescheide in private Wohnungen verschickt, weniger rücksichtsvoll mit seinen Bürgern umspringt. Das Urteil wirft auch kein gutes Licht auf den Ex-Monopolisten Deutsche Telekom. Ein Unternehmen, dass so gegen Mitbewerber vorgeht, zeigt Schwäche, keine selbstbewußte Stärke.

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